ENEREED Sustainable Energy Conversion from Reed
Das Projekt ENEREED untersucht Möglichkeiten zur energetischen Verwertung von Altschilf in den Bereichen Industrie, Biomasse-Heiz(kraft)werke und Kleinkesselanlagen. Um die Verwertungsmöglichkeiten zu untersuchen, finden Versuchsreihen im Schilfgürtel des Neusiedler Sees, an bestehenden Anlagen und im Technikum der Forschungspartner statt. Endergebnis des Projekts ist eine Machbarkeitsstudie, die Möglichkeiten und Potenziale zur energetischen Altschilfverwertung aufzeigt.
Ausgangssituation
Der Neusiedlersee besitzt mit insgesamt 18.000 ha die größte geschlossene Schilffläche Mitteleuropas (siehe Abbildung 1). Aus dem Schilfbestand ergibt sich allein auf Österreichischem Staatsgebiet ein beachtliches Potenzial von 84.000 t Biomasse- Gesamtbestand, das bisher kaum genutzt wird. Einzig kleinere Flächen in den uferseitigen Randbereichen werden für die Baustoffproduktion geerntet, wobei die stoffliche Verwertung in den vergangenen Jahren rückläufig ist. Aus ökologischer Sicht ist eine Intensivierung einer nachhaltigen Bewirtschaftung mit Fokus auf die Biodiversität des sensiblen Gebiets erwünscht.
Abbildung 1: Schilfgürtel Neusiedlersee
Projektverlauf
Im Rahmen des Projekts ENEREED werden Möglichkeiten zur energetischen Verwertung von Altschilf in den Bereichen Industrie, Biomasse- Heiz(kraft)werke und Biomasse- Kleinkesselanlagen untersucht (siehe Abbildung 2). Die Erforschung der Verwertungsmöglichkeiten erfolgt durch Versuchsreihen im Schilfgürtel, in den Anlagen der Kooperationspartner sowie im Technikum der Forschungspartner.
Abbildung 2: Übersicht der im Projekt untersuchten Verwertungswege
Die vorhandene Erntetechnologie wird in mehreren Versuchsreihen mit unterschiedlichen Maschinen im Schilfgürtel wissenschaftlich durch die Forschungspartner begleitet, wobei die spezifischen Erntemengen mittels GPS- Tracking ermittelt werden. Für die Optimierung der Bereitstellungskette der unterschiedlichen Endverbraucher werden Zerkleinerungsversuche mit unterschiedlichen Maschinentypen durchgeführt und der jeweilige Transportaufwand bis zum Verbraucher einer Bewertung unterzogen.
Die brennstofftechnischen Eigenschaften von Schilf werden im Technikum der FH Burgenland analysiert und einer vergleichenden Bewertung zu unterschiedlicher nicht-holzartiger Biomasse unterzogen. Aus dem geernteten Rohstoff werden Schilfpellets erzeugt, die dann in einem Hackgut-/Pelletskessel verfeuert werden. Durch die Messung von gas- und staubförmigen Emissionen können sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen des Einsatzes von Schilf in Kleinkesselanlagen aufgezeigt werden.
Der Einsatz von Schilf in der Wirbelschichtvergasung wird durch den Forschungspartner TU Wien in einer Technikumsanlage untersucht. Ebenso werden Versuchsreihen mit unterschiedlichen Schilf-/Hackgutmischungen in einem handelsüblichen 3 MW Hackgutkessel, wie er für die kommunale Wärmeversorgung verwendet wird, durchgeführt.
Versuche zum industriellen Einsatz von Schilf in der Zementindustrie werden im Zementwerk Mannersdorf durchgeführt und durch die FH Burgenland wissenschaftlich begleitet. Bei einem Kurzzeit- und einem Langzeitversuch werden sowohl Auswirkungen auf die Prozessstabilität, als auch auf die Produktqualität untersucht.
Auf Basis der Versuchsreihen wird die komplette Verwertungskette (Erntetechnik, Brennstofflogistik, Verarbeitung und energetischen Verwertung) betrachtet und einer gesamtheitlichen Bewertung, nach ökologischen, ökonomischen und technischen Kriterien, unterzogen (siehe Abbildung 3). Das auf Grundlage der gesamtheitlichen Bewertung erstellte Umsetzungskonzept soll die Nutzbarmachung dieser regionalen Energieressource ermöglichen und vorantreiben.
Abbildung 3: Projektphasen im Projekt ENEREED
Ergebnisse
Die Thematik der Erntetechnik erweist sich derzeit als Engpass für die ökonomische Nutzung von Altschilf im größeren Stil. Die bisher praktizierten und untersuchten Lösungen sind zwar verfahrensmäßig adäquat, den Gegebenheiten des Neusiedler Sees gerecht zu werden, jedoch verbleibt die Forderung nach einer effizienten, schlagkräftigen Erntetechnik. Der Erfahrungsaustausch im Laufe des Projekts zeigt, dass derzeit an entsprechenden Lösungen gearbeitet wird, eine solche jedoch bisher am Markt noch nicht verfügbar ist.
Bei der Pelletierung von Schilf zeigt sich, dass die Grenzwerte für Schüttdichte und Abriebsfestigkeit lt. den normativen Vorgaben unter Zugabe von Additiven erreicht werden können. Für den Rohstoff Schilf erwiesen sich Roggenmehl und Soja als Additiv im Produktionsprozess als besonders vorteilhaft.
Für die thermische Verwertung des Schilfs wurden folgende Erkenntnisse gewonnen: Die Untersuchungen der Asche von Schilf zeigen, dass Schilf einen sehr hohen Ascheerweichungspunkt (>1300°C) aufweist. Dieser hohe Ascheerweichungspunkt ist von Vorteil, denn dadurch lässt sich Schilf relativ problemlos in thermochemische Prozesse (Verbrennung, Vergasung) einsetzen. Negativ wirkt sich hingegen der hohe Aschegehalt aus, was speziell im kleinen Anlagensegment zu erhöhtem Betriebsaufwand bzw. auch zu Störungen führen kann.
In der Zementindustrie ist einen Zufeuerung von Schilf in der Calcinatorfeuerung möglich. Der Anteil der Brennstoffwärmeleistung, der in den durchgeführten Versuchen durch den Schilfeinsatz bereitgestellt wurde, beträgt 37,2% bezogen auf den Gesamtprozess. Durch den Schilfeinsatz konnte im Langzeitversuch keine negative Beeinträchtigung der Prozessstabilität, der Klinkerqualität oder der Emissionen festgestellt werden. Es können somit ca. 8 t/h Schilf ohne technische Einschränkung im Zementprozess eingesetzt werden. Probleme bei der Beschickung des Pipe- Conveyors durch zu hohe Staubentwicklung sind anlagenbautechnischer Natur und können mit entsprechenden Adaptionen an der Anlage gelöst werden.
Durch die Vergasungsversuche im Wirbelschichtvergaser konnte gezeigt werden, dass Schilf als Brennstoff für die Dampfvergasung in einem Zweibett-Wirbelschichtvergaser geeignet ist. Der hohe Aschegehalt von Schilf sorgt allerdings dafür, dass gerade bei hohem Schilfanteil im Brennstoff die Umsetzung zu Produktgas leicht rückgängig ist. Zusätzlich haben die Produktgasmessungen gezeigt, dass die Anteile an NH3, H2S und HCl linear mit dem Energieanteil an Schilf zunehmen. Diese lineare Steigung erklärt sich dadurch, dass bei einem höheren Schilfanteil im Brennstoff entsprechend mehr Atome von N, S oder Cl in den Vergasungsreaktor gefördert werden. Diese Elemente werden dann im Vergasungsreaktor zu NH3, H2S und HCl umgewandelt. Des Weiteren zeigten die Teermessungen des Produktgases, dass auch die Teerwerte mit dem Schilfanteil steigen. Dieser Anstieg ist allerdings nur gering.
Die Verbrennungsversuche im Hackgutkessel mit einer Leistung von 3 MWth haben aus Sicht der Anlagenbetreiber gut funktioniert. Bis zu einem Energieanteil von 50% Schilf ist keine merkenswerte Änderung des Betriebsverhaltens des Heizwerkes aufgefallen. Möchte man auf Hackschnitzel ausgelegte Heizanlagen mit reinem Schilf betreiben, so müsste das Fördersystem adaptiert werden.
Im kleinen Anlagensegment (Hackgut-/Pellets- Anlage, Leistungsbereich 80kWth) empfiehlt sich der Schilfeinsatz in Form von Mischpellets (bis zu 75% Schilfanteil, Rest Holz). Die Emissionsgrenzwerte lt. FAV (Feuerungsanlagenverordnung) können eingehalten werden. Mit steigendem Schilfanteil reduziert sich jedoch die erzielbare Kesselleistung. Auf Grund des hohen Aschegehalts ist mit einem erhöhten Betriebsaufwand für die Kesselreinigung zu rechnen.
Die ökologische Bewertung der verschiedenen Verwertungswege wurde jeweils mit Holz, als erneuerbare Alternative und mit fossilen Energieträgern verglichen. Dieser Vergleich hat gezeigt, dass der Einsatz von Schilf als Substitution von fossilen Energieträgern tendenziell mehr Vorteile bringt als die Substitution eines anderen erneuerbaren Energieträgers. Für die Wirkkategorien Treibhauseffekt, und Ozonabbaupotenzial können durchwegs Verbesserungspotenziale durch die Substitution von fossilen Energieträgern festgestellt werden. Gegenteilig ist das Bild, wenn die Feinstaubemissionen und das Humantoxizitätspotenzial betrachtet werden, hier führt die Nutzung von Schilf im Vergleich zu fossilen Energieträgern zu höheren Emissionen und somit auch zu einer Verschlechterung.
Die Bereitstellungskette des Brennstoffes Schilf sowohl in Form von Pellets als auch Häckselgut hin zur thermischen Verwertung wurde auf die Hauptverursacher der Umweltwirkungen untersucht. Den größten Beitrag zum Gesamtergebnis des Treibhauseffektes liefert die Materialbringung inkl. Zerkleinerung, gefolgt von der Pelletierung. Den geringsten Einfluss hat der Transport, was direkt von den zurückgelegten Strecken und der Beschaffenheit – Schüttdichte (Bündel, Häckselgut, Pellets) abhängt.
Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Herstellung von Schilf- Häckselgut deutlich kostengünstiger als die Herstellung von Schilfpellets. Werden die Preise Schilf– Häckselgut mit Marktpreisen von Waldhackgut verglichen, zeigt sich, dass die Produktionskosten von Schilf- Häckselgut zwischen 14% und 26% über dem marktüblichen Preis von Hackgut liegen. Bei der Produktion von Schilfpellets liegen die Kosten zwischen 8% und 25% unter dem marktüblichen Preis von Holzpellets. Die Preise von Waldhackgut und Holzpellets wurden in dieser Betrachtung auf Grund des höheren Heizwerts von Holz im Vergleich zu Schilf Heizwert- bereinigt.
Die Grenzvermeidungskostenkurve bei der Nutzung in der Zementindustrie zeigt, dass der Einsatz von Schilfasche in der Rohmehlsubstitution wirtschaftlich interessant sein kann. Aufgrund der hohen Brennstoffgestehungskosten ist der Einsatz von Schilf, verglichen mit Petrolkoks und Ersatzbrennstoffen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu teuer.
Downloads
Steckbrief
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Projektnummer821882
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Koordinator
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ProjektleitungJürgen Krail, juergen.krail@fh-burgenland.at
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PartnerTechnisches Büro für Maschinenbau und Energietechnik Dr. Beckmann
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SchlagwörterAlternative biogene Brennstoffe, Bereitstellungskette, Biomasseverbrennungsanlagen, Erneuerbare Energie, Erntetechnik, Hackgutkessel, Halmgutartige Biomasse, industrielle Prozesse, Ökologische Bewertung, Pellets, Pelletskessel, Schilf, Wirbelschichtvergasung, Zementproduktion
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FörderprogrammNeue Energien 2020
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Dauer10.2009 - 05.2013
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Budget65.238 €