Stimmen der Energieforschung: Werner Müller
Die E-Mobilität ist nicht nur ein Gebot der Stunde, sondern sie hat auch hohes Potenzial für Wertschöpfung und neue Arbeitsplätze. Wie stehen die Voraussetzungen für einen Ausbau der E-Mobilität in Österreich für den Logistikbereich und welche speziellen Anforderungen gibt es hier, die sich von jenem im klassischen PKW-Bereich unterscheiden?
Mit LKWs werden durchschnittlich 5-10-mal mehr km pro Jahr zurückgelegt als mit PKWs und pro Fahrzeug ca. 5-mal mehr CO2 pro km emittiert.
Im Gegensatz zu PKWs erfolgt der Kauf eines LKWs aus rein betriebswirtschaftlich Überlegungen- zentral sind die Total Costs of Ownership (TCO). Damit lässt sich aber im Gegensatz zum PKW Bereich der LKW-Bereich sehr leicht durch regulatorische Maßnahmen steuern. Wenn der TCO von Zero Emission LKWs niedriger ist als von Diesel LKWs, wird eine Umstellung recht rasch erfolgen, denn niemand kann sich leisten, in der Logistik Geld zu verlieren, da die Margen sehr gering sind. Durch die hohe Laufleistung werden aber gleichzeitig pro Zero Emission LKW ca. 20-mal mehr CO2 eingespart als bei der Umstellung eines PKWs – auch das macht den Güterverkehr zu einem attraktiven Bereich für eine rasche Reduktion der CO2- Emissionen im Verkehr.
Technologisch ist der Verteilerverkehr – also die Zustellung der Waren in den Städten – gut mit batterie-elektrischen LKWs machbar. Die Kosten sind noch zu hoch, mit einem starken Förderregime würde sich dieser Bereich aber recht rasch dekarbonisieren lassen. Hier gilt es, rechtzeitig den Ausbau der Netzinfrastruktur sicherzustellen.
Im Fernverkehr ist noch unklar, was die beste technologische Lösung für die Dekarbonisierung ist. Neben batterie-elektrischen LKWs mit megaChargern und Wasserstoff/Brennstoffzellen- LKWs bieten sich auch Oberleitungs-LKWs als Lösungsalternativen an.
In der Forschung und Entwicklung von E-Fahrzeugen fokussierten sich die Forschungsfragen anfangs hauptsächlich auf den PKW-Bereich. In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt auf LKWs und andere Nutzfahrzeuge verschoben. Welche Herausforderungen stellen sich hier?
Wie bereits erwähnt haben LKWs im Gegensatz zu PKWs eine sehr hohe Laufleistung, die Batterien müssen somit eine deutlich höhere Lebensdauer haben – die Anforderungen an die zyklische und kalendarische Alterung sind deutlich höher als im PKW-Bereich. Die Batterien müssen leicht sein, damit die Nutzlastverluste im Vergleich zu Diesel-LKWs gering sind. Da die Batterien von LKWs 5-mal größer als PKW-Batterien sind, muss für eine kurze Ladezeit auch die Leistung der Ladesäulen entsprechend hoch sein, man spricht derzeit von megaChargern mit Leistungen bis zu 2 MW, da ist noch sehr viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit notwendig.
Ebenso müssen die Stromanschlüsse für die Logistikunternehmen erweitert werden, hier wird für eine Kostenminimierung entscheidend, wie die Ladestrategie aussehen wird. Dies hat Auswirkungen auf die Disposition (die Zuordnung der Ware zu einzelnen LKWs und Touren) und schafft durch die kürzeren Reichweiten und die nötigen Ladezeiten eine zusätzliche Komplexität bei den ohnehin schon recht komplexen Dispositionsprozessen. Diese Prozesse zu optimieren und eine netzdienliche Ladestrategie zu integrieren, sind aktuelle Forschungsthemen.
Ebenfalls eine spannende Frage ist, wie sich die Ladeleistungen einer LKW-Flotte räumlich und zeitlich durch den Einsatz von Batterien in den LKW-Anhängern reduzieren lassen, da diese länger Stehzeiten haben und so eine geringere Anforderung an die Ladeleistung haben.
Sie sind Projektleiter des Council für nachhaltige Logistik? Worin liegen die Vorteile eines solchen Councils für die Weiterentwicklung der E-Mobilität in Österreich?
Gegründet wurde das CNL 2014 von Max Schachinger, als Führungskraft im gleichnamigen Logistikunternehmen, mit dem starken persönlichen Anliegen, Österreichs Klimaziele auch im Güterverkehr zu erreichen. Max Schachinger erkannte frühzeitig, dass dies nur durch ein Miteinander funktioniert. Diese hervorragende Zusammenarbeit hat sich sehr bewährt, z.B. wurden von MAN im Jahr 2018 neun Prototypen von E-LKWs für verschiedene Einsatzzwecke an die CNL-Unternehmen übergeben. Ein Unternehmen allein hätte damals noch keinen E-LKW Prototypen erhalten. Sowohl MAN als auch die CNL-Unternehmen haben bei diesem Projekt frühzeitig sehr viel gelernt. Neben weiteren batterie-elektrischen Fahrzeugen bemühen wir uns, auch im Bereich Wasserstoff LKWs auf die Straße zu bringen. Für die Investition in die Tankstellen-Infrastruktur und ein Servicenetzwerk werden größere Abnahmemengen an LKWs und Wasserstoff benötigt, das geht wieder nur gemeinsam, damit das finanzielle Risiko für eine Firma überschaubar bleibt. Insofern ist das CNL ein wichtiger Treiber und Akteur bei der Dekarbonisierung des Güterverkehrs.