#817653

Weiterentwicklung von Immobilienbewertungsmethoden zur Differenzierung von nachhaltigen Gebäuden im Wertermittlungsergebnis

Die Entwicklung solcher Standards war Gegenstand dieses Projekts. Konkret wurden folgende
Ziele angestrebt:

• Ermittlung der Zusammenhänge zwischen den Eigenschaften energieeffizienter und
Klima schonender Gebäude und den Auswirkungen auf zukünftige Verwertungsrisiken
von Immobilien.
• Entwicklung von Faktoren / Verfahren zur Berücksichtigung der Zusammenhänge in
statischen und dynamischen Wertermittlungsmethoden.
• Nutzung der Ergebnisse für die Praxis der Wertermittlung in Österreich: Empfehlungen
des Sachverständigenverbandes, Empfehlungen für das Liegenschaftsbewertungsgesetz,
die ÖNORM B1802, Liegenschaftsbewertungsgrundlagen, die
Ausbildung von Immobiliengutachtern und weiteren Professionisten der Immobilienwirtschaft,
Input für Module der Wertermittlungssoftware.

Ausgangssituation

Am 08.07.2010 trat die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in Kraft (RL
2010/31/EU), die die gleichlautende RL 2002/91/EG ersetzt. Ziel dieser Richtlinie ist es, die
energetische Gebäudequalität mit dem Energieausweis transparent zu machen, was die
Nachfrage nach energieeffizienten und Klima schonenden Gebäuden anregen sollte.
Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung der KonsumentInnen und freiwillige Maßnahmen der
Bauwirtschaft sind wichtig für die Entwicklung eines Marktes für energieeffiziente und Klima
schonende Gebäude. Genauso wichtig ist die Entwicklung von Standards, die eine
systematisierte und transparente Berücksichtigung unterschiedlicher Gebäudequalitäten auch
in den Berechnungsmethoden der Immobilienwertermittlung ermöglichen.

Projektverlauf

Um diese Ziele zu erreichen, wurden im Rahmen des Projektes 47 Immobilien analysiert: Es
wurden zum einen herkömmliche Wertermittlungen und zum anderen Wertermittlungen unter
spezifischer Berücksichtigung nachhaltiger Gebäudequalitäten durchgeführt. Die
Methodenentwicklung zur Berücksichtigung derartiger, nachhaltiger Qualitäten von Gebäuden
in der Immobilienbewertung erfolgte auf der Basis von bestehenden Forschungsansätzen, der
Bewertung von konkreten Immobilien und der Durchführung von Expertendiskussionen. Das
Projekt wurde von einem Team durchgeführt, das folgende Kompetenzen in sich vereinte:
Immobilienökonomie, Architektur, Bautechnik, Haustechnik, Bauökologie, technischer
Umweltschutz, Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft. Damit waren alle Kompetenzen
vorhanden, die für die Bearbeitung dieses komplexen Vorhabens erforderlich waren.

Das Projektteam setzte sich aus Partnern zusammen, die direkten Zugang zu den
untersuchten Gebäuden hatten und die erforderlichen Daten ermitteln konnten. Weiters waren
Partner vertreten, welche die klassische Wertermittlung durchführten. Forschungsorientierte
Institute sorgten für die Methodenkompetenz und die wissenschaftlich einwandfreie
Durchführung der Studie. Die Beteiligung weiterer Partner stellte sicher, dass die Ergebnisse
direkt in die Immobilienwirtschaft und in die Gestaltung rechtlicher Rahmenbedingungen
Eingang finden.
Durch die Einbeziehung von namhaften Experten wurde sowohl die Praxistauglichkeit der
entwickelten Methoden gewährleistet als auch die Verbreitung der Ergebnisse in den
relevanten Gremien erreicht.

Ergebnisse

Als ein wesentliches Ergebnis des Projektes wurde ein „Leitfaden zum Umgang mit
Energieeffizienz und weiteren Nachhaltigkeitsparametern in der Immobilienwertermittlung“
erarbeitet. Der Leitfaden enthält alle Informationen, die praktisch erforderlich sind, wenn
Energieeffizienz in Form von Mehr- oder Minderkosten für Energie in der Wertermittlung
Berücksichtigung finden soll. Es werden Rechenregeln angeführt, die von Programmherstellern
von Bewertungssoftware übernommen werden und als Zusatzmodule angeboten
werden können. Mit der Erstellung des Leitfadens für Wertermittler wurde eine Grundlage für
eine systematische und transparente Berücksichtigung von Energieeffizienz und weiteren
nachhaltigen Gebäudequalitäten bei Immobilienwertermittlungsverfahren geschaffen.
Als weiteres Projektergebnis wurden für eine kommende Novellierung der OIB-RL 6
Empfehlungen zur Verbesserung des Energieausweises vorgeschlagen.
Es werden unter anderen zusätzliche Anforderungswerte, die sich auf das Standortklima
beziehen, empfohlen. Verbesserungsbedarf besteht beispielsweise bei der Angabe des
außeninduzierten Kühlbedarfs, der vom tatsächlichen Nutzkältebedarf aufgrund
nutzungsbedingter hoher innerer Lasten entscheidend abweichen kann, da dieser gänzlich
ohne innere Lasten berechnet wird. Weiters fehlen für die zu liefernde Endenergiemenge,
berechnet für den tatsächlichen Standort und getrennt nach Energieträgern, derzeit
Referenzwerte, die für eine Ermittlung der Mehr- oder Minderkosten von Energie für die
Immobilienbewertung interessant sein könnten. Eine Anregung für die Weiterentwicklung der
im Energieausweis ausgewiesenen Daten könnte eine Differenzierung des Endenergiebedarfs
in Richtung unterschiedlicher Energieträger, eine Dokumentation von direkt dem Gebäude
zuzuschreibenden Energiegewinnen (aus Solarthermie, PV-Anlagen, etc.) und eine
zusätzliche Hochrechnung der auf Referenzklima bezogenen Anforderungswerte auf den
tatsächlichen Standort sein.
Eine weitere Empfehlung ist die Angabe des Effizienzfaktors für die Raumheizung im EA.
Dieser Effizienzfaktor dient Immobilienbewertern dazu, möglichst schnell und einfach aus der
HWB-Kennzahl die Energiekosten zu ermitteln. Eine Vorgehensweise zur Ermittlung des
Energieeffizienzfaktors wurde vorgeschlagen.

Ebenfalls werden die standardmäßig angegebenen Verschattungsfaktoren in der Berechnung
hinterfragt und teilweise als zu gering angesetzt befunden. Speziell bei Passiv- und
Niedrigenergiehäusern ist im Zuge der genauen Ermittlung des Verschattungsfaktors auch die
Aktivierungszeit eines eventuellen automatischen Sonnenschutzes mit einzubeziehen.
Abschließend zu den Empfehlungen zur Verbesserung des Energieausweises wird eine
weitere Harmonisierung und somit ein einheitlicher Energieausweis für alle Bundesländer für
die weitere Durchsetzung energieeffizienter Gebäude am Markt als unausweichlich erachtet.
Der Vorteil einer einheitlichen, bundesweiten Darstellung und Berechnung wäre, dass die
wichtigsten Werte zur Berücksichtigung der Energieeffizienz von Immobilienbewertern auf
einen Blick erfasst werden könnten und eine Vergleichbarkeit von Gebäuden gegeben wäre.
Betreffend die Empfehlungen zur Weiterentwicklung der freiwilligen Systeme zur Gebäudebewertung
ist es erforderlich, dass Gebäudezertifikate nicht nur ein Gesamtergebnis ausweisen
(Punktebewertung oder Auszeichnung). Wesentlich für die Einbindung in die
Wertermittlung wird sein, ob dem Bewerter Detailinformationen zur Verfügung stehen. Die
Ökobilanzierung von Gebäuden etabliert sich heute zunehmend und erhält einen festen Platz
in der Normung der Nachhaltigkeit von Gebäuden (prEN15643-2, prEN15978 und weitere
Standards des CEN TC 350 „Nachhaltigkeit von Bauwerken“ und des ISO TC 59. Eine
Ausweitung auf sämtliche Prozesse im Lebenszyklus eines Gebäudes (Herstellung von
Baumaterialien und Haustechnikkomponenten, Gebäudebetrieb inkl. Reinigung, Instandhaltung
und Wartung von Bauteilen und Haustechniksystemen, sämtliche Transport-, Bau- und
Abbruchprozesse) ist anzustreben.
Für die Ergänzung der ÖNORM B 1802 „Immobilien und Facility Management“ wurde im
Projekt dringend empfohlen, dass die Modalitäten der Bewertung von Energieeffizienz für den
Bewertungspraktiker nachvollziehbar und vor allem verbindlich dargelegt wird. Dadurch wäre
auch die Vergleichbarkeit derartiger Wertermittlungen sichergestellt.

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Steckbrief

  • Projektnummer
    817653
  • Koordinator
    Österreichische Energieagentur - Austrian Energy Agency, kurz: AEA
  • Projektleitung
    Günter Simade, guenter.simader@energyagency.at
  • Förderprogramm
    Neue Energien 2020
  • Dauer
    06.2008 - 02.2010
  • Budget
    235.952 €