#841186

Künstliche Photosynthese Wasserstoffproduktion mittels künstlicher Photosynthese durch ein System mehrkerniger Komplexe

Die Verbindungsklasse der mehrkernigen Komplexe stellt eine erfolgsversprechende Zugangsmöglichkeit zur künstlichen Photosynthese dar. Das Ziel ist, photochemisch Wasserstoff aus Wasser zu produzieren. In diesem Projekt wird besonders die Grundlagenseite beleuchtet, um zu verstehen, warum bestimmte Systeme aktiver bzw. stabiler sind. Dies kann durch die Bestimmung der „Turnover Number“ bzw. „Turnover Frequency“ quantifiziert werden. Eine möglichst genaue Methode zur H2-Messung ist unerlässlich, da so sehr sparsam mit kleinen Chemikalienmengen gearbeitet werden kann. Das Innsbrucker Team hat sich auf den Wasserstoffnachweis mit Hilfe von Sektorfeldmassenspekrometrie (HSense der Firma V&F) spezialisiert, welche die Genauigkeit herkömmlicher Methoden deutlich übertrifft. Von diesem großen Vorteil profitiert auch das Linzer Team. Auf der anderen Seite steuert die Universität Linz einen reichen Erfahrungsschatz bei photophysikalischen Messungen und ein vor kurzem angeschafftes Gerät für die „transient absorption spectroscopy“ bei. Durch Lebenszeitenbestimmungen angeregter Zustände wird beurteilt, ob neu synthetisierte Chromophore überhaupt geeignet sind, mit effektiven Reduktionskatalysatoren kombiniert zu werden. Dadurch ist es möglich die Frage zu klären, ob der gewünschte Elektronentransfer im Katalysesystem überhaupt stattfindet und auch, welche Prozesse mit diesem in Konkurrenz treten können. Theoretische Voraussagen sind oft sehr schwierig, diese Methoden liefern jedoch klare Antworten, was für das Innsbrucker Team einen enormen „added value“ durch die Kooperation darstellt. Auch im präparativen Bereich sind für dieses Projekt synergistische Effekte bemerkbar. So ist aus der Arbeitsgruppe des Antragstellers bereits bekannt, dass der sehr wichtige massenspektrometrische Nachweis von mehrkernigen Komplexen bei Routineausrüstung seine Grenzen hat, denn Methoden wie FAB und ESI Ionisierung reichen bei trinuklearen Komplexen nicht mehr aus. Erste erfolgreiche Messungen mittels MALDI-TOF und FT-MS wurden bereits durchgeführt. Auch die Linzer Arbeitsgruppe profitiert sehr von dieser außergewöhnlichen Messmethode. Eine großangelegte Zusammenarbeit ohne entsprechende Finanzierung kommt auf diesem Gebiet erfahrungsgemäß aus Gründen wie z.B. diskontinuierlicher Chemikalientransport und beschränkte Messzeiten nicht zustande. Weiters steuert das Innsbrucker Team eine mit fast 50 Publikationen belegte Erfahrung auf dem Gebiet der Phosphanchemie bei, die in dieser Form an der Universität Linz nicht vorhanden ist. Phosphane haben sich erst in jüngster Zeit als stabilisierend für Wasserspaltungskatalysatoren erwiesen. Ergänzend dazu bringt das Linzer Team sein Know-how bei biomimetischen Eisen- und Kobaltkomplexen ein, das wiederum an der Universität Innsbruck fehlt. Zudem soll in einer gemeinsamen Anstrengung das vielversprechende aber völlig unerforschte Gebiet der „Quantum Dots“ untersucht werden. Hier ist erstmals eine Turnover Number im Bereich des natürlichen, aber völlig instabilen Enzyms entdeckt worden. Dies nützt im Moment aber wenig, da die dazu verwendeten Substanzen so giftig sind, dass sie von der EU verboten wurden. Ziel des gesamten Projekts ist es, nach gründlicher Literatursuche (TRL1) Chromophore und Katalysatoren zu entwickeln (TRL2), um sie schlussendlich zu kostengünstigen und umweltfreundlichen Systemen mit hohen TON und TOF Werten zu kombinieren und ein tieferes Verständnis ihrer Funktionsweise erhalten (TRL3).

Ausgangssituation

 

Die Bezeichnung dieses Projektes lautet „künstliche Photosynthese“ und ist eine gute Zusammenfassung der Aufgabenstellung. Das Forschungsgebiet der Photochemie, das versucht, die natürliche Photosynthese so gut wie möglich in einem Labormaßstab zu emulieren, tut dies wegen der herausragenden Eigenschaften, die den natürlichen Prozess zu dem lebensgarantierenden Vorgang machen, der er ist. Offensichtlich ist Photosynthese für Organismen ungiftig, produziert keine für das (aktuelle) Ökosystem bedenklichen Abfallprodukte, verwendet in großem Überschuss vorhandene Ausgangsmaterialien und – als wichtigste Eigenschaft – ist in der Lage, das unendliche Reservoir an von der Sonne gelieferter Energie in Form später verwertbarer Stoffe zu speichern. Die Photosynthese ist jedoch über Jahrmillionen der Evolution perfektioniert worden, wohingegen Laborsysteme, die sie so gut als möglich emulieren sollen, noch relativ am Anfang stehen. Die vereinfachte Gesamtgleichung der in grünen Pflanzen stattfindenden Reaktionen ist also mehr als utopisches Endziel zu sehen.

Lohnender zur Setzung erreichbarer Forschungsziele ist es, die Komponenten einzeln zu betrachten. Es gibt zwei große Stoßrichtungen, die von den Edukten der Gesamtreaktion ausgehen: einerseits die photokatalytische Umwandlung von Kohlendioxid, häufig zu nützlichen Treibstoffen wie Methanol oder zu Grundchemikalien wie Ameisensäure, andererseits die sogenannte Spaltung von Wasser in Sauerstoff und Hydrid-Äquivalente. Letzteres ist im Fall der Pflanze das im Zuge der Lichtreaktion entstehende Nicotinamidadenindinukleotidphosphat in reduzierter und protonierter Form (NADPH), welches als Energiespeicher dient und später in verschiedenen Dunkelreaktionen als „Treibstoff“ benutzt wird, um die Zuckerbestandteile der Pflanze aufzubauen. Für die erforschten Laborsysteme ist als Endprodukt eine einfachere Verbindung wertvoller: elementarer Wasserstoff, der als Grundlage einer völlig neuen Treibstoffwirtschaft dienen könnte.

 

Jedoch ist es sehr schwierig, einen maßgeschneiderten Katalysator (oder eine Kombination aus mehreren) zu entwickeln, welcher in der Lage wäre, sowohl die zwei-Elektronen-Reaktion zur Wasserstoffbildung als auch die vier-Elektronen-Reaktion zur Sauerstoffbildung anzutreiben. Deswegen begnügt man sich in der aktuellen Forschung häufig mit einer Entwicklung der jeweiligen Teilreaktionen zu entweder Sauerstoff oder Wasserstoff, mit dem Fernziel, jeweils optimierte Systeme einmal kombinieren zu können. In dem hier beschriebenen Projekt wurden vor allem Reaktionen zu Bildung elementaren Wasserstoffs untersucht, mit verschiedenen Kombinationen molekularer oder in Nanopartikelform vorliegender Katalysatoren, Farbstoffen und sakrifiziellen Elektronendonoren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

             

 

Projektverlauf

Die Herstellung elementaren Wasserstoffs aus Wasser ist grundsätzlich sehr einfach: man benötigt dafür lediglich eine Platinelektrode und daran angelegten Strom, schon sprudelt das Gas. Diese Form der Energieumwandlung – elektrische in Chemische – hat jedoch offensichtliche Nachteile. Zunächst kommt der Strom ja nicht aus der Steckdose, sondern wird in einem Kraftwerk erzeugt, welches zumindest im Moment noch häufig ein umweltbelastendes Kohlekraftwerk oder ein anderweitig bedenkliches nukleares ist. Eine Lösung für dieses Problem wäre es, nur aus erneuerbaren Energien erzeugten Strom zur Wasserstoffherstellung zu verwenden, und falls diverse Herausforderungen bezüglich der Speicherung des sehr flüchtigen Gases bald gelöst werden, ist dies ein bereits vorgeschlagenes Mittel, um z.B. einen Solarstromüberschuss während langer, sonniger Tage in Form chemischer Energie zu speichern. Gerade für Solarenergie ist dies jedoch ein möglicherweise unnötiger Schritt, sofern man wie hier vorgesehen Methoden entwickeln kann, um die Sonnenenergie direkt für Wasserstofferzeugung zu nutzen.

Ein anderes, sehr signifikantes Problem am oben beschriebenen Szenario ist das Elektrodenmaterial. Platin ist ein teures und seltenes Edelmetall, durch dessen Verwendung der Preis des eigentlich simplen Verfahrens in gewaltigem Ausmaß steigt. Auch erste Forschungsergebnisse in der photokatalytischen Wasserstofferzeugung wurden durch Verwendung von Platin, in diesem Fall in Form von kolloidalem Platinoxid, erreicht; es durch billigere, häufiger vorhandene und damit nachhaltigere Metalle zu ersetzen ist ein großes Ziel der aktuellen Forschung. Das Gleiche gilt für andere verwendete Stoffe im System, wie z.B. die Ersetzung von häufig verwendeten Ruthenium-Farbstoffen durch Zink-, Silizium- oder rein organisch basierte Verbindungen.

Bleibt man auf der Ebene des Laborsystems, sind noch weitere Herausforderungen zu meistern, die mit den Gedanken der grünen Chemie und Nachhaltigkeit direkt zusammenhängen. Zwar wird von „Wasserspaltung“ gesprochen und auch durchaus Wasser in vielen der Systeme als Spender der Protonen, die im Laufe der Katalyse zu elementarem Wasserstoff umgewandelt werden, verwendet; jedoch ist auch in der aktuellen Forschung das tatsächlich verwendete Lösungsmittelgemisch oft eines aus z.B. 1:1 Wasser und Acetonitril, einem nicht unbedenklichen organischen Solvens. Dies geschieht aus Gründen der Löslichkeit der verschiedenen Komponenten (cat, PS, D), welche alle in homogener Lösung vorhanden sein sollen, aber es ist als klares Fernziel festzuhalten, dass mehr effiziente und stabile Systeme in reinem Wasser entwickelt werden müssen.

Wobei „reines Wasser“ immer noch nicht das ideale Lösungsmittel ist. Wasser zu destillieren oder gar durch Millipore-Filter von allen darin gelösten Stoffen zu reinigen, ist aufwändig und teuer und beeinflusst die Energiebilanz des Prozesses negativ. Ebenfalls ist ein weit von der Natur abweichender pH-Wert (also entweder deutlich saurer oder basischer als 7) nicht ideal. Am besten wäre es, wenn leicht basisches Meerwasser verwendet werden könnte. Zumindest die Suche nach im annähernd Neutralen arbeitenden Systemen ist also ebenfalls ein Schwerpunkt.

Das verwendete Licht muss im sichtbaren Bereich liegen, wenn es einmal von Lampen im Labor zur tatsächlichen Anwendung an der Sonne kommen soll. Der hochenergetische UV-Bereich des Lichtspektrums, welcher viele ansonsten nicht mögliche chemische Reaktionen antreiben kann, ist nur zu 1-2% im Sonnenspektrum vertreten, also muss besonderes Augenmerk darauf gerichtet werden, dass dieser Bereich nicht notwendig ist für die untersuchten Reaktionen.

Eine weitere wichtige Frage ist die des verwendeten Elektronendonors. Da dafür in der Photosynthese das Sauerstoffion verwendet wird, welches in der Natur zu dem für Pflanzen unnötigen, aber für alle Tiere so wichtigem „Abfallprodukt“ Sauerstoff umgesetzt wird, liegt auf der Hand dass jede Änderung von dieser ebenfalls aus Wasser gewonnenen Substanz nicht absolut nachhaltig sein kann. Wie bereits erwähnt, ist ein Fernziel, dass eben schon Wasser bzw. das Sauerstoffion darin als Donor dienen kann, aber bis die Forschung so weit ist, ist es lohnenswert, alternative Donoren zu untersuchen, welche auch in stöchiometrischen Mengen verwendet zumindest unbedenklich, vielleicht aber sogar anderweitig nutzlos und damit extrem billig sind.

Die wichtigste Anforderung an jedes System ist zuletzt, dass es effizient und langlebig eine größere Menge Wasserstoff bei Bestrahlung erzeugen kann. Nur so kann garantiert werden, dass ein hier gefundenes System einmal eine Anwendung finden könnte. Es gibt allerdings ein Argument, das diesen Effizienzgedanken ausschalten kann: wenn ein komplett neues System gefunden wird, das völlig neue Wege der Forschung aufzeigt, kann in Kauf genommen werden, dass es nicht viel Wasserstoff erbringt. Mit den dadurch gewonnenen Erkenntnissen können schließlich, wenn die Neuentdeckung vielversprechend genug ist, von Wissenschaftlern auf der ganzen Welt neuartige und dann eben effiziente Systeme entwickelt werden.

 

Zusammenfassend kann man sagen: Schwerpunkte liegen darauf, Systeme zur Wasserstoffentwicklung zu finden, die ohne seltene Metall auskommen, in reinem, neutralen Wasser funktionieren, bei Bestrahlung mit sichtbarem Licht viel elementaren Wasserstoff freisetzen und dazu einen Donor verwenden, der billig und unbedenklich ist.

Meilensteine

  1. Screening
  2. Intermolekulares System
  3. Intramolekulares System

"I believe that water will one day be employed as fuel."

– Jules Verne –

Ergebnisse

Das Ziel, neue effiziente Systeme auf dem Feld der künstlichen Photosynthese zu entwickeln, wurde erreicht. Im Speziellen wurden neue Kupfer-basierte Photosensitizer entwickelt und erfolgreich auf Aktivität getestet, wobei eine neue Synthesemethode die Möglichkeit eröffnete, eine ganze Bibliothek dieser Substanzen zu erzeugen. Ebenfalls wurden andere Metalle außer Kupfer mit teils noch besseren Ergebnissen verwendet. Besonders die dadurch erzielten Erkenntnisse, was Stabilität und (noch mangelnde) Effizienz gerade von Osmium-basierten Systemen angeht, zeigen, dass großes Potential in dieser Forschung steckt.

 

Kupferbasierte Quanten-dots bzw. Nanopartikel hingegen wurden getestet, enttäuschten aber im Vergleich mit simplem Kupferpulver. Die Effizienz der NPs ist zwar höher, aber das rechtfertigt nicht den Herstellungsaufwand, ebenso war es schwierig, die Ergebnisse richtig einzuordnen. Man kann also sagen, dass dieses Gebiet zwar interessant, aber auf die konkret zum Ziel gesetzte Weise nicht erfolgsversprechend ist.

 

Ein neuer eisenbasierter Katalysator wurde erfolgreich auf Wasserstoffentwicklung getestet. Dessen Struktur ist analog zu Beispielkomplexen, die im Projektantrag vorgestellt wurden. Jedoch ist der Aufbau etwas komplizierter, was allerdings eine gewisse Flexibilität für weitere Funktionalisierung ermöglicht, ohne jedoch die Synthese besonders schwierig zu gestalten: im Gegenteil, sie ist bestechend einfach. Es wurde aus Zeitgründen noch kein optimiertes System gefunden, aber es wird vermutet, dass durch einfache Folgeexperimente der Mechanismus der Katalyse vollständig aufklärbar sein sollte. Weitere Forschung auf diesem Gebiet sollte also bald ein komplett verstandenes und damit sehr einfach optimierbares System liefern.

 

Ein Siliziumbasierter Farbstoff ist von besonderem Interesse, da er als Reduktionsmittel sowohl für Silberionen zur Herstellung von Silber-Nanopartikeln als auch für Ferredoxin diente. Letzteres ist als ein Schritt auf dem Weg zu einer halbbiologischen Herstellung von Wasserstoff zu sehen.

 

Neue Kombinationen von Chromophoren und Katalysatoren wurden ausgiebig getestet. Dabei ergaben sich mehrere Systeme, welche zwar nicht besonders effizient für die Wasserstofferzeugung waren, jedoch komplett neue Mechanismen dafür aufzeigten. Von besonderer Bedeutung war ein System, das Wasserstoff nur aus der Kombination eines Farbstoffs und eines Donors erzeugen konnte, ohne einen weiteren Katalysator zu benötigen. Es erschlossen sich somit komplett neue Forschungsrichtungen, welche bald und einfach neue Früchte tragen sollten. Ebenso wurde ein System entwickelt, das entweder – je nach Wahl des Chromophors – sehr langlebig oder sehr effizient ist. Das Ziel einer sehr hohen TON-Zahl wurde damit erreicht, mit der Aussicht, bald noch deutlich höhere Zahlen durch Variation und Optimierung des verwendeten Katalysators zu erreichen.

 

Alle angesprochenen Systeme wurden durch Bestrahlung mit sichtbarem Licht aktiviert, alle funktionieren in Lösungsmittelgemischen, die Wasser enthalten, viele davon in reinem Wasser. Wo möglich, wurde auf die Verwendung von edlen oder seltenen Metallen verzichtet.

 

Als absolutes Highlight können die Experimente mit Pd-Nanopartikeln angesehen werden. Es wurde nicht nur eine TON von nahezu 20000 erreicht, die Nanopartikel benötigen außerdem keine organischen Lösungsmittel und es wurde gezeigt, dass sowohl die Stabilität, als auch die Aktivität optimiert werden können.

 

 

 

 

Downloads

Steckbrief