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VirtueGrid Virtualisierung für resiliente und sichere Smart Grid-Kommunikationsnetze

Virtualisierungskonzepte aus dem IKT-Bereich, konkret Cloud- und Edge-Computing sowie Software-Defined Networking bieten potentielle Lösungen für praktische Kernfragen wie beispielsweise die Konfiguration neuer Protokoll-Stacks, Cross-Layer-Optimierungen zwischen Energie- und Kommunikationsnetzen, Integration von non-IP-Traffic, Legacy-Komponenten oder der zeitnahen Prüfung der Systemintegrität. Das Projekt VirtueGrid untersucht, auf welche Weise und wie gut Virtualisierungstechnologien die wesentlichen zukünftigen Anwendungsfälle unterstützen können.

Im Kontext von drei Forschungsfragen werden neue Lösungskonzepte entwickelt:

Forschungsfrage 1: Mit welchem Ansatz lässt sich der Konfigurationsaufwand bei der zuverlässigen und sicheren Integration zusätzlicher intelligenter Stromnetzkomponenten sowie PatchManagement mithilfe von Virtualisierung (scheinbar zentraler Konfiguration) minimieren?

Forschungsfrage 2: Auf welche Weise lässt sich bei freier Verschiebung von Prozessen dezentraler Regelungssysteme im IKT-Fehlerfall bis hin zum IKT-Ausfall die Systemzuverlässigkeit erhöhen bzw. Graceful degradation auf Anwendungsebene realisieren?

Forschungsfrage 3: Wie unterstützt Software-Defined Networking als ein Ansatz zur NetzwerkVirtualisierung die Situationserkennung im IKT-Netz, d.h. die proaktive Erkennung von Überlast, Fehlern und Angriffen und wie kann eine schnelle Wiederherstellung der TelekommunikationsKonnektivität im Fehler- und Angriffsfall erfolgen?

Ausgangssituation

Zur Integration erneuerbarer Energien in das bestehende Stromnetz stellen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) eine Schlüsseltechnologie dar. Neben den aktuellen Anwendungen Metering und Billing werden zukünftig auch Stromnetz-Monitoring, -Regelung, und dezentrales Energiemanagement eine große Rolle spielen. Unter den neuen Voraussetzungen (große Anzahl neuer Knoten, heterogene Systemelemente in unterschiedlich kritischen Bereichen) müssen die auch bisher geltenden Ziele Verfügbarkeit, Sicherheit, Resilienz und Effizienz der Kommunikationssysteme weiterhin erreicht werden. Eine reine Skalierung der heute für den Verteilernetzbetrieb eingesetzten IKT mit Ergänzung durch ein State-of-the-Art Sicherheitskonzept reicht dazu nicht aus. Die noch vorwiegend manuellen Verfahren für Maßnahmen wie Störungsmanagement, Konfiguration neuer vernetzter Komponenten oder Test neuer IT-Komponenten erweisen sich hier als höchst ineffizient.

Projektverlauf

Im Projekt wurden vier praktische Anwendugsfälle für Virtualisierung im Stromnetzkontext erarbeitet:
Anwendungsfall 1: Virtualised Redundancy
Anwendungsfall 2: Commissioning
Anwendungsfall 3: Grid-based routing
Anwendungsfall 4: Anomaly detection

Mit der Implementierung der vier Anwendungsfälle konnten Erkenntnisse zur Anwendung von Virtualisierungstechniken im Kontext von Stromversorgungssystemen gewonnen werden. Rückblickend kann man sagen, dass die Technologiereife bei Antragstellung durchaus richtig eingeschätzt worden war. Bei einigen der untersuchten Virtualisierungsanwendungen sind noch mehrere Jahre Entwicklungsarbeit absehbar bis zur kommerziellen Anwendung (siehe z.B. Probleme bei P4). Die technische Umsetzung hat auf Prototypenebene – bis auf einige Verzögerungen – jedoch sehr gut funktioniert.
Eine flexible und kostensparende Nutzung von Hardware, die in der IT-Domäne ein Treiber von Virtualsierung ist, ist in der hier betrachteten Anwendungsdomäne noch nicht so stark fortgeschritten. In Bezug auf die Technologiereife kann man durchaus Vergleiche anstellen mit der Eisenbahnsicherungstechnik, wo ebenfalls hohe Zuverlässigkeit und robuste Technik benötigt wird.
Grundsätzlich kann aufgrund der Forschungsarbeiten und Implementierungen im Projekt festgestellt werden, dass mit SDN eine valide, IP-basierende virtualisierte Kommunikation für Smart Grid-Anwendungen in gesicherter Form verfügbar ist. Anwendungen können hierauf aufgebaut werden, wie es im Projekt geschehen ist. Die Technologiereife von P4 hingegen erschien noch nicht ausreichend für den Praxiseinsatz, hier ist mehr Entwicklungsarbeit notwendig.

Es konnte gezeigt werden, dass neben SDN auch Cloud-basierte Ansätze zur Lösung von komplexen Routingproblemen herangezogen werden können. Darüber hinaus konnten in einigen Szenarien gegenüber dem reinen SDN (Open Flow) Ansatz Lösungen erzielt werden, die mit SDN alleine gar nicht umsetzbar wären. Es ist jedoch herausfordernd, im Energieverteilungssektor eine breite Masse an Anwendungsfällen auf genereller Ebene zu beschreiben, die klar einen greifbaren Vorteil aus der Virtualisierung ziehen. Verbesserungen liegen oft im Detail und hängen mit sehr spezifischen Problemstellungen zusammen.

Für spartenintegrierte Betreiber ergibt sich generell ein höheres technologisches Potential als für Flächennetzbetreiber. Die SDN-Technologie generell sowie SD-WANs im speziellen wird für die Netzbetreiber immer wichtiger, dies hat sich auch während des Projektverlaufs in anderen Bereichen außerhalb des Projektes gezeigt. Das bedeutet, dass sich die Relevanz über die Projektlaufzeit stark gesteigert hat, v.a. im Data Center Bereich WLAN für die Authentifizierung. Es konnte auch ein spürbarer Rückfluss aus dem Projekt in die operativen Bereiche der an der Arbeit beteiligten Betreiber festgestellt werden.

Meilensteine

  1. Zusammenbringen von IKT- bzw. Netzwerkspezialisten mit Experten aus dem Bereich Stromnetzplanung und -Betrieb
  2. Entwicklung von vier praxisrelevanten Anwendungsfällen für Virtualisierung im Bereich Stromnetzautomatisierung
  3. Labortests
  4. Feldtests
  5. Publikation der Erkenntnisse: https://www.mdpi.com/2079-9292/9/9/1433

"Es war ein großes Erlebnis zu sehen, wie die Welten Energietechnik und Kommunikationsnetze im Laufe des Projektes zusammengewachsen sind und alle Beteiligten ein Gefühl für die jeweils andere Seite entwickelt haben. Wir haben Dinge erprobt, die in der Stromnetzautomatisierung 2030 sicherlich eine wichtige Rolle einnehmen werden. Die Partner haben dafür einen klaren Startvorsprung erarbeitet."

– Friederich Kupzog –

Ergebnisse

Das Projekt VirtueGrid hat gezeigt, welche Rolle Virtualisierungsansätze übernehmen können, um im Kontext der Digitalisierung von Energieinfrastruktur die Systemkomplexität sowie die Konfigurationsaufwände bei Aufbau und Betrieb von Kommunikationsnetzen aus Betreibersicht zu verringern. Automatisierungstechnik spielt eine immer wichtigere Rolle für den Betrieb von elektrischen Verteilnetzen, jedoch bedeutet eine zunehmende Verwendung von IKT-Systemen und Kommunikationsstrecken auch eine Erhöhung der Systemkomplexität, des Engineering-Aufwands beim Aufbau und bei Wartung und Betrieb. Virtualisierungstechniken können diese steigende Systemkomplexität leichte beherrschbar machen. Durch die Implementierung von vier konkreten Anwendungsfällen war es möglich, allgemeine Schlüsse über den Nutzen (und die Grenzen) von Virtualisierungsansätzen zu ziehen.

Bereits zur Entwurfszeit von Automatisierungsanwendungen erlaubt beispielsweise die Verwendung von SDN, Funktionalitäten wie Redundanzbereitstellung und Redundanzaktivierung zu kapseln, so dass sie nicht mehr im Einzelfall auf Anwendungsebene entworfen werden müssen, sondern als Fähigkeit der Kommunikationsebene automatisch zur Verfügung steht. Mit Overlay-SDN ist es möglich, das Netzwerkmanagement von Fernwirk- und Prozessnetzwerken zu vereinfachen, virtuelle Netzwerktypen auf einer gemeinsamen Infrastruktur einfacher einzurichten bzw. zu verwalten, und neue Knoten ins Netz einfacher einzubringen. Insbesondere spartenintegrierte Betreiber, die neben Stromnetzen auch andere Infrastrukturen wie öffentlichen Verkehr, Fernwärme- oder Gasnetze betreiben, stehen vor der Herausforderung, große Mengen neuer Kommunikationsendpunkte für zusätzliche Sensoren und Aktuatoren „in die Fläche“ zu bringen.

Zur Betriebszeit des Systems erlauben Anwendungen aus dem Cloud- oder Edge-Bereich, die Systemkomplexität zu verringern, beispielsweise durch anpassen der Kommunikationspfade entweder im Netzwerk oder in einem zentralen (ggf. redundanten) Broker, so dass Sensorwerte in einem dynamisch betriebenen Stromnetz immer zum jeweils richtigen Controller gelangen. Darüber hinaus kann die Systemintegrität des IKT-Netzes, aber auch indirekt des Stromnetzes, leichter überwacht werden, wenn auf die einheitlichen Monitoring-Schnittstellen z.B. von SDN-Controllern zurückgegriffen wird.

Die Implementierung von Virtualisierungskonzepten in bestehenden Netzen und Automatisierungssystemen ist mit vergleichsweise geringem Aufwand umsetzbar. Nicht alle Router müssen z.B. getauscht werden, um SDN zu ermöglichen, sondern nur die Geräte am Anfang und am Ende der Kommunikationsstrecke. Broker-Lösungen eignen sich gut, um existierende SCADA-Systeme einfach zu erweitern.

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