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T2LowEx Transformation von konventionellen Wärmenetzen in Richtung Niedertemperaturnetze durch sekundärseitige Maßnahmen

Die Energieversorgung muss in den kommenden 20 bis 30 Jahren auf ein klimaneutrales System umgestellt werden. Für die Fernwärme bedeutet dies, dass erneuerbare Technologien eingesetzt werden müssen, die ihr volles Potenzial oft erst bei niedrigen Temperaturniveaus entfalten können. Darum benötigt es Strategien, Technologien und Geschäftsmodelle, welche auf die Temperaturreduktion auch bei bestehenden Wärmenetzen fokussieren. Genau damit befasste sich das Forschungsprojekt T2LowEx (Transformation von konventionellen Wärmenetzen in Richtung Niedertemperaturnetze durch sekundärseitige Maßnahmen). Das Projektkonsortium aus wissenschaftlichen Partnern, Wärmeversorgungsunternehmen, einem Wohnbauträger und einem Anlagenplaner bearbeitete die folgenden Themenfelder:
• (Automatisierte) Identifikation von Fehlern und Optimierungspotenzialen von Kundenanlagen
• Techno-ökonomische Bewertung des Effektes reduzierter Netztemperaturen
• Entwicklung von Geschäftsmodellen, die Anreize für die kundenseitige Optimierung schaffen
Darüber hinaus wurden Kundenanlagen beteiligter Wärmeversorgungsunternehmen hinsichtlich ihrer Vorlauftemperaturanforderungen analysiert, optimiert und die erforderlichen Maßnahmen dokumentiert.
Viele Kundenanlagen weisen ein technisches Optimierungspotenzial hinsichtlich der Systemtemperaturen und der Temperaturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf auf. Je nach Datenverfügbarkeit wurden verschiedene Ansätze ermittelt, um optimierungsbedürftige Kundenanlagen zu identifizieren. Oft ist der Aufwand für die Behebung von Fehlern gering, wie beispielsweise die Optimierung der Heizungsregelung. Die Verantwortung dafür liegt allerdings häufig beim Kunden, der Nutzen im Allgemeinen aber beim Netzbetreiber.
Die Umsetzung dieser Maßnahmen führt je nach Konfiguration zu unterschiedlichen technischen und ökonomischen Effekten wie effizienterer Erzeugung, geringeren Wärmeverlusten, reduziertem Pumpenergiebedarf, einem geringeren Wärmeabsatz oder zusätzlicher Netzkapazität. Wenn die Wärmebereitstellung mit konventionellen, verbrennungsbasierten Technologien erfolgt, sind die erwartbaren Kostenreduktionen gering. Relevante Kostenreduktionen können sich allerdings beim Einsatz von alternativen Wärmequellen wie Geothermie, Abwärme, Solarthermie, Wärmepumpen oder Rauchgaskondensationsanlagen ergeben.
Zur Realisierung dieser Temperaturreduktionspotenziale wurden vier Geschäftsmodelle entwickelt und mittels einer SWOT-Analyse verglichen. Relevante Stakeholder schätzten die folgenden zwei Modelle als am realistischsten ein: (1) Eigeninvestition: Der Wärmeversorger übernimmt die Investition, die „Rückzahlung“ der Maßnahmen erfolgt durch Einsparungen in den Betriebskosten. (2) Kundenmotivation: Der Kunde übernimmt die Investition. Die Rückzahlung erfolgt durch Bonus-(Malus-)Tarif je nach Rücklauftemperatur.

Ausgangssituation

Niedrige Temperaturniveaus sind eine wesentliche Voraussetzung, um die Rolle der Fernwärme auch in einem zukünftigen CO2-neutralen Energiesystem zu stärken. Die größte Herausforderung im Bestand ist dabei, dass die Optimierung der kundenseitigen Anlagen häufig im Verantwortungsbereich der Kunden liegt. Der zukünftige Fernwärmeabsatz wird in den kommenden Jahrzehnten überwiegend in bereits heute bestehenden Wärmenetzen bereitgestellt werden. Hinzu kommt, dass ein großer Anteil dieser zukünftigen Kunden bereits einen heute gültigen Fernwärmeversorgungsvertrag haben. Das bedeutet, dass die Reduktion der Wärmenetztemperaturen in bereits gebauter Infrastruktur erfolgt und die Umsetzung im Einklang mit bestehenden Wärmelieferverträgen stehen muss.

Ergebnisse

Die im Projekt T2LowEx entwickelten und getesteten Methoden und Konzepte können die beteiligten Stakeholder, besonders Fernwärmeversorgungsunternehmen darin unterstützen, Temperaturreduktionspotenziale bei Kundenobjekten zu identifizieren, wirtschaftlich zu bewerten, zum Nutzen der Kunden und des Energieversorgers umzusetzen und damit die Weichen für ein zukunftsfähiges Fernwärmenetz zu stellen.
Dazu wurden im Rahmen des Projektes Methoden zur Identifikation von optimierungswürdigen Kundenanlagen erarbeitet und anhand von Betriebsdaten der beteiligten Wärmeversorgungsunternehmen validiert und verifiziert. Darauf aufbauend wurden Temperaturoptimierungsmaßnahmen bei mehr als 50 konkreten Kundenobjekten analysiert, implementiert und Ergebnisse mittels umfassenden Monitorings bei etwa 20 Anlagen aufgezeigt. Darüber hinaus wurde der monetäre Wert einer Temperaturreduktion in verschiedenen Wärmenetzen mit unterschiedlichen Erzeugungsstrukturen und Rahmenbedingungen ermittelt und so die Break-Even Investitionskosten für Optimierungsmaßnahmen bestimmt. Diese dienen als Grundlage für die Bewertung unterschiedlicher Geschäfts- bzw. Tarifmodelle, die dazu führen können, dass Temperaturoptimierungsmaßnahmen in Bestandsnetzen und bei Bestandskunden eine Win-Win Situation für das Wärmeversorgungsunternehmen als auch den Kunden darstellen können. Aus den Ergebnissen wurden die folgenden, aus Sicht des Projektteams wichtigsten, Themenfelder identifiziert, um Maßnahmen zur Senkung von Fernwärmesystemtemperaturen erfolgreich umzusetzen:
• Fortschreitende Digitalisierung der Wärmenetze zur Identifikation von Kundenanlagen mit hohen Rücklauftemperaturen.
• Umsetzung eines Förderprogramms spezifisch für die Senkung der Systemtemperaturen im Wärmenetz und Optimierung von Kundenanlagen.
• Evaluierung von regulativen Barrieren für die Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen bei Kundenanlagen.
• Durchführung von Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung und Ausbildung.
• Anpassung der legislativen Grundlagen für den Ausbau erneuerbarer Energien bzgl. der Maximierung des Anteils von Solar- und Geothermie, Abwärme und Wärmepumpen sowie des Einsatzes von Saisonspeichern in Wärmenetzen.

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