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Syn-Energy II – Synergetische Biogaserzeugung aus Zwischenfrüchten und nachhaltigen Fruchtfolgesystemen

Ausgangssituation

Die Biogaserzeugung hat in Österreich seit einigen Jahren mit un­günstigen Rahmen­be­dingun­gen zu kämpfen. Deren Auswirkungen fasste die E-Control zuletzt im Öko­strombericht 2014 folgendermaßen zusammen: „Im Bereich Biogas ist damit zu rechnen, dass neben einem sehr geringen Aus­bau eine Vielzahl von Bestands­anlagen vom Netz gehen werden“. Die Biogaserzeugung wird häufig mit der Kritik konfrontiert, eine Ausdehnung des Maisanbaus zu verursachen und dadurch die Risiken des Ackerbaus für Umwelt und Natur zu erhöhen. Denn wenn die höheren Ertragspotenziale von Mais aus­geschöpft werden, erfordert dies entsprechen­de Nährstoffmengen und bedingt in der Regel erhöhtes Risiko von Erosion und Humusab­bau. Hinzu kommt, dass eine Gefährdung der Ernährungssicherheit und ein Anstieg der Strom­preise befürchtet werden.

Das zentrale Ziel war deshalb die Ermittlung der Potenziale für einen synerge­tischen Ausbau der Biogaserzeugung. Einem Ausbau, der vorrangig auf Zwischen­früchte (ZF) setzt, eine Steigerung des Fruchtfolgeer­trags ermög­licht und die Ernährungs­sicher­heit nicht einschränkt. Durch die Aus­weitung des ZF-Anbaus und Anwendung von Mulch- und Direktsaattechnik wird gleichzeitig eine Reduktion des Risikos von Erosion, Grund­wasser­belastungen und Lachgasemissionen sowie eine Verbesserung des Humusgehalts, der Bodenfruchtbarkeit und der Energieeffizienz angestrebt. Ob und inwieweit die Erschließung dieser Synergien gelingen kann, wurde nicht nur für konventionelle son­dern auch für biologische Fruchtfolgesysteme geprüft.

Zur Erreichung dieser Ziele wurden vier Feldversuche mit je dreifacher Wieder­holung in der Nähe von Güssing, Leibnitz, Wels und Bruck/Leitha weitergeführt und ein einjähriger Versuch südlich von Melk angelegt. In den Versuchen wurden ZF für die Biogaserzeugung beerntet und Methan­ertragspotenziale ermittelt. In Vergleichsvarianten wurde die ZF gemulcht oder keine ZF angebaut. Durch einheitlichen Haupt­kulturanbau auf allen Teilflächen konnten die Auswirkungen der Biogaserzeugung aus ZF auf den Ertrag der Folgefrüchte ermittelt werden. Mit Gipsblöcken, TDR-Sensoren, Saugkerzen und Nmin-Beprobungen wurden darüber hinaus Daten für die Kali­brierung von Bodenwasser­haus­halts- und Stofftransportmodellen gewonnen. Ergänzend wurden Stickstoff-, Humus-, Energie- und Ökobilanzen gerechnet und die Wirtschaftlichkeit untersucht. Daneben wurde die technische Verwertbarkeit von ZF im Praxismaßstab erprobt, um eventuelle Pro­bleme bei der Anwendung zu identifizieren. Aus den Ergebnissen wurden Vorschläge zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Biogaserzeu­gung aus ZF abgeleitet.

Ergebnisse

Auf einigen Flächen wurden Maximalerträge von 7 – 8 t Trocken­masse (TM o. TS) pro Hektar (ha) erzielt. Die durchschnittlichen Erträge lagen zwischen 3 und 5 t TS / ha. In den meisten Fällen gab es Potenziale zur Ertragssteigerung und Verbesserung der Ertragssicherheit .

Winterzwischenfrüchte (W-ZF): Das Ertragsniveau und Auswirkungen auf die Folgekultur können vor allem durch das Düngeniveau und den Erntetermin der ZF bestimmt werden. Bei einer Ernte ab dem 5. Mai sind auch ohne Herbstdüngung Erträge von mehr als 6 t TS/ha möglich. In den letzten April- und ersten Mai-Tagen können Erträge von 3 – 6 t TS/ha erzielt werden. Davor bleiben sie in der Regel unter 3 t TS/ha. Je früher W-ZF beerntet und Mais, Soja oder Ölkürbis angebaut werden, umso geringer ist das Risiko von Ertragsein­bußen. Vor allem bei Mais ist auf eine bedarfsgerechte Düngung unter Berücksichtigung der ZF-Stick­stoffentzüge zu achten. Bei Frühjahrs­trockenheit kann insbesondere auf leichten Böden auch Wasser­mangel zu Ertragseinbußen führen.

Sommerzwischenfrüchte (S-ZF): Das Ertragsniveau ist neben der Bodenart und der Aus­wahl geeigneter Pflanzenarten vor allem vom Anbautermin und der Niederschlags­ver­teilung abhängig. ZF-Gemenge, deren Mischungspartner unterschiedliche Witterungs­bedingungen bevorzugen, sind empfehlenswert (z. B. BIOGASMIX). Mit Legumi­nosen im Gemenge kann die Düngung reduziert werden. Bei ausreichen­den Sommer-Niederschlägen werden bei Anbau Anfang Juli nach Gerste oder Raps die höchsten Erträge von 5 – 7 t TS/ha erreicht. Bei Anbau nach Weizen bis Ende Juli sind noch 3 – 5 t TS/ha möglich. Bei un­günstigem Witterungsverlauf und/oder Anbau im August verringert sich die Ertrags­erwartung auf 2 – 3 t TS/ha bzw. die Bestände erreichen keine Erntewürdigkeit.

Trockenmasse- und Energie-Ertrag: Bei einem Methanertrag von 280 Nl/kg TS bzw. 305 Nl/kg oTS können mit 4,5 t ZF-TS ca. 1260 Nm3 CH4 brutto erzeugt werden. Würde auf 50 % der österreichischen Ackerflächen Bio-Methan aus ZF erzeugt werden, ergäbe dies brutto ca. 860 Mio. Nm3 Methan (CH4) pro Jahr. Das entspricht knapp 10 % des Inlandsverbrauchs an Erdgas von 2013. Für die Bereitstellung von Biomethan vom Anbau über die Ernte bis zur Aufbereitung und Verdichtung werden 15 – 20 % der Bruttoenergie benötigt, sodass netto ca. 1000 Nm3 CH4/ha verbleiben. Mit einem Mittelklasse CNG-PKW (3,5 kg CH4/100km) können damit mehr als 20.000 km zurück­gelegt werden. Aus Sicht der Energieeffizienz lohnt es sich allerdings auch noch deutlich schlechter entwickelte ZF-Bestände zu nutzen: Bei einem Ertrag von 2 t TS/ha liegt der Eigenanteil für die Bereit­stellung von verdichtetem CH4 bei 19 – 23 %, sodass von 560 Nm3 CH4/ha immer noch 440 Nm3 CH4/ha netto verbleiben.

Humusgehalt und Bodenfruchtbarkeit: Durch die Biogaserzeugung aus ZF und Rück­führung einer äquivalenten Menge an Biogasgülle kann der Humusgehalt im Vergleich zur Schwarzbrache deutlich verbessert werden. Bei 50 % Silomais und 50 % Wintergetreide als Hauptkulturen steigt der Humus­bilanz­saldo von ca. –50 auf ca. 280 kg C/ha*a, wenn jährlich aus 4,5 t TS/ha ZF Biogas erzeugt wird. Mit einem ZF-Ertrag von 2,5 t TS/ha beträgt der Saldo 220 kg C/ha*a und ist damit höher als durch mulchen derselben ZF zur Gründüngung (170 kg C/ha*a).

Wasserhaushalt, Klima-, Erosions- und Wasserschutz: In Fruchtfolgen ohne ZF-Anbau tragen ca. 30 % des Niederschlags zur Grundwasserneubildung bei. Im Falle gemulchter ZF sind es ca. 27 %. Infolge der höheren Biomassebildung sinkt sie im Falle der Beerntung auf ca. 25%. Trotz des reduzierten Ver­dünnungseffekts verringert sich auch die Nitratkonzen­tration im Falle der Gründüngung von 55 auf 54 mg NO3/l und im Falle der Beerntung auf 43 NO3/l. Bezogen auf den Stickstoff­aus­trag bedeutet dies eine Reduktion durch Gründ­üngung um 6 % und durch Be­erntung der ZF um 26 %.

Die Auswirkungen auf Lachgas­emissionen wurden mithilfe eines statistischen Modells abgeschätzt. Die Ergebnisse sind deshalb mit ent­sprechenden Unsicherheiten verbunden. ZF zur Gründüngung erhöhen die Emissionen gegen­über der Schwarzbrache um ca. 60 % von 1,4 auf 2,3 kg N2O-N /ha*a. Durch die Beerntung wird die Zufuhr leicht abbaubarer organischer Substanz verringert, so­dass der Anstieg mit ca. 15 % auf 1,7 kg N2O-N /ha*a niedriger ausfällt. In Vergleich zur Gründüngung reduzieren sich die Emissionen um ca. 25%.

Hinsichtlich der Erosions­minderung ergab die Modellierung, dass der Bodenabtrag durch eine Begrünung mit 2,5 t TS/ha gegenüber der Schwarz­brache um ca. 50 % vermindert werden kann. Im Falle der Beerntung wird eine vergleichbare Absenkung erreicht, wenn 4,5 t TS/ha an ZF-Biomasse gebildet werden. Wird zusätzlich auf den Einsatz des Pflugs verzichtet ergibt sich gegenüber der Schwarzbrache eine Reduktion um ca. 75 %.

Der ökologische Fußabdruck verringert sich durch Gründüngung gegenüber der Schwarz­brache um ca. 10%. Durch die energetische Nutzung der ZF ergibt sich hingegen sogar eine Verbesserung um ca. 50 %. Die Biogaserzeugung aus Mais auf 20 % der Ackerfläche bringt unter Berücksichtigung der Flächenkonkurrenz und Erdgassubstitution gegenüber dem Silo­maisanbau zur Futternutzung eine ökologische Verbesserung um ca. 20 %. Wird nur das Stroh von Körner- oder CCM-Mais genutzt, ergibt sich eine Verbesserung um ca. 25 %.

Praktische Verwertbarkeit und wirtschaftliche Bewertung: In Zusammenarbeit mit Prak­tikern zeigte sich, dass es zwar geeignete Technik für Anbau, Ernte und Verwertung von ZF gibt, deren Verfügbarkeit jedoch von der regionalen Agrarstruktur und den finanziellen Mög­lichkeiten abhängt. Ist keine effiziente Mulchsaat- oder Grün­land­technik verfügbar, steigen entweder Aufwand und Kosten oder es muss investiert werden. Neben technischen sind logis­tische und fach­lich-ackerbauliche Heraus­forderungen sehr bedeutsam. Insbesondere Kommunikation und Management stel­len eine große Hürde dar, wenn eigene Flächen nicht ausreichen und Land­wirte im Umfeld der Anlage zur Kooperation ge­wonnen werden müssen.

Die be­triebs­wirt­schaftliche Attraktivität wird von der Einspeise­ver­gütung und dem Preis von Mais bestimmt. Sinkt letz­terer auf ein Niveau wie im Herbst 2014 wird Mais­silage mit Preisen unter 75 €/t TS verfügbar. Um bei einem durchschnitt­lichen ZF-Ertrag von 4,5 t TS/ha an­fallende Kosten decken zu können, ist für ZF jedoch ein Preis von ca. 90 €/t TS erforder­lich. Bei niedrigeren ZF-Erträgen überschreiten die Kosten auch 100 €/t TS. ZF liefern zudem etwas weniger Methan pro t TS als Mais. Aus rein betriebswirt­schaftlicher Sicht ist die Nutzung von ZF deshalb ohne Anrechnung mindestens eines Teils der ÖPUL-Zahlung nur rentabel, wenn der Preis von Körner­mais über 180 – 200 €/t liegt. Angesichts der ange­spannten wirt­schaftlichen Situation und der Un­gewissheit hin­sichtlich der Folgetarife ist das zögerliche Interesse vieler Anlagenbetreiber deshalb nach­vollzieh­bar. Die Gestaltung der ÖPUL-Richt­linien müsste Landwirten deshalb eine ZF-Beerntung nahe­legen, weil dadurch die Effektivität des ZF-Anbaus ver­bessert wird. Anderer­seits bräuchte es auch seitens der Ein­speise­ver­gütung Anreize zur ZF-Nutzung und Überwindung damit verbundener Heraus­forderungen. Strom aus ZF könnte z. B. mit einem Bonus von 2 – 4 Cent pro kWh honoriert werden. Eine andere Mög­lichkeit wäre die Schaffung attraktiver Bedingungen für die Treib­stoff­nutzung von Biomethan aus ZF z. B. durch Investitionsförderung.

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Steckbrief

  • Projektnummer
    829732
  • Koordinator
    Ökocluster
  • Projektleitung
    Manfred Szerencsits, office@oeko-cluster.at
  • Förderprogramm
    Neue Energien 2020
  • Dauer
    08.2011 - 12.2014
  • Budget
    578.762 €