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SEM SMART ELECTRIC MOBILITY – Speichereinsatz für regenerative elektrische Mobilität und Netzstabilität

Das Projekt Smart Electric Mobility (SEM) erarbeitet energietechnische und nutzerorientierte Herausforderungen und Chancen der Elektromobilität im Individualverkehr und entwickelt Lösungskonzepte dafür. Drei Themenfelder werden im Projekt SEM eng verknüpft bearbeitet. Das Nutzerverhalten sowie die Bedürfnisse hinsichtlich Akzeptanz und Kaufabsicht. Die Anforderungen an Fahrzeuge und Batterien für einen elektrischen Betrieb. Die systemtechnische Einbindung der Elektromobilität in das Energiesystem. Im Bereich des Nutzerverhaltens können Ergebnisse bzgl. des Fahrverhaltens und der Standplatzverteilung von Pkw-NutzerInnen durch mehrere Zugänge in Form von Stichtagsund Langzeiterhebungen erzielt werden. Fahrzeugseitig werden Modelle für eine Auswertung konventioneller Fahrprofile, die als ident für Elektrofahrzeuge angenommen sind, sowie für speicherstandabhängige Batteriealterung geliefert. Eine Auswertung hinsichtlich der ladetechnischen Gegebenheiten (Standortwahl, ungesteuerte Ladeprofile, Gleichzeitigkeit) setzen auf die Vorerkenntnisse auf und führen zu verifizierten Ergebnissen. Für eine erzeugungsorientierte Ladesteuerung unter Nutzung erneuerbarer Energien (Photovoltaik) werden im Besonderen zwei Methoden erarbeitet. Ein weiterer Schwerpunkt im Projekt SEM stellt die energetische und thermische Erfüllbarkeit der Fahrprofile dar. Hierbei werden durch eine Sensitivitätsanalyse die beeinflussenden Parameter bei unterschiedlichem Ausbauzustand der Ladeinfrastruktur gezeigt. Neben der Normalladung im geparkten Zustand der Fahrzeuge, werden Alternativen wie Schnellladung entlang von Wegen, die Methode der Wegsubstitution langer Strecken sowie der Einsatz von Range Extendern diskutiert. Dabei entstehen umfassende Aussagen für den Ausbau zukünftiger Ladeinfrastruktur. Des Weiteren wird im Bereich des Nutzerverhaltens ein Individualverhaltensmodell erstellt, welches es erlaubt, Kaufwahrscheinlichkeiten für Pkw mit unterschiedlichen Antriebstechnologien unter bestimmten Rahmenbedingungen vorherzusagen. Die umfassende Haushaltsbefragung ermittelt gemeinsam mit dem Auswertungsmodell die Kaufbereitschaft von NutzerInnen. Ein weiteres Modell erarbeitet die umwelt- und verkehrsrelevanten Auswirkungen. Die abschließende Phase nutzt die Erkenntnisse für eine ganzheitliche Systembetrachtung, die aus technischer und wirtschaftlicher Sicht Handlungsempfehlungen für EntscheidungsträgerInnen der Industrie, Forschung und öffentlichen Hand entwickelt. Die Essenz der Ergebnisse wird in entsprechenden Erkenntnis- und Maßnahmenlisten zusammengefasst.

Ausgangssituation

Der Verkehrssektor ist durch sehr hohe Emissionen und ineffiziente Energieumsetzung durch Verbrennungskraftmotoren geprägt. Der Energieverbrauch steigt jährlich um einige Prozent an. Die bislang gesteckten Ziele zur Reduktion des Energieverbrauchs und der CO2- Emissionen scheinen nur schwer erreichbar. Die Elektromobilität wird vielfach als „Problemlösung“ für die Zukunft gehandelt, wenn es darum geht eine effiziente Individualmobilität zu ermöglichen oder fluktuierende erneuerbare Energien durch Energiespeicherung in Fahrzeugbatterien besser nutzen zu können. Viele Rahmenbedingungen bleiben bei derartigen A-Priori-Aussagen unbeachtet, die es gilt im Detail zu analysieren und Konzepte für die Machbarkeit von intelligenten Lösungen aufzuzeigen. Um eine breite Markteinführung von effizienten Elektrofahrzeugen zu ermöglichen, besteht noch vielfältiger Forschungs- und Entwicklungsbedarf im Bereich  Fahrzeuge, Infrastruktur und Energiebereitstellung, sowie Nutzungs- und Mobilitätsverhalten. Derzeit sind viele Modellregionen, international wie auch national dabei, die ersten Schritte in der Elektromobilität mit verfügbaren Fahrzeugen am Stand der Technik zu absolvieren, Erfahrungen zu sammeln und Geschäftemodelle zu entwickeln. Die weiterführenden Konzepte wie beispielsweise Ladesteuerung (bis hin zu Vehicle-To-Grid-Konzepte) werden derzeit durch Forschungsprojekte wie dem vorliegenden im Detail untersucht.

Ergebnisse

Das Projekt Smart Electric Mobility liefert Antworten auf energietechnische und nutzerorientierte Herausforderungen und Chancenfelder der Elektromobilität im Individualverkehr. Eine konzipierte und durchgeführte GPS-Langzeiterhebung des Verkehrsverhaltens diente zur Erstellung eines wichtigen Datenstamms im fahrzeugbezogenen Analyseverfahren, welcher umfassend im Projekt SEM angewendet wurde und für weitere Analysen im Verkehrsund Energiebereich zur Verfügung steht. Aus Sicht der Verkehrsgrundlagenforschung im Bereich des Nutzerverhaltens ist ein Individualverhaltensmodell entstanden, welches es erlaubt, Kaufwahrscheinlichkeiten für Pkw mit unterschiedlichen Antriebstechnologien unter bestimmten Rahmenbedingungen vorherzusagen. Mit der Methode (Befragungsablauf und -design), welche bei der vertieften Nutzerbefragung angewandt wurde, konnten sehr gute Erfahrungen gesammelt werden. Mit Hilfe des Nachfragemodells (AP6) können E-Pkw-Neuwagenanteil in den verschiedenen Trendszenarien prognostiziert werden. Ein Vergleich mit anderen Studien zeigt, dass die SEM-Ergebnisse als sehr reale Schätzungen interpretiert werden können. Letzteres ist auch durch den verwendeten situationsbedingten Erhebungs- und Kaufmodellansatz bedingt, der eine sehr realistische Schätzung durch die NutzerInnen sicherstellt. Ein wesentliche Erkenntnis der Nachfragestudie liegt darin, dass die erwünschten Anteile der Elektroautos an Neuwagen nur durch eine deutliche Verbesserung der Technologie im Sinne einer deutlichen Senkung der Kaufpreise und /oder einem signifikanten Anstieg der Treibstoffpreise erreicht werden kann. Letzteres kann auch durch z.B. eine Treibhausgasabgabe-Abgabe auf den Treibstoffpreis erreicht werden. Kaufprämien durch die öffentliche Hand in einer Größenordnung von bis zu € 5.000,- pro Elektroauto haben nicht den erwünschten Effekt und stellen eher eine Vergeudung öffentlicher Mittel dar (siehe gesamtwirtschaftliches Bewertungsverfahren, AP7). Zur Untersuchung der geplanten elektrischen Fahrzeugkonzepte wurde eine physikalische bzw. numerische Simulation erstellt. Die Simulation wurde im Simulationsprogramm DYMOLA auf Basis der MODELICA Standard Bibliotheken entwickelt. Das Simulationsmodell umfasst sämtliche Fahrwiderstände eines Kraftfahrzeugs wie Luftwiderstand, Rollwiderstand und Steigungswiderstand. Der gesamte Antriebsstrang des Fahrzeugs mit den relevanten Transmissions- und Antriebskomponenten, wie Getriebe und Räder, wurde implementiert, inklusive der Modellierung der elektrischen Komponenten wie Batterie und elektrischer Maschine. Ebenso wurden die Regel- und Steuerkomponenten aufgebaut. Die thermische Belastung der Batterie stellt bei Normalladung keine Problematik dar, wobei die Schnellladung nur in beschränktem Maße (einmal pro Tag und Fahrzeug / Obergrenzen für Ladeleistung auf Grund von Batterietemperatur oder Standort) möglich wäre. Unterschiedliche Fahrzeugklassen erfordern, abhängig von Fahrleistungen bzw. Fahrzyklen, unterschiedliche Hochspannungsbereiche der Batterie und der elektrischen Maschine. Um elektrische Fahrzeuge effizient betreiben zu können ist auch eine Abstimmung der dazugehörigen Leistungselektronik (Spannungsniveau) erforderlich. Bei Fahrzeugen mit integriertem Range Extender ist die zusätzliche elektrische Leistung ausschlaggebend für den Betrieb und die Reichweitenerhöhung, nicht für das anfallende Mehrgewicht des Fahrzeugs. Genauere Untersuchungen bezüglich Nutzung von Range Extender (Leistungsklasse, Betriebsstrategie usw.) in Kombination mit Normal- und Schnellladung der Batterie sollten durchgeführt werden. Aus Sicht des Energiesystems konnten wertvolle Aussagen zum ungesteuerten Ladeverhalten der Elektrofahrzeuge gewonnen werden, die eine Abschätzung für unterschiedliche Marktdurchdringungen zulassen. Die entwickelte Lastprofilmethodik sowie die Gleichzeitigkeit stellen für die Energiesystembetrachtung praxistaugliche Hilfsmittel dar. Für ein großes Fahrzeugkollektiv kann bei ungesteuertem Laden eine zusätzliche Abendlastspitze von 0,5 bis 0,7 kW pro Elektroauto erwartet werden. Die Gleichzeitigkeit der Maximalbelastung geht bei mehreren hundert Fahrzeugen je nach Ladeleistung zumindest auf Werte unter 0,3 zurück. Eine Marktdurchdringung von 50 % E-Fahrzeuge würde jedoch die Netzspitzenbelastung um ca. 58 % erhöhen. Es wurden mehrere Ladestrategien unter direkter Nutzung von erneuerbaren Energien (Photovoltaik) entwickelt und analysiert. Die Ergebnisse zeigen unter gegebenen Rahmenbedingungen eine hohe Rate an Deckungsgrad der Elektromobilität und hohem Integrationsgrad der PV von bis zu 75 %. Die Ladestrategien werden in aufbauenden Projekten weiter eingesetzt und verbessert. Die erstmals verfügbaren Datenstrukturen des Nutzerverhaltens zeigen bzgl. Standortverteilung die für Ladeinfrastruktur relevanten Plätze an. Die Sensitivitätsanalysen der Parameter sowie die Erfüllbarkeitsanalysen ergeben deutlich den Zielbereich reiner Elektrofahrzeuge (Kleinwagen und Mittelklasse). Es resultiert daraus die Ladeinfrastrukturerfordernis, die zum überwiegenden Teil mit heute üblichen Ladeleistungen und an wenigen energetisch wirksamen Hauptstandorten (Zuhause, Arbeitsplatz/Ausbildung) technisch erfüllbar ist. Wichtigstes Kriterium bei der Erfüllbarkeit ist die Batteriegröße. Speziell die Freizeitfahrten, die zumeist längere Distanzen aufweisen, erfordern Alternativen zum Normalladen. Hierfür wurden einige Konzepte wie Schnellladung und Wegsubstitution durchexerziert und mögliche Verteilungspläne konzipiert. Die Schnellladung kann vorwiegend auf mittleren Distanzen bis derzeit 200 km eine Option darstellen und die Reichweite erhöhen. Sehr lange Distanzen werden auch mit der Schnellladung keine Sinnhaftigkeit erfahren, da die Leistungsaufnahme wie auch die Batteriekapazität beschränkt sind und somit die erforderliche Stehdauer zum Schnellladen proportional ansteigt. Zukünftig sollen diese Aussagen erweitert werden und in detaillierteren Modellen diversifiziert werden (Wochentagsunterscheidung, verteilte Anordnung der Fahrzeuge, elektrische Netzbetrachtungen, Regionale Unterscheidungen und Gesamtbetrachtung Österreichs, etc.). Basierend auf dem Kaufnachfragemodell wurden verschiedene Bewertungsszenarien für unterschiedliche Entwicklung der Technologie von Elektroautos, des Treibstoffpreises und von Anreizmaßnahmen zur Förderung der Elektromobilität entwickelt. Das gesamtwirtschaftliche Bewertungsverfahren beinhaltet die folgenden Wirkungskomponenten  der Investitionskosten für die Ladeinfrastruktur für Elektroautos,  der Fahrzeugbetriebskosten,  der Umweltkosten inklusive der Klimakosten. Der gesamtwirtschaftliche Nutzen der untersuchten Bewertungsszenarien wurde aus der monetär dargestellten Nutzen-Kostendifferenz der definierten Bewertungsszenarien mit dem zugehörigen Referenzszenario ermittelt. Das Bewertungsergebnis beinhaltet für alle Bewertungsszenarien auch die gesamtwirtschaftliche Kostenwirksamkeit für die eingesparte Menge der Treibhausgase und den monetär ausgedrückten spezifischen Nutzen je zurückgelegtem Kilometer mit einem Elektroauto.

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Steckbrief

  • Projektnummer
    821886
  • Koordinator
    Technische Universität Wien Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe
  • Projektleitung
    Günther Brauner, sgam@ea.tuwien.ac.at
  • Förderprogramm
    Neue Energien 2020
  • Dauer
    09.2009 - 06.2011