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ProTec Selbst-organisierte protonenleitende Komposite für zukünftige Energietechnologien

Ziel des Projektes ProTec ist die Synthese von selbstorganisierten protonenleitenden Kompositen und die Erforschung von deren grundlegenden Materialeigenschaften. Neue Energiematerialien auf Basis von gemischt protonen-, sauerstoffionen- und elektronenleitenden Keramiken (engl. triple conducting oxides, TCOs) bieten attraktive zukünftige Anwendungsmöglichkeiten in protonischen Festelektrolytbrennstoffzellen (PCFCs) und –elektrolysezellen (PCECs) oder Membranen zur Wasserstoffseparation. Die genannten Technologien sind allerdings von der kommerziellen Umsetzung noch weit entfernt, was in erster Linie auf einem Forschungsdefizit im Bereich der grundlegenden Masse- und Ladungstransporteigenschaften und der Defektchemie beruht.
Im Rahmen von ProTec sollen TCO-Komposite mittels einer neuen Methode synthetisiert werden, welche die in-situ Phasenzersetzung aus einem geeigneten Precursor beinhaltet (One-Pot Synthese). Insbesondere soll der Fokus auf selbstorganisierten Kompositen von Perowskiten liegen, in denen eine Phase eine gute elektronische Leitfähigkeit und hohe katalytische Aktivität für die Sauerstoffreduktion besitzt, während die andere Phase eine gute Protonenleitfähigkeit aufweist. In Ergänzung zu makroskopischen Proben für die Basischarakterisierung werden Komposit-Dünnfilme mittels Pulsed Laser Deposition (PLD) präpariert, welche wertvolle Modellsysteme für grundlagenorientierte Arbeiten darstellen. Ergänzt werden diese Forschungsaktivitäten durch die Charakterisierung der selbstorganisierten Komposite bis hin zu atomarer Auflösung mittels analytischer Transmissions¬elektronenmikroskopie (TEM). Neben der Bestimmung der Struktur und chemischen Zusammensetzung der jeweiligen Kompositphasen mit hoher lateraler Auflösung, stehen wichtige Fragestellungen wie die Untersuchung von Interdiffusionseffekten an Hetero-Grenzflächen und die mögliche Bildung metastabiler Phasen insbesondere in selbstorganisierten PLD-Filmen im Fokus.
Angestrebt wird ein tieferes Verständnis der Masse- und Ladungstransporteigenschaften, der Defektchemie und der Mechanismen der Protonenaufnahme bzw. Sauerstoffreduktion in selbstorganisierten keramischen Kompositen. Auf dieser Basis werden Struktur-Eigenschaftsbeziehungen abgeleitet, welche Empfehlungen für Strukturen und Zusammensetzungen von neuen protonenleitenden Kompositen mit optimierten Eigenschaften für zukünftige Energietechnologien erlauben sollen.

Ausgangssituation

Die Protonenleitfähigkeit oxidkeramischer Festelektrolyte bei hohen Temperaturen wurde in den 1980er Jahren erstmals beschrieben. State-of-the-art Materialien sind Zirkonate bzw. Cerate vom Perowskit-Typ, welche aus Sicht der Materialentwicklung bereits relativ gut erforscht sind. Die weitere Optimierung betrifft vor allem technische Aspekte (Optimierung des Processings, Sinterprogramme etc.). Dem gegenüber stellen neue Oxidkeramiken, welche neben Protonen auch Sauerstoffionen und Elektronen bzw. Elektronenlöcher leiten (engl. triple-conducting oxides, TCOs) ein relativ junges und hochaktuelles Forschungsfeld dar (großteils TRL 1). Im Gegensatz zu den reinen Festelektrolyten besteht in diesem Bereich noch großer Bedarf an grundlegender Materialforschung. TCOs sind einerseits durch ihre besondere Defektchemie und die komplexen Masse- und Ladungstransporteigenschaften, welche noch wenig erforscht sind, interessante Modellsysteme für die grundlegende Erforschung von Protonenleitern. Andererseits bieten diese Materialien aufgrund eben dieser Eigenschaften auch attraktive Möglichkeiten für den Einsatz in zukünftigen Energietechnologien, z.B. als gemischt-leitende Kathoden in protonischen Festelektrolytbrennstoffzellen (engl. protonic ceramic fuel cells, PCFCs), Anoden in protonischen Elektrolysezellen (engl. protonic ceramic electrolyzer cells, PCECs), Membranen zur hochselektiven Wasserstoffseparation und Membranreaktoren zur energie- und kosteneffizienten Synthese von chemischen Produkten (Kohlenwasserstoffe, Ammoniak etc.).
An PCFCs – Hochtemperaturbrennstoffzellen auf Basis von protonenleitenden Keramiken, welche großes Zukunftspotential für die hocheffiziente, saubere und nachhaltige Energieumwandlung besitzen – wird derzeit weltweit intensiv geforscht, wobei in den letzten Jahren bereits signifikante Fortschritte erzielt werden konnten. PCFCs wären den vom Technologiereifegrad her bereits weiter entwickelten SOFCs (Hochtemperaturbrennstoffzellen auf Basis von sauerstoffionenleitenden Keramiken) in einigen Bereichen deutlich überlegen. So wird abgeschätzt, dass optimierte PCFCs aus wirtschaftlicher Sicht gegenüber SOFCs konkurrenzfähig oder diesen sogar überlegen sind. Im Rahmen der chemischen Energiespeicherung ist auch ihr Betrieb als Elektrolysezelle (PCEC) eine vielversprechende Alternative zu polymerbasierten Niedertemperatur-Elektrolysezellen.
Allerdings sind PCFCs von der kommerziellen Umsetzung noch wesentlich weiter entfernt als SOFC-Systeme (welche bereits kommerziell erhältlich sind), was vor allem auf ein Forschungsdefizit im Bereich grundlegender Materialaspekte wie Defektchemie, Masse- und Ladungstransporteigenschaften sowie Struktur-Eigenschaftsbeziehungen der Kathodenmaterialien zurückzuführen ist. Angestrebt wird im Fall der PCFC-Kathoden vor allem, die Eigenschaften einer signifikanten Protonenleitfähigkeit mit einer ausreichenden elektronischen Leitfähigkeit (Elektronenlöcherleitfähigkeit) in einem Material zu kombinieren, um die aktive Oberfläche für die Sauerstoffreduktion/Wasserbildung auf die gesamte Elektrode der PCFC zu erweitern. Die bisher als TCO verwendeten Perowskite (die meist für die Anwendung in SOFCs entwickelt wurden) verfügen über eine ausreichende elektronische Leitfähigkeit, jedoch ist ihre Protonenaufnahme nur selten und ihre Protonenleitfähigkeit praktisch nie gemessen worden. Damit fehlen auch die grundlegenden Korrelationen zwischen Materialzusammensetzung, Protonenaufnahme, elektronischer Leitfähigkeit und katalytischer Aktivität, die als Basis für gezielte Materialentwicklung dienen. Eine weitere Materialoptimierung ist dringend erforderlich, um die Technologiereife von PCFCs und weiteren zukünftigen Anwendungstechnologien zu erhöhen.
Unter den einphasigen TCOs wurden bisher vor allem Perowskite untersucht, welche mit Elementen mit gemischter Valenz wie Fe substituiert wurden. Es zeigte sich jedoch, dass die Einflüsse von Art und Konzentration der Substituenten auf die Materialeigenschaften sehr komplex sind und die einphasigen state-of-the-art TCOs, die überwiegend redox-inaktive Kationen auf dem B-Platz aufweisen, nach wie vor eine zu geringe elektronische Leitfähigkeit für die technische Anwendung besitzen. Problematisch ist dabei vor allem, dass die beiden angestrebten Eigenschaften – hohe Protonenleitfähigkeit und hohe Elektronenlöcherleitfähigkeit – gegenläufige Tendenzen zeigen und die Kombination beider Eigenschaften in einem Material damit schwer zu erreichen ist.
Aus diesem Grund wird derzeit intensiv an Keramik-Keramik Kompositen für PCFC-Kathoden und wasserstoffpermeablen Membranen bzw. Membranreaktoren geforscht, in denen jeweils eine elektronenleitende und eine protonenleitende keramische Phase kombiniert wird. Die konventionelle Synthese über mechanisches Mischen und Sintern von Pulvern ist hierbei allerdings oft nicht zielführend, da sie unerwünschte Effekte wie Kationeninterdiffusion und Bildung von Zweitphasen nach sich ziehen kann.
Im Projekt ProTec soll daher ein alternativer und hochinnovativer Ansatz zur Synthese von Keramik-Keramik Kompositen verfolgt werden, welcher auf der Autoseparation von zwei thermodynamisch stabilen Phasen aus einem homogenen Precursor beruht (One-Pot Synthese, selbstorganisierte Komposite). Der große Vorteil dieser Methode ist die in-situ Bildung und Selbstorganisation eines fein und homogen verteilten Zweiphasengemisches.

Projektverlauf

Das Projekt wurde mit 01.09.2019 gestartet. Erste Arbeiten beschäftigen sich mit der Synthese und Basischarakterisierung selbstorganisierter Komposite.

Meilensteine

  1. Erstes Komposit-Material hergestellt und Basischarakterisierung durchgeführt (MUL) AP2 02/2020
  2. Erstes PLD-Target eines Komposit-Materials hergestellt und Basischarakterisierung durchgeführt (MUL) AP2 05/2020
  3. Optimiertes Komposit-Material hergestellt und Basischarakterisierung durchgeführt (MUL) AP2 06/2021
  4. PLD-Target eines optimierten Komposit-Materials hergestellt und Basischarakterisierung durchgeführt (MUL) AP2 09/2021
  5. Messstände für Leitfähigkeitsmessungen und Leitfähigkeitsrelaxationsexperimente betriebsbereit (MUL) AP3 05/2020
  6. Erste Ergebnisse zur elektronischen Leitfähigkeit und effektiven kinetischen Parametern für Sauerstoffaustausch von Kompositen (MUL) AP3 12/2020
  7. Erste Ergebnisse zur Protonen- bzw. Wasseraufnahme von TCO-Kompositen (MPI, MUL) AP3 02/2021
  8. Erste Ergebnisse zur defektchemischen Modellierung ausgewählter TCOs (MPI, MUL) AP3 10/2021
  9. Parameter für Präparation von Dünnfilmen einphasiger Materialien bzw. Komposite mittels PLD optimiert (MPI) AP4 09/2020
  10. Erste Ergebnisse zur Charakterisierung von Dünnschichtelektroden mittels analytischer STEM (ZFE) AP4 02/2021
  11. Erste Ergebnisse zur elektrochemischen Charakterisierung von Halbzellen mit Dünnschicht–elektroden (MPI, MUL) AP4 09/2021
  12. Erste Ergebnisse zu STEM-Analysen von TCO-Kompositen (ZFE) AP5 06/2020
  13. Erste Ergebnisse zu STEM-Analysen von Hetero-Grenzflächen in Kompositen (ZFE) AP5 10/2020
  14. Erste Ergebnisse zu in-situ STEM-Analysen (ZFE) AP5 10/2021
  15. Struktur-Eigenschaftsbeziehungen erstellt (MUL, MPI, ZFE) AP5 07/2022

Ergebnisse

Umfangreiche Daten zu Masse- und Ladungstransporteigenschaften, Defektchemie und Struktur selbstorganisierter TCO-Komposite sollen erarbeitet und publiziert werden.

Ein tieferes Verständnis der Struktur-Eigenschaftsbeziehungen wird angestrebt. Darauf aufbauend sollen Empfehlungen für die weitere Materialoptimierung von PCFC-Kathoden gegeben werden.

Steckbrief