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PowerKERS Power KERS – Flywheel als Energiespeicher in Hybrid- und Elektrofahrzeugen für den Individualverkehr

Aktuell verursacht der Straßenverkehr etwa 20% der gesamten CO2 Emissionen der Europäischen Union, rund zwei Drittel stammen dabei von PKWs. Gerade in diesem Bereich ist aufgrund des geringen Gesamtwirkungsgrades konventioneller PKWs (etwa 18% für den Neuen Europäischen Fahrzyklus) eine deutliche Reduktion der Emissionen möglich. Ansätze dafür sind eine Hybridisierung von Fahrzeugen, womit theoretisch der optimale Wirkungsgrad aktueller Verbrennungskraftmaschinen erreicht werden kann (etwa 55% Emissionsreduktion), und der Einsatz von Elektrofahrzeugen, die im Betrieb vollkommen emissionsfrei sind. Verglichen mit konventionellen Fahrzeugen sind aktuell verfügbare Hybrid- und Elektroautos jedoch nicht konkurrenzfähig, primär da die verwendeten elektrochemischen Energiespeicher (Batterie, Supercap) die Anforderungen in Bezug auf Leistungs- und Energiedichte, Wirkungsgrad, Lebensdauer und Preis nicht erfüllen. Beispielsweise sind ca. 75 kg an Lithium-Ionen Zellen notwendig, um dieselbe Energie zur Verfügung zu stellen, die in einem Liter Dieselkraftstoff enthalten ist. Trotz intensiver Forschungsaktivitäten ist es nach aktuellem Wissensstand nicht möglich, eine Batterie zu entwickeln, die alle gestellten Aufgaben erfüllen kann. Erst durch die Aufteilung in einen Energie- und einen Leistungsspeicher ist es möglich, ein konkurrenzfähiges Elektrofahrzeug zu entwickeln. Der Energiespeicher ist hierbei eine auf möglichst hohe Energiedichte optimierte Batterie, für den Leistungsspeicher bietet ein mechanisches Schwungrad die besten Eigenschaften. Bei einem Hybridfahrzeug wird nur dieser Leistungsspeicher benötigt, da der Großteil der Antriebsenergie entweder durch eine Verbrennungskraftmaschine oder einer Brennstoffzelle zur Verfügung gestellt wird. Auch aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht sind Schwungradspeicher zielführend, da sie ohne hohen Aufwand recyclebar sind. Zusätzlich enthalten sie lediglich Werkstoffe, die auch für eine Massenfertigung ausreichend verfügbar sind. Im Rahmen des Projekts werden Realisierungskonzepte von Schlüsselkomponenten von Schwungradspeichern für den Einsatz im Individualverkehr erstellt. Geprüft werden speziell die Möglichkeiten der Lagerung zur Erfüllung der Lebensdauer unter den geforderten Randbedingungen, sowie die technischen Rahmenbedingungen (Wirkungsgrad, Leistung, Energieinhalt). Das Projekt umfasst demnach folgende Forschungsschwerpunkte:

• Erfassung (Simulation, Messung) der elektrischen und mechanischen Belastungsprofile für Schwungradspeicher als hochdynamischer Energiespeicher im praktischen Einsatz eines Individualfahrzeugs.

• Design und Optimierung des Lagers und der elektrischen Maschine des Flywheel-Systems unter Berücksichtigung der ermittelten Belastungsprofile.

• Verhalten im Falle eines technischen Defekts bzw. Unfalls.

Ausgangssituation

Moderne Hybridkonzepte zielen darauf ab, die Verbrennungskraftmaschine immer in ihrem optimalen Arbeitspunkt zu betreiben, während die Spitzen der benötigten Antriebsenergie durch elektrische Antriebe abgedeckt werden. Die Energie dafür liefern elektrische Energie­speicher, die in Perioden geringeren Leistungsbedarfs sowie bei Bremsvorgängen wieder aufgeladen werden (Rekuperation von Bremsenergie). Im Idealfall (keine Verluste im elektrischen Bordnetz; beliebige Leistungs- und Energiekenndaten der verwendeten Energiespeicher) wäre damit zumindest eine Verdopplung des Wirkungsgrades möglich. Aktuelle Hybridfahrzeuge erreichen eine Erhöhung des Wirkungsgrades um etwa 25% und damit eine Treibstoff- bzw. CO2-Ersparnis von etwa 20%[1] bis 27%[2]. Die Differenz zum theoretischen Wert von etwa 55% ergibt sich großteils durch die als Energiespeicher eingesetzten Batterien oder Supercaps: Diese Energiespeicher sind, unter Berücksichtigung der erforder­lichen Lebens­dauer und der abzuführenden Verlustleistung, nicht in der Lage, die auftreten­den Leistungen zu speichern bzw. abzugeben. Trotz intensiver Anstrengungen in den letzten Jahren ist auch in Zukunft kein wesentlicher Technologiesprung zu erwarten, der Batterien mit der notwendigen Leistungs- UND Energiedichte erwarten lässt, um die Anforderungen moderner Elektro- bzw. Hybridfahrzeuge zu erfüllen. Flywheel-Systeme liefern für diese Problem­stellung die Lösung. Daher sollen im Rahmen des Projekts die zur Realisierung von Flywheel-Systemen zum Einsatz im Kfz notwendigen technologischen und sicherheits­relevanten Vorarbeiten geleistet werden.


[1]              Seibel et.al.: Variability in Engine and Transmission – Competition or Complement to Electrification; 21. Int. AVL Conference „Engine & Environment, 2009

[2]              Kubalczyk et.al.: Fuel Saving Potential of the ZF Hybrid Transmission System; 21. Int. AVL Conference „Engine & Environment, 2009

Projektverlauf

Die Analyse verfügbarer Flywheel-Systeme hat ergeben, dass zentrale Problemstellungen mit Forschungsbedarf in der Lagerung der Schwungmasse, der Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen, der Kühlmöglichkeit des wegen der hohen geforderten Drehzahl in Vakuum laufenden Rotors, der Optimierung des Wirkungsgrades sowie in der Senkung der Kosten bestehen. Speziell die Frage der Lagerung der Schwungmasse stellte ein Knock-out Kriterium dar, weil einerseits durch zu hohe Lagerverluste die Energieverluste so stark ansteigen, dass sie den Effizienzgewinn im Betrieb des Kfz kompensieren oder sogar übersteigen, und andererseits die Robustheit der Lagerung die Lebensdauer des Flywheel-Systems bestimmt.

Dementsprechend lagen die Ziele des Projekts in der Entwicklung geeigneter Lager­konzepte, um eine Rotation der Schwungmasse mit sehr hohen Drehzahlen und minimalen Verlusten unter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen zu ermöglichen, sowie in der Optimierung des elektrischen Antriebs bzw. Generators. Demzufolge wurde ein Wirkungsgrad von über 92% für die Umsetzung von elektrischer in mechanische Energie und vice-versa erreicht, was einen Gesamtwirkungsgrad von etwa 85% für das Flywheel-System ergibt.

Zu Beginn des Projektes wurden detaillierte Anforderungen an den Schwungradspeicher für den Einsatz im PKW spezifiziert. Diese Anforderungsprofile dienten als Basis für den Vergleich von Realisierungskonzepten für Schwungradspeicher hinsichtlich Realisierbarkeit und Komplexität, Wirkungsgrad und Kosten. Im Laufe des Projektes konnten Antworten auf folgende Fragen gegeben werden:

  • Welche konstruktiven Maßnahmen sind möglich, um im Falle eines Unfalls oder eines Defekts sicherstellen zu können, dass die im Flywheel gespeicherte Energie keine Schäden verursachen kann?
  • Wie muss das Lager des Flywheels ausgeführt werden, um den Randbedingungen Lebensdauer und Wirkungsgrad gerecht zu werden?
  • Wie muss die Bauform des Flywheels für den automotiven Einsatz aussehen, um eine optimale Energie- und Leistungsdichte zu erreichen?

Der Projektverlauf ist in der folgenden Abbildung graphisch dargestellt.

Projektplan PowerKERS

Projektplan PowerKERS

 

Meilensteine

  1. Erstellen eines mechanischen und elektrischen Lastenhefts, welches detaillierte Anforderungen an den Schwungradspeicher aufzeigt.
  2. Entwurf eines grundlegenden Realisierungskonzepts des Schwungradspeichers, welches die Anforderungen an die einzelnen Baugruppen spezifiziert und somit die Detailarbeiten ermöglicht.
  3. Durchfürung der theoretischen Konstruktion eines Lagers für die stillstehende Welle (für den ersten Testaufbau).
  4. Vollständige Integration der entworfenen Lagerung in die elektrische Maschine.
  5. Optimierte Auslegung des elektromechanischen Energiewandler-Systems (elektrische Maschine und Leistungselektronik) für den Flywheel-Speicher.
  6. Adaptierung der vorhandenen Simulationsumgebung für die Maschine an die zuvor definierten Parameter.
  7. Detaillierte numerische Modellbildung des Schwungrads inkl. Lager.
  8. Optimierung des Regelalgorithmus für: Statisches Regelverhalten (Welle steht), dynamisches Regelverhalten (Welle dreht sich), und Kombination Magnetlager und elektrische Maschine (Ausregelung von auft
  9. Aufbau von Submodule des Flywheels in Form von Prototypen aufgebaut werden in den Bereichen Leistungselektronik für die Magnetlagerung und dem Magnetlager selbst.

""Die effiziente Speicherung von Energie - vor allem in der Mobilität - stellt eine der größten Herausforderungen der Energiewende dar.""

Ergebnisse

Entsprechend der geplanten Projektabschnitte führten die folgenden Methoden zu den angestrebten Projektergebnissen:

Energiefluss-Simulation des Gesamtfahrzeugs:

Zur Ermittlung der im realen Betrieb eines Kfz geforderten Eckdaten des Energiespeicher­systems wurden Gesamtfahrzeug-Simulationen durchgeführt. Als Grundlage dieser elektrischen Energiefluss-Simulationen diente ein Simulationssystem zur Modellierung des Energieflusses in Fahrzeugen. Mit dessen Hilfe wurden unterschiedliche Fahrzeugkonzepte (Hybridkonzepte, rein elektrisch betriebenes Kfz, …) simuliert und für jedes Konzept die Belastungsprofile des Energiespeichersystems ermittelt. Daraus ergaben sich die geforderten Eckdaten für Flywheel-Systeme beim Einsatz in unterschiedlichen Kraftfahrzeugen.

Modell Konventionell

Aufbau des PowerKERS Simulationsmodells.

 

Die Simulationsumgebung (wie oben gezeigt) ermöglichte es auch, den Einfluss von Limitierungen durch das Flywheel-System (z.B. verminderte Rekuperation von Bremsenergie durch begrenzte maximale Leistungsaufnahme) auf den Treibstoffverbrauch bzw. den CO2-Ausstoß zu berechnen. Als Grundlage für die Simulationen dienten einerseits standardisierte Fahrzyklen und andererseits mit Hilfe von GPS-Trackern aufgenommene reale Fahrprofile, aus denen die im täglichen Betrieb des Fahrzeugs resultierenden Energieflüsse berechnet wurden.

Messung mechanischer Belastungsprofile:

Das mechanische Lastenheft wurde durch den Partner FH Joanneum erstellt. Es handelte sich hierbei um eine Integrationsaufgabe in das Fahrzeug mit dem Ziel, Lösungen aufzuzeigen, die möglichst breit in verschiedenen PKW-Klassen eingesetzt werden konnten. Dazu wurden mit Hilfe von MKS-Simulation Fahrzeugtypen mit charakteristisch unterschiedlichem Bewegungsverhalten ausgewählt. Vertreter dieser Fahrzeugtypen wurden mit Beschleu­nigungs­messtechnik ausgestattet. Auf repräsentativen Fahrstrecken wurd der Bewegungs­zustand gemessen und statistisch ausgewertet. Ziel war es, typisch auftretende Belastungen für das Magnetlager aufzunehmen. Die Messdaten erlaubten die genaue Dimensionierung der Magnetlager für ein breites Fahrzeugspektrum und somit eine wirtschaftliche Lösung.

Messungen FH Joanneum 1Messungen FH Joanneum 2

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Messng der realen Fahrzeugbelastungen auf den Schwungradspeicher.

 

Evaluierung von Realisierungskonzepten für Schwungradspeicher

Die erarbeiteten Konzepte wurden auf Modulebene simuliert, um eine Abschätzung der Einsetzbarkeit bei den zu erwartenden Belastungs­profilen (elektrisch, mechanisch) durchführen zu können. Dadurch konnten Knock-out Kriterien erkannt, sowie Stärken und Schwächen der einzelnen Konzepte herausgearbeitet werden. Im Speziellen wurden Abschätzungen durchgeführt, ob die Rahmen­bedingungen in Bezug auf ausreichende Lebensdauer und Unfallsicherheit erfüllt werden können.

Simulation und Aufbau von Subsystemen

Für die  grundlegenden Komponenten des Flywheel-Speichers (Magnetlager und elektrische Maschine) wurden mechanische sowie elektromagnetische Simulationsmodelle erstellt. Auf Basis der Simulationen wurden Funktionsmuster aufgebaut, die zur experimentellen Evaluierung der Belastbarkeit der Komponenten verwendet werden. Durch die Ergebnisse der Experimente konnten wiederum die Simulationsmodelle verfeinert werden.

fig703

Fahrzeugsimulationsergebnisse im Projekt PowerKERS

Demonstration der Erfüllung der Anforderungsprofile

Nach dem erfolgreichem Abschluss des Aufbaus der Funktionsmuster von Flywheel-Subsystemen wurden die Funktionsmuster verwendet, um experimentell die Einhaltung der geforderten Rahmenbedingungen (elektrische und mechanische Lastprofile) nachzuweisen bzw. weiteren Verbesserungsbedarf aufzuzeigen.

Umrichter

Umrichter des PowerKERS Flywheel Prototyps.

 

PowerKERS SR Maschine

Motorprüfstand der SR-Maschine im PowerKERS-Projekt

 

Durch Erfüllung der technischen Rahmenbedingungen konnte anhand der Implementierung der Subsysteme eine Verifikation der hohen Wirkungsgrade sowie der potentiellen Kosten der Systeme durchgeführt werden.

Folgende Punplikationen geben detaillierte Einblicke in die Projektergebnisse:

 

  • [1] Brasseur G., Schweighofer B., Wegleiter H.: „Comparison of Electric Energy Storages for Hybrid Racing Vehicles”, 13th EAEC European Automotive Congress, Brussels, Belgium, 2011
  • [2] Recheis M., Schweighofer B., Fulmek P., Wegleiter H.: „Evaluation of inductive displacement sensor configurations for a flywheel energy storage system”, Soft Magnetic Materials Conference (SMM), Kos, Greece, 2011
  • [3] Wegleiter, H.; Schweighofer, B.; Holler, G.; Brunnader, R.: „Fast Quasi Optimal Control of Hybrid Electric Vehicles considering Limiting Conditions”, European Electric Vehicle Congress EEVC, Brussels, Belgium, 2011
  • [4] Bader M., Schweighofer B., Wegleiter H.: „Aspects of Mechanical Engineering and Material Sciences for the Design of Flywheels for Mobile Applications”, European Electric Vehicle Congress EEVC, Brussels, Belgium, 2011
  • [5] Recheis M., Wegleiter H., Schweighofer B., Fulmek P.: „Inductive Displacement Measurement for a Basic Active Magnetic Bearing Test Rig”, 34th International Spring Seminar on Electronics Technology (ISSE), Tratanska Lomnica, Slovaka, 2011
  • [6] Recheis M., Wegleiter H., Schweighofer B., Fulmek P.: „Impedance Measurements of Ferrite Core Displacement Sensors for Flywheel Energy Storage Systems”, IEEE International Instrumentation and Measurement Technology Conference (I2MTC), Graz, Austria, 2012
  • [7] Recheis M., Schweighofer B., Fulmek P., Wegleiter H.: „Optimization of Active Magnetic Bearings for Automotive Flywheel Energy Storage Systems Based on Soft Magnetic Materials”, Joint European Magnetic Symposia (JEMS), Parma, Italy, 2012 (published in European Physical Journal Web of Conferences)
  • [8] Schweighofer B., Recheis M., Fulmek P., Wegleiter H.: „Rotor Losses in a Switched Reluctance Motor – Analysis and Reduction Methods”, Joint European Magnetic Symposia (JEMS), Parma, Italy, 2012 (published in European Physical Journal Web of Conferences)
  • [9] Fulmek P., Wegleiter H., Haumer P., Recheis M., Schweighofer B.: „Magnetic Characterization of High Strength Steels for High Speed Switched Reluctance Motors”, Soft Magnetic Materials Conference (SMM), Budapest, Hungary, 2013
  • [10] Recheis M., Schweighofer B., Fulmek P., Wegleiter H.: „Selection of Magnetic Materials for Bearing-less High Speed Mobile Flywheel Energy Storage Systems”, Soft Magnetic Materials Conference (SMM), Budapest, Hungary, 2013  (accepted for Publication in IEEE Journal: Transactions on Magnetics in 2014)
  • [11] Recheis M., Buchroithner A., Andrasec I., Gallien T., Schweighofer B., Bader M., Wegleiter H.: „Improving kinetic energy storage for vehicles through the combination of rolling element and active magnetic bearings”, Annual Conference of the IEEE Industrial Electronics Society (IECON), Vienna, Austria, 2013
  • [12] Sauer M. , Magnetlagerprüftstand, Bachelorarbeit, TU Graz, Austria, 2013
  • [13] G. Bischof, K. Reisinger, T. Singraber, A. Summer: Investigation of a passenger car’s dynamic response due to a flywheel-based kinetic energy recovery system, Vehicle System Dynamics 2013, Taylor & Francis, accepted
  • [14] G. Bischof, K. Reisinger, T. Singraber, A. Summer: Gyroscopic Bearing Loads in Vehicular Flywheel-based KERS, SAE International, submitted.

Steckbrief