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Photo-Wasserstoff Photo-Wasserstoff – Biomimetische künstliche Photosynthese zur Erzeugung von Wasserstoff aus Wasser

Die Wasserspaltung in Wasserstoff und Sauerstoff stellt eine der größten Herausforderungen unserer Zeit dar: „Vom praktischen Standpunkt aus müssen wir lernen, diese Reaktion effizient zu ermög-lichen, wenn wir je den Traum realisieren wollen, sauberen Treibstoff aus Sonnenlicht und Wasser zu erhalten und zwar in einem Ausmaß, das genügend Energie zur Verfügung stellt, um unseren Pla-neten anzutreiben“ (Zitat: R. Eisenberg und H. B. Gray, zwei führende US-Chemiker, 2008). Der Zugang des Antragstellers zu diesem Problem ist, sich zunächst auf die Produktion von Wasser-stoff zu konzentrieren. Dabei ist es natürlich keine Frage, dass als „Nebenprodukt“ auch Sauerstoff in welcher Form auch immer entstehen muss. Der Antragsteller hat bereits gezeigt, dass Chromo-phore mit langlebigen angeregten Zuständen bei Raumtemperatur, die das (Sonnen-) Licht auf-nehmen, auch in Kombination mit maßgeschneiderten, stabilisierend wirkenden Phosphinen möglich sind. Um nun in Richtung Wasserstoffproduktion durch Wasserspaltung erfolgreich sein zu können, müs-sen diese Chromophore mit Reduktionskatalysatoren gekoppelt werden. Es konnten bereits eine ganze Reihe heterodimetallischer Spezies, die für Reduktionskatalysatoren geeignete Metalle wie Platin, Palladium und Nickel enthalten, hergestellt werden. Weiters ist es in der Arbeitsgruppe des Antragstellers bereits gelungen, zwei Synthesebausteine, die als Chromophore dienen, mit einem reaktiven Metallzentrum wie Nickel(II) zu kombinieren. Das bedeutet, dass in diesem Molekül zwei Elektronen gleichzeitig von den Chromophoren zum reaktiven Metallzentrum übertragen werden können. Diese Zweielektronenreduktion ist aber für die Produktion des Wasserstoffmoleküls H2 unbedingt notwendig. Im Rahmen der Dissertation der VERENA-Preisträgerin (2. Platz) Frau Mag. Sylvia Eller wurde erst neulich ein wesentliches weiteres Problem gelöst. Um diese Art der Wasserspaltung zur Erzeugung von Wasserstoff in großen Mengen erfolgreich durchführen zu können, müssen die beteiligten „Dyads“, die aus Chromophoren und Reduktionskatalysatoren bestehen, zweifellos wasserlöslich gemacht werden, ohne dass sie dabei ihre exzellenten photochemischen und photophysikalischen Eigenschaften verlieren. Durch geschickte Kombination von Synthesebausteinen konnte dies nun erreicht werden. Laufende Versuche in der Arbeitsgruppe des Antragstellers zeigen bereits, dass diese neue Verbindungsklasse in Wasser eine photochemische Reaktion zeigt. Bei geschickter Wahl der Reaktionsbedingungen soll bereits die photochemische Produktion von Wasserstoff gemessen werden. Damit sind die Ausgangslage, die Ziele und Inhalte des Vorhabens eindeutig festgelegt: mit Hilfe einer völlig neuen in der Arbeitsgruppe des Antragstellers entwickelten Verbindungsklasse ist als Ziel die Produktion von Wasserstoff aus Wasser und Sonnenlicht geplant. Der Trend in der Wasserstoff-Technologie geht momentan in Richtung Wasserstoff-Brennstoffzelle. Nachdem diese bereits gut funktioniert, sollte man davon ausgehen, dass die Wasserstoff-Technologie eine Techno-logie der Zukunft ist. Damit bestünden hinsichtlich der positiven gesellschaftlichen Auswirkung einer billigen und erneuerbaren Wasserstoffquelle sicherlich keine Zweifel.

Ausgangssituation

Wasserstoff könnte der Energieträger der Zukunft werden [1]. Dies hat vorallem damit zu tun, dass bei seiner Verbrennung nur Wasser entsteht. Alle anderen kohlenstoffhaltigen Energie-träger wie Methan oder Methanol produzieren bei der Energiegewinnung Kohlendioxid. Dieses Treibhausgas führt zur Erderwärmung, die wenn sie zu schnell kommt eine globale Katastrophe auslösen könnte. Das Argument, dass Wasser ja auch ein Treibhausgas sei, stimmt deshalb nicht, weil das Gesamtvorkommen von Wasser auf der Erde seit Jahrmilliarden konstant ist. Sein natürliches Gleichgewicht hängt dabei lediglich von der Temperatur ab. Der große Unterschied z.B. zu Kohlendioxid besteht darin, dass Kohlenstoff in gebundener Form (Kohle, Erdöl, Erdgas) vorkommt und erst bei seiner Verbrennung in die Atmosphäre entweicht.

Trotzdem tritt bei der Verwendung von Wasserstoff als Energieträger ein schwieriges Problem auf, denn Wasserstoff ist kein Rohstoff, der abgebaut werden könnte [2]. Herkömmliche Methoden, um Wasserstoff herzustellen, sind vorallem die Elektrolyse von Wasser und die Verwendung fossiler Kohlenwasserstoffverbindungen. Zweifellos stellt die Elektrolyse eine Möglichkeit dar, Spitzenstrom zu speichern, eine neue Methode zur Energiegewinnung ist sie aber nicht. Bei den Kohlenwasserstoffverbindungen bleibt die Abhängigkeit von Erdöl und Erdgas bestehen. Auch bei Verwendung von Methanol als Rohstoff für Wasserstoff müssten zuerst riesige Mengen Methanol hergestellt werden.

Im Bereich der Anorganischen Chemie bietet sich zur Lösung dieses Problems die „künstliche Photosynthese″ an, wobei der Zugang dazu interdisziplinär sein sollte. Es ist kein Wunder, dass ausgerechnet dieses Thema zu einem der meist gelesenen Artikel in der weltweit besten Zeitschrift für Anorganische Chemie geführt hat [3]. Mit Hilfe von Sonnenlicht wird dabei formal Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Idealerweise sollten keine Nebenprodukte entstehen, um die Umweltverträglichkeit zu gewährleisten. Es soll betont werden, dass die „künstliche Photosynthese″ nicht unbedingt die „natürliche Photosynthese″ perfekt nachahmen muss. So könnte z.B. der schwierige 4-Elektronenschritt der Wasseroxidation vereinfacht werden, indem der Elektronentransfer nur bis zur Peroxidstufe führt [4]. Um lediglich Wasserstoff zu gewinnen, könnte die Sauerstoffproduktion durch Zugabe von Donormolekülen auch vollständig unterdrückt werden. Diese Donormoleküle können Naturprodukte sein und auf diese Weise kostengünstig zum Einsatz kommen. Wichtig ist an dieser Stelle festzuhalten, dass bei der Verbrennung von Wasserstoff wieder nur Wasser entsteht und so der Kreislauf geschlossen wird. Es muss aber klar gesagt werden, dass die „künstliche Photosynthese″ eine „Benchmark″ besitzt, die bei ca. 10% Energieumwandlung liegt. Erst dann könnte sie verglichen mit anderen Energiequellen konkurrenzfähig werden.                    

[1] Service, R.F., Science, Profile: Daniel Nocera2007, 315, 789.

[2] Balzani, V.; Credi, A.; Venturi, M., ChemSusChem2008, 1, 26–58.

[3] Zhang, P.; Jacques, P.-A.; Chavarot-Kerlidou, M.; Wang, M.; Sun, L.; Fontecave, M.; Artero, V., Inorg. Chem.2012, 51, 2115–2120.

[4] Kohl, S. W.; Weiner, L.; Schwartsburd, L.; Konstantinovski, L.; Shimon, L. J. W.; Ben-David, Y.; Iron, M. A.; Milstein, D., Science2009, 324, 74–77.    

Projektverlauf

Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Projektes:

Die Synthese des Liganden dppbd konnte, wie im Zeitplan vorgesehen, gelöst werden. Somit stehen jetzt drei verschiedene bis(bidentate) Tetraphosphinliganden zur Verfügung, die für die Herstellung supramolekularer Systeme zur Wasserspaltung geeignet sind. Im Laufe des Projektes stellte sich heraus, dass Cu(I) eine sehr wichtige Rolle als Chromophor übernehmen könnte. Der Vorteil von Cu(I) als Chromophor liegt dabei nicht nur im Preis (im Vergleich zu gängigen Chromophoren, wie Ru(II) oder Os(II)), sondern auch in den chemischen und physikalischen Eigenschaften. So geht Cu(I), im Gegensatz zu Ru(II) [6] zum Beispiel bei Bestrahlung keine Photoreaktion ein, was für unsere Zwecke sehr positiv ist, da die Photoreaktion zum Einen Energie verbraucht, die eigentlich für die Spaltung von Wasser benötigt wird, und zum Anderen den Katalysator mit der Zeit zerstört. Es ist bereits gelungen ein erstes heterodimetallisches System mit einem Cu(I)-Chromophor herzustellen. Natürlich wurde auch das System von Mag. Dr. Sylvia Eller, bestehend aus RuP2N4-Chromophoren und Pt(II) bzw. Pd(II) als Katalysatoren mit dppcb als überbrückender Ligand, das seit Herbst 2009 bereits Wasserstoff produziert, in diesem Projekt weiter verfolgt, um es zu perfektionieren und Abhängigkeiten der Wasserstoffproduktion von unterschiedlichen eDonormolekülen, pH-Wert, usw. zu untersuchen. Das beste System bestehend aus Os(II) und Pd(II) produziert inzwischen Wasserstoff mit einer TON von 132. Dies bedeutet, dass das Projektziel mehr als erreicht wurde.

 

Ausblick und Resümee:

Homodimetallische Cu(I)-Verbindungen zeigen sehr gute Kristallisationstendenzen, was zu einer großen Anzahl an Kristallstrukturen führen könnte. Durch Lumineszenzspektroskopie kann dann eine Verbindung mit großem sterischen Druck der Liganden erkannt werden, wobei dieser Druck auch in den Kristallstrukturen sehr gut zu sehen ist. Es können nun Moleküle mit speziellen photophysikalischen Eigenschaften hergestellt werden. Außerdem werden die Ergebnisse der photophysikalischen Messungen mit Ergebnissen äquivalenter Ru(II)- und Os(II)-Verbindungen verglichen, um Vor- und Nachteile der verschiedenen Chromophore feststellen zu können.

Des Weiteren ist die Synthese einer halbkoordinierten Cu-Verbindung inzwischen geglückt. Anschließend können die halbkoordinierten Verbindungen mit Katalysatormetallen wie Pt(II), Pd(II) oder Ni(II) versetzt werden, die wiederum mit verschiedenen Stickstoffliganden (Bipyridin, Phenanthrolin und Derivate davon) kombiniert werden. Diese werden  dann unter denselben Bedingungen wie die bereits untersuchten analogen Ru(II)- und Os(II)-Verbindungen bestrahlt und auf Wasserstoffproduktion untersucht. Heterodimetallische Systeme zeigen momentan eine geringere Aktivität der Wasserstoffproduktion als ihre analogen intermolekular arbeitenden monometallischen Systeme. Dies muss weiter untersucht werden.

Meilensteine

  1. Tetraphosphin cis,cis-1,2,3,4-Tetrakis(diphenylphosphino)buta-1,3-dien
  2. „Halbkoordinierte” Ru(II)- bzw. Os(II)-Verbindungen
  3. Bestrahlungsversuche
  4. Saubere Wasserspaltung
  5. Palladium(II) als Katalysemetall
  6. Lebensdauer des Katalysators

"For nature is not in a hurry and mankind is."

– Giacomo Luigi Ciamician –

Ergebnisse

Die künstliche Photosynthese befasst sich mit der Herstellung  energiereicher Substanzen, die als Energieträger dienen. Hierfür wird die Elekronenübertragung aus durch Licht angeregten Zuständen verwendet, um Reduktions- und Oxidationsäquivalente herzustellen, die anschließend reduktiv Wasser spalten. Als Katalysatoren werden verschiedene Tetraphosphinliganden kombiniert mit einem Chromophor (Os(II), Ru(II), Cu(I)) und einem reaktiven Metallzentrum (Pt(II), Pd(II), Ni(II), Co(III)) herangezogen. Es ist klar, dass alle drei Tetraphosphine unterschiedliche Konformationen aufweisen. So kann bei dppbd die Butadienbrücke zwischen völlig planar und gewinkelt variieren. Bei dppcb ist ein planarer und auch ein gefalteter Cyclobutanring möglich. o-MeO-dppcb ist ein so genannter flexidentater Ligand und kann in Abhängigkeit vom Metall sowohl Fünf- als auch Sechsringe bilden. Diese koordinationschemische Ausgangssituation hat natürlich Einfluss auf die Katalyseeigenschaften der entstehenden supramolekularen Systeme. Relativ einfache und  stabile  heterodimetallisch Komplexe   werden   hergestellt   und   eindeutig  charakterisiert.  Mit  Hilfe  von  Einkristallröntgen-strukturanalysen kann z.B. erkannt werden, dass der Metall···Metall-Abstand geeignet  ist  für  einen sogenannten „exchange″- oder „Dexter″-Mechanismus. Für die Produktion von Wasserstoff ist eine funktionierende Elektronenübertragung nötig. Es ist uns erst neulich   gelungen,   eindeutig   zu  beweisen,  dass  dieser  Elektronentransfer  in  unseren  Dyaden stattfindet. Die geplante Funktionsweise einer Dyade ist wie folgt:

 

1) Zunächst trifft sichtbares Licht auf den OsP2N4-Chromophor; durch Variation der Liganden können sowohl die Extinktionskoeffizienten als auch der absorbierte Wellenlängenbereich optimiert werden.

 

2) Die erfolgte Anregung des Metallzentrums ist ein sogenannter 3MLCT-Zustand (i.e. metal-to-ligand-charge-transfer). Dies ist sehr wichtig, da auf diese Weise ein Elektron von Os(II), das zu Os(III) wird, auf einen 2,2′-Bipyridin-Liganden gelangt.

 

3) Jüngste Messungen haben ergeben, dass dieses Elektron durch einen „hopping″-Mechanismus auch auf andere 2,2′-Bipyridin-Liganden übertragen werden kann, die nicht am selben Metallzentrum koordiniert sind. In Abbildung 3 bedeutet dies, dass auch der 2,2′-Bipyridin-Ligand am Palladium(II)-Zentrum in Frage kommt.

 

4) Das auf das Palladium(II)-Zentrum übertragene Elektron reduziert Palladium(II). Bei einer Wiederholung der Elektronenübertragung entsteht Palladium(0), das in wässrigem Medium nicht stabil ist.

 

5) Durch oxidative Addition eines Protons am Palladium(0) wird als wichtige Zwischenstufe ein Palladium(II)-Hydrid gebildet. Weiterreaktion mit einem Protonenrelais führt dann zur Bildung von molekularem Wasserstoff.          

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