Green Gang vs. Captain Carbon Multi-Meter Lab: Optimierung des CO2 Fußabdrucks durch soziales Feedback
Im Projekt M2S-Lab werden innovative Ansätze zur Reduktion des individuellen Energiekonsums und des damit verbundenen CO2-Ausstoßes erforscht und evaluiert. Der Energieverbrauch von Einzelpersonen wird in Echtzeit erfasst.
Für das Entstehen der Idee sahen wir uns die Marktentwicklung bei mobilen Geräten an sowie technische Möglichkeiten zur einfachen Datenerfassung wie SmartMeter oder Tracken von Wegstrecken über das Handy. Wir recherchierten, was es bereits an Fußabdrucks-Tools und Spielen zu ökologischen Themen gab, und wir konzipierten ein Spiel, das sowohl Wissensvermittlung als auch eine Änderung der Gewohnheiten zum Ziel hatte.
Weitere technische Aspekte waren für uns die Oberfläche, die spielegerecht sehr intuitiv sein musste, die erforderlichen Daten, die wir im Spiel von den Spielerinnen und Spielern erfassten, und natürlich der Datenschutz – persönliche Daten der Spieler sollten nur anonymisiert gespeichert werden.
Ausgangssituation
1.1 Aufgabenstellung
Das Bewusstsein in der Bevölkerung für den persönlichen Beitrag zum Klimawandel nimmt zu. Es fehlen jedoch einfach zu bedienende Werkzeuge, mit denen KonsumentInnen ihren Energieverbrauch in Bezug zu ihrem alltäglichen Konsumverhalten setzen können. Die rasante Entwicklung bei Informations- und Kommunikationstechnologien, insbesondere bei Smart Metering und Smartphone Apps, eröffnet neue Möglichkeiten, solche Feedbackinstrumente zu gestalten.
1.2 Schwerpunkte des Projektes
SPI – Fußabdruck – Berechnen der korrekten Werte
Gamification – Spielerischer Ansatz für Wissen und Verhaltensänderung
IKT als Hilfsmittel zu einem ökologischen Bewusstsein
1.3 Einordnung in das Programm
Das Projekt behandelt prioritär folgende Schwerpunkte des Programms:
Schwerpunkt Smart Energy Forschung und Entwicklung (3.1)
Subschwerpunkt: Informations- und Kommunikationstechnologien als Enabler in Systemen und Schnittstellen (3.1.4)
Begründung: Der Forschungsansatz fokussierte sich auf die Verbesserung des individuellen CO2-Bewusstseins der SpielerInnen. Privatpersonen konnten das Spiel über unterschiedliche Kommunikationskanäle (z. B. Smartphone App, Mobile Tablet, Webpage, Desktop-Webseite) abrufen, ihren Fußabdruck in einem sozialen Wettbewerb mit anderen NutzerInnen vergleichen und erhielten personalisierte, adaptive Verhaltenstipps.
Sowohl die Erprobung, Entwicklung und Evaluierung von Systemkomponenten als auch die Akzeptanz bei den VerbraucherInnen werden beachtet, so dass eine eindeutige Zuordnung zu dem genannten Schwerpunkt und Subschwerpunkt gegeben ist.
1.4 Verwendete Methoden
SPI – Fußabdruck: Berechnungs-Methode der TU Graz [spionweb.tugraz.at]
IKT: Gamification, Usability, Geräte-Präferenz
Evaluierung: Statistische Auswertungen
1.5 Identifikation und Image
Einen der schwierigsten Punkte für das Team bildete die Überlegung nach dem Namen, den das Spiel nach außen hin haben sollte. Unser Arbeitstitel „M2Lab“ war weder intuitiv noch motivierend, daher haben wir mit Hilfe von Kreativitätstechniken und Bewertungen einen Namen gesucht, der zum Gamification-Ansatz passen sollte.
Abbildung 1: Brainstorming zur Namensfindung
Trotz einiger „seriöser“ Vorschläge entschieden wir uns für den verspielten, aber gut zu merkenden „Captain Carbon“, wobei wir für die Identifikation der TeilnehmerInnen den Gegenpart der „Green Gang“ unter der Führung des grünen Helden ins Leben riefen.
„Green Gang versus Captain Carbon“, auch verkürzt als ggvcc, unser Titel, blieb trotz einiger Bedenken und Zweifel von Außen. Und zeigt auch immer noch den Grundgedanken der Gamification: auch Ernstes wie der Umweltschutz darf Spaß machen.
Abbildung 2: Header Spielseite
"Spielerisch die Welt zu verändern bewirkt mehr, als Weltveränderung zu spielen."
– Markus Moser –
Ergebnisse
1.1 Ergebnisse CO2– bzw. Fußabdrucksberechnung und -verrechnung
Einfache Abfragestrukturen: durch eine einfache Formularform konnten die SpielerInnen Ihre Daten eingeben
Abbildung 14: Eingabe der Parameter für Wohnen
Ergebnisdarstellung in Form einer einfach verständlichen Skala
(Für den Gesamtbalken: Aufsummierung der drei Teilbereiche Wohnen, Mobilität, Ernährung)
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Abbildung 15: Skalare Darstellung für SPI
Der Balken verschiebt sich mit den Änderungen im Inventar und veranschaulicht so dem User/der Userin auf einfache Art und Weise, wie sich sein/ihr Verhalten auf die Umwelt auswirkt.
Aussage über die prozentuelle Aufteilung der drei Bereiche beim/bei der DurchschnittsösterreicherIn
Bereich |
Anteil am Gesamtfußabdruck |
Anteil an der gesamten CO2-Menge |
Wohnen |
40% |
46% |
Mobilität |
47% |
43% |
Ernährung |
13% |
11% |
Der große CO2-Anteil beim Wohnen ergibt sich beim Durchschnittsösterreicher aus den fossilen Energieträgern und hier insbesondere aus der Kohle. Im Bereich Mobilität sind es die zurückgelegten Strecken mit dem PKW, die mit Abstand die größte Rolle spielen. Bei der Ernährung ist das Fleisch der größte Faktor, aber auch Milchprodukte spielen eine beträchtliche Rolle.
1.2 Schlussfolgerungen CO2– bzw. Fußabdrucksberechnung und -verrechnung
Die Unterschiede im Verhalten sind auch in den Werten klar ersichtlich.
Eine detaillierte Verrechnung ist sinnvoll für Bewusstseinsbildung.
Es macht Sinn in allen der drei Bereichen (Wohnen, Mobilität und Ernährung) sein Verhalten zu ändern.
1.3 Durchführung der Spielevaluierung & Methodik
Nach der Darstellung des Evaluierungsablaufes und dem Versand der Teilnahmebedingungen erklärten sich 114 Personen bereit an der Testphase teilzunehmen. Die Testphase bzw. Erhebungsdauer begann am 10.02.2014 und dauerte aufgrund des Rücklaufs bis 17.04.2014. Da die Testphase noch während der Heizperiode stattfand, konnten im Themenfeld Wohnen auch zu Heizenergieverbrauch gültige Daten gewonnen werden. Die Spielevaluierung wurde von 100 Personen vollständig abgeschlossen.
Um eine Veränderung der Einstellungen und Verhaltensweisen messen zu können, wurden die Testspieler aufgefordert, vor und nach der Spielphase an einer standardisierten Befragung teilzunehmen. Zur Abbildung der Verhaltensänderung werden in beiden Fragebögen gemeinsame Themengebiete abgefragt und anschließend verglichen. Vor der Befragung wurde ein Pretest des Fragebogens an 5 Personen durchgeführt. Die Erhebung wurde online durchgeführt. Zwischen Beantwortung des Vorher- und der Nachher-Fragebogens lagen durchschnittlich 21 Tage.
1.4 Ergebnisse: Spielverhalten und Nutzung der Spielelemente
Die Ergebnisse der Spielevaluierung umfassen erstens eine Darstellung des Spielverhaltens bzw. der Nutzung der einzelnen Spielelemente durch die Tester und zweitens eine Auswertung der Spieldaten unter Berücksichtigung der Angaben der Testpersonen vor und nach der Spielphase.
Die Aktivität der User wird durch die Anzahl der Parameterwechsel[1], Anzahl der gespielten Quizfragen und Anzahl der gestarteten Missionen beschrieben. Insgesamt konnten im Spiel 125 Quizfragen und 92 Missionen gespielt werden, wobei Missionen mehrmals durchgeführt werden konnten. Eine Analyse zur Nutzung des sozialen Vergleichs mittels Gilden/Gangs wird nicht durchgeführt, da diese Funktionalität während der Testphase nur in eingeschränktem Funktionsumfang zur Verfügung stand.
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Mittelwert |
Median |
Mittelwert |
Mittelwert |
Anzahl der Parameterwechsel |
3,9 |
3,0 |
4,0 |
3,7 |
Anzahl der gespielten Quizfragen |
79,37 |
81,5 |
77,7 |
84,9 |
Anzahl der gestarteten Missionen |
33,7 |
22,0 |
36,8 |
23,0 |
Um einen möglichen Einfluss der Nutzungsform, als App oder Web-Version, zu messen wurden die beschriebenen Aktivitätsvariablen gemittelt gegenübergestellt. Während sich bei der Anzahl der Parameterwechsel keine große Differenz zeigt, verhalten sich die durchschnittlich gespielten Quizfragen und gestarteten Missionen dieser Gruppen divergent.
Für die folgenden Auswertungsschritte werden die User auf Basis ihrer Aktivität gruppiert. Diese Gruppierung, in eine stark aktive Gruppe und eine weniger aktive Gruppe, wurde mit den oben beschriebenen drei Variablen anhand einer Clusteranalyse durchgeführt. Die Anzahl der Logins wurde in die Berechnung der Aktivität nicht aufgenommen, da aus technischen Gründen ausschließlich von den 77 Testern der Web-Version Login-Daten gesammelt werden konnten[2].
|
Stark aktive Spieler n=56 |
Weniger aktive Spieler n=44 |
Anzahl der Parameterwechsel |
4,0 |
3,8 |
Anzahl der gespielten Quizfragen |
113,55 |
35,8 |
Anzahl der gestarteten Missionen |
44,3 |
20,1 |
Anzahl der Spieltage |
5,1 |
3,1 |
Der Punktescore der User setzt sich aus den gespielten Quizfragen und Missionen zusammen. Der durchschnittliche Score der stark aktiven Gruppe liegt bei 3137,2, weniger aktive User erreichten im Durchschnitt einen Punktestand von 1172,0. Insgesamt wurden ca. 18% des Endpunktestandes durch Quizfragen erspielt und 82% durch Missionen.
1.5 Ergebnisse: Usability und Spielgestaltung
1.5.1 Resultat Datenschutz
Im Allgemeinen ist der Schutz der eigenen Daten und die Information, was mit diesen passiert für die Befragten wichtig. Die umgesetzten Datenschutzstrategien (z.B. eindeutige Datenschutzbestimmungen, Anonymisierung durch Nickname, Spieleangaben die keinen Rückschluss auf Person zulassen) im Spiel „Green Gang vs. Captain Carbon“ reduzieren die Skepsis der SpielerInnen. Überdurchschnittlich geringe Datenschutzbedenken haben vor allem Männer, ältere Personen und intensive Social Media NutzerInnen.
1.5.2 Resultat Benutzbarkeit und Gebrauchstauglichkeit
Um sich schneller im Spiel zurechtzufinden, müssen einleitende Hilfestellungen (z.B. Spielbeschreibung, FAQ`s) zum Spiel präsenter und klarer dargestellt werden. Zusätzlich ist es notwendig die zugrundeliegende Spielidee, den Zweck der gestellten Aufgaben (z.B. Missionen, Quiz) sowie die erzielbaren Resultate (CO2-Ausstoß, SPI-Fußabdruck) nachvollziehbarer zu erklären. Dem entsprechend ist es für viele SpielerInnen nicht klar, wie sie ihren Punktestand und vor allem den SPI-Fußabdruck durch ihr Spieleverhalten verändern können. Gerade dieser Aspekt erscheint aber besonders wichtig zu sein, um positive Bewusstseins- und letztlich auch Verhaltensänderungen im realen Leben herbeiführen zu können.
Die Implementierung von zusätzlichen Vergleichsmöglichkeiten (z.B. Österreich, letztjährigen Stand, anderen Spielern) wird von den meisten SpielerInnen gewünscht. Solche Vergleichsmöglichkeiten könnten einerseits eine Wettbewerbssituation schaffen und damit zu längerfristigem Spielen führen. Andererseits könnten sie das Bewusstsein für eine nachhaltige Lebensweise weiter sensibilisieren.
Der Gesamteindruck vom Spiel wird als neutral empfunden, jedoch machte das Spielen der Mehrzahl Spaß.
1.5.3 Resultat Game Engagement
Im Allgemeinen wird das Game Engagement im Spiel „Green Gang vs. Captain Carbon“ gering beurteilt. SpielerInnen lassen sich leicht durch etwas ablenken, konzentrieren sich nicht voll auf das Spiel und verlieren kaum den zeitlichen Bezug während des Spielens. Um die SpielerInnen motivieren und mitzureißen zu können, ist es notwendig, die zugrundeliegende Spielidee spannender und herausfordernder zu gestalten.
Es konnte jedoch gezeigt werden, dass das Spielen sowie die erzielten Spielresultate bei vielen Personen eine positive Verhaltensänderung im Alltag hervorrufen.
1.5.4 Resultat Gruppeneinfluss
Das Spiel erlaubt aktuell zwar das Beitreten zu einer Gilde (Gruppe), eine Kooperation oder ein Wettbewerb unter den Spieler ist aber nicht möglich. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die SpielerInnen angaben, dass andere Spieler ihr Verhalten kaum beeinflussen und sie sich nur gering mit anderen Spielern verbunden fühlen.
Die Spieler beurteilten prinzipiell ihren eigene Mitarbeit als auch den Gruppeneinfluss als wirksamen Betrag für den Klimaschutz. Spielfunktionen zur Förderung der Interaktion zwischen den Spielern (z.B. Der Einzelne sieht seinen Beitrag innerhalb der Gilde, Gilden stehen in Konkurrenz zueinander) und Anreize zur gemeinsamen Zielerreichung könnten zusätzlich dazu beitragen, dass die Motivation für ein längerfristiges Spielen gesteigert wird.
1.5.5 Resultat Personalisierung
Die Mehrzahl der SpielerInnen beurteilt die Abstimmung der Missionen und Quiz auf die eigene Lebenssituation als eher schlecht. Vor allem bei den Missionen sind Optimierungen nötig, die eine Umsetzung ermöglichen. Dies kann beispielsweise durch einfachere und nicht gravierende in die Alltagssituation eingreifende Missionen erreicht werden. Andererseits könnten aus den Basisdaten Zielgruppen rekonstruiert werden, auf welche Missionen besser abgestimmt sind.
1.6 Ergebnisse: Wirkung des Spiels
Zusammengefasst belegt der Vorher-Nachher-Vergleich des Fragebogens, dass das Spiel
erfolgreich konkrete Handlungsoptionen für klimafreundliches Verhalten vermittelt
den subjektiv empfundenen Handlungsspielraum der Spieler erweitert
einen Veränderungsimpuls für ihr Alltagsverhalten auslöst.
Die geringe absolute Höhe dieser Effekt ist vor dem Hintergrund der kurzen Testphase zu sehen – bei längerer Spieldauer, zusätzlichen Anreizen durch soziale Interaktionen in Gilden etc. wäre gut möglich, dass der Effekt größer ausfällt.
Es ist nicht anzunehmen, dass die Veränderungen zwischen Vorher- und Nachher-Befragung durch einen Versuchseffekt zustande gekommen sind, weil den Testspielern bewusst war, dass sie unter Beobachtung standen und daher übertrieben positiv im Sinne des Studienthemas antworteten (sog. Hawthorne-Effekt): Eine solche Antwortverzerrung wird durch die Aggregation von Einzelitems zu Indizes nivelliert, da es unwahrscheinlich ist, dass die Testspieler ein verzerrtes Antwortmuster über mehrere, nicht offensichtlich verbundene Einzelfragen hinweg durchhalten konnten.
[1] Eine Veränderung des Basisinventars und damit Neuberechnung des Fußabdrucks in den Bereichen Wohnen, Ernährung und Mobilität wird in diesem Bericht als Parameterwechsel bezeichnet.
[2] Beim Nutzen der iPhone App war jede Aktion ein „Login“, daher war ein Vergleich nicht sinnvoll möglich.
Downloads
Steckbrief
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Projektnummer834556
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Koordinator
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ProjektleitungMarkus Moser, markus.moser@axtesys.at
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FörderprogrammNeue Energien 2020
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Dauer04.2012 - 06.2014
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Budget474.967 €