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Innovation Sandbox im Energiebereich – mit Beteiligung von Nutzer:innen (Bürger:innen, Unternehmen)

Es ist wichtiger denn je, die Anliegen von Nutzer:innen frühzeitig und intensiv bei der Gestaltung der Energiesysteme der Zukunft miteinzubeziehen. Dafür gibt es drei wesentliche Gründe:

1) Eine hohe Akzeptanz und konkrete Verhaltensänderungen hinsichtlich der Produktion, der Speicherung, aber auch der Nutzung von erneuerbarer Energie durch unterschiedliche Akteur:innen in der Gesellschaft sind grundlegende Voraussetzungen, um Klimaschutzziele erreichen zu können.

2) Die Erreichung der Nachhaltigkeits- und Klimaschutzziele, insbesondere eines durchgängigen Einsatzes erneuerbarer Energie via Sektorkopplung in verschiedenen Bereichen, verlangt neue Formen der Zusammenarbeit mit Bürger:innen und Expert:innen aus unterschiedlichen Branchen und Disziplinen.

3) Hinzu kommt die Ermächtigung der Bürger:innen durch die digitale Transformation quer durch alle Branchen, welche zur klaren Erwartungshaltung führt, Energieentscheidungen mitgestalten zu können.

Im Pilotprojekt „Innovation Sandbox“ wurde ein systematischer Open-Innovation-Prozess mit unterschiedlichen Einbindungsmechanismen umgesetzt. So wurde, unmittelbar am Beginn des Projekts, in einem ergebnisoffenen Rechercheprozess, unter Einbindung von internationalen Expert:innen der inhaltliche Rahmen definiert und das Thema von bidirektionalem und gesteuertem Laden als relevantes Zukunftsfeld, mit hohem Beitrag zur Klimaneutralität identifiziert. Um die Erwartungen, Bedürfnisse und Ängste der Nutzer:innen zu ermitteln wurde ein Crowdsourcing-Prozess umgesetzt. 1.665 Bürger:innen haben sich beteiligt und Beiträge eingereicht. In einem zweitägigen Co-Creation-Prozess wurde der Input der Nutzer:innen mit spezifisch ausgewählten Expert:innen diskutiert und konkrete Rahmenbedingungen und Handlungsempfehlungen erarbeitet.

Das gesamte Pilotprojekt wurde unter der Prämisse durchgeführt, Nutzer:innen-Bedürfnissen in die Gestaltung von unter anderem regulatorischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen einzubinden und auch das Erlernen für die weitere Umsetzung von „Innovation Sandboxes“ zu ermöglichen.

Im Pilotprojekt wurden daher systematisch Ergebnisse auf zwei Ebenen generiert:
Ergebnis 1 – Inhaltsebene: Konkrete, an den NutzerInnen-Bedürfnissen (Bürger:innen, Unternehmen) ausgerichtete Handlungsempfehlungen für die Politik und Gestalter

Ergebnis 2 – Prozessebene: Ableitung eines Handbuchs, in dem beschrieben wird, wie für ein relevantes Thema ein ergebnisoffener, partizipativer Prozess mit unterschiedlichen Stakeholdern (zum Beispiel Bürger:innen, Politik, Energieversorgungsunternehmen und Regulatoren) gelingen kann. Dieses Handbuch kann zur Skalierung und Übertragung, also der Wiederholung ähnlicher Prozesse für andere Themenstellungen und unter unterschiedlichen regionalen Voraussetzungen, eingesetzt werden.

Ausgangssituation

Österreich hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 bilanziell 100% der Stromversorgung aus nachhaltigen Energiequellen zu beziehen. Der Großteil der erneuerbaren Energien ist witterungs-, sowie jahres- und tageszeitenbedingt großen Schwankungen ausgesetzt, weshalb für die Energiewende eine höhere Netzstabilität immer zentraler wird.

Zeitgleich wird sich die Anzahl der Neuzulassungen von Elektroautos in Österreich nach aktuellen Prognosen von 2021 mit 23.000 elektrisch betriebenen Autos auf 68.500 im Jahr 2030 steigern. Bereits jetzt hat Österreich den dritthöchsten Anteil an E-Autos bei Neuzulassungen in der EU. Diese große Anzahl an E-Autos bietet dabei einen massiven Vorteil: Nicht nur der Betrieb von E-Autos ist nachhaltiger als bei herkömmlich, fossil betriebenen Autos mit Verbrennungsmotor, auch kann künftig durch gesteuertes und bidirektionales Laden der E-Autos der Energiebedarf flexibilisiert, die Netzinfrastruktur entlastet und so langfristig die Energiewende vorangetrieben werden: Die Batterien der Autos werden entweder dann geladen, wenn es für das Netz vorteilhaft ist (gesteuertes Laden) oder es wird sogar die Batterie als Zwischenspeicher genutzt, um während der Beladung Strom aus dem Netz aufzunehmen und während der Entladung Strom in das Netz einzuspeisen (bidirektionales Laden).
Durch diese sogenannte Fahrzeug-Netz-Integration oder auch Vehicle-to-grid Technologie ist es möglich, das Stromnetz zu stabilisieren – mithilfe einer großen Zahl an bereits vorhandenen Batteriespeichern. Für den breiten Einsatz dieser Technologie ist eine Anpassung der Rahmenbedingungen in Österreich notwendig.

Projektverlauf

In einem breiten Rechercheprozess unter Einbezug internationaler Expert:innen wurde das Thema des bidirektionalen und gesteuerten Ladens als Zukunftsfeld für eine geringere CO2-Intensität im Energiesektor identifiziert. Gleichzeitig wurde der Fokus auf den Einsatz bei Unternehmensflotten gelegt, weil über sie einerseits eine große Marktdurchdringung ermöglicht wird und andererseits Mitarbeiter:innen und damit Bürger:innen erreicht werden. Dadurch können auch persönliche Bedenken adressiert werden, wie sie in der gesamten Bevölkerung vorkommen und die daher kritisch für den breiten Einsatz der Technologie sind.

Im Jahr 2021 hat der Klima- und Energiefonds das Green Energy Lab und winnovation consulting beauftragt, exakt in diesem Themenkomplex eine „Innovation Sandbox“ umzusetzen, über die Nutzer:innen-Bedürfnisse erhoben und daraus Rahmenbedingungen und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.

Im Rahmen dieser „Innovation Sandbox“ wurden aufbauend auf den Ergebnissen eines Online Crowdsourcings mit 1.665 Mitarbeiter:innen und Flottenverantwortlichen Rahmenbedingungen mit Expert:innen und weiteren Stakeholdern erarbeitet, die die Bedürfnisse und Bedenken der Nutzer:innen adressieren und dadurch den Rahmen bilden, um gesteuertes und bidirektionales Laden in Österreich breit einzusetzen.

Meilensteine

  1. Themenstellung der Innovation Sandbox mit hoher Relevanz für Energiebereich wurde definiert
  2. Die Konzeptionierung des Open-Innovation-Prozesses wurde erarbeitet
  3. Relevante Nutzer:innengruppen für die Interaktion wurden identifiziert und angesprochen
  4. Die Interaktion und Need Analyse mit Bürger:innen und Unternehmen wurde durchgeführt

"Gesteuertes und bidirektionales Laden werden eine breite Akzeptanz in Österreich finden und wesentlich zur Energiewende beitragen, wenn es gelingt, die Anliegen der E-Auto-Nutzer:innen ernst zu nehmen."

– Gertraud Leimüller –

Ergebnisse

Final wurden sieben Handlungsempfehlungen durch den Prozess entwickelt, die über die nächsten Jahre hinweg dazu beitragen können, gesteuertes und bidirektionales Laden breit in Unternehmensflotten in Österreich einzusetzen sowie ideale Rahmenbedingungen für einen breiten Einsatz von gesteuertem und bidirektionalem Laden identifiziert.

Die Handlungsempfehlungen richten sich vor allem an interessierte Personen aus Politik (Bund, Land Gemeinde), Vertreter:innen der Netzbetreiber und Energieversorgungsunternehmen, sowie an Vordenker:innen. Die entwickelten Handlungsempfehlungen bilden die Startrampe für weitere Diskussionen, Entscheidungsprozesse und Umsetzungsprojekte.

Zusätzlich zu den Rahmenbedingungen und Handlungsempfehlungen wurden drei weitere Ergebnisdokumente ausgearbeitet:
1) eine Darstellung zu den Potenzialen von bidirektionalem und gesteuertem Laden in Österreich,
2) eine Zusammenfassung der Ergebnisse des Crowdsourcings und
3) ein Handbuch, wie auch andere Organisationen die Methode der „Innovation Sandbox“ anwenden können.

 

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