IonA – Machbarkeitsstudie – Absorptionswärmepumpen mit ionischen Flüssigkeiten
Das Interesse an Absorptionskälteanlagen und -wärmepumpen ist in den letzten Jahren extrem angestiegen, da der thermische Antrieb des Kälteprozesses signifikante Treibhausgaseinsparungspotenziale eröffnet. Seit vielen Jahren werden große Anstrengungen unternommen, Alternativen zu den etablierten Arbeitsstoffpaarungen für Absorptionskreisläufe zu finden, da diese nachteilige Eigenschaften aufweisen (zB. Brennbarkeit und Notwendigkeit einer Rektifikation bzw. Korrosivität und extrem niedrige Absolutdrücke), die einer weiten Verbreitung tlw. entgegen stehen. Ionische Flüssigkeiten, d.h. Fluide die gezielt in Hinblick auf die benötigten Eigenschaften eines Lösungsmittels im Absorptionskreislauf aufgebaut sind, werden in der aktuellen Literatur als vielversprechende Alternativen gehandelt. Im Rahmen dieser Studie soll das Potenzial dieser Stoffe, mit Hilfe von Markt- und Literaturrecherchen sowie Simulationen abgeschätzt und neue F&E-Arbeiten initiiert werden.
Ausgangssituation
Neben der Prozessführung und den eingesetzten Komponenten selbst spielt die Wahl des Arbeitsstoffgemisches eine zentrale Rolle für die Effizienz und Kosten eines Absorptionswärmepumpen-Prozesses. Aus vielen bis jetzt untersuchten Arbeitsstoffgemischen haben sich nur zwei am Markt durchgesetzt: NH3 / H2O und H2O / LiBr. Beim ersten Stoffpaar handelt es sich meist um Anwendungen mit Verdampfungstemperaturen unter 0°C und beim zweiten ausschließlich um Anwendungen über 0°C. Weiters sind die Kristallisationsgefahr bei hohen Kühl- oder Antriebstemperaturen, und die hohe Korrosivität beim Stoffpaar H2O / LiBr von Nachteil. Obwohl diese Stoffgemische viele Vorteile besitzen, ist ihre praktische Anwendung wegen verschiedener Nachteile begrenzt. Bei der Verwendung des Stoffpaares NH3 / H2O herrschen im Kreislauf hohe Betriebsdrücke und man benötigt ggf. eine Rektifikationskolonne, um möglichst reinen Ammoniak-Dampf zu „erzeugen“. Diese Nachteile können zumindest theoretisch durch den Einsatz von ionischen Flüssigkeiten (IF) überwunden werden, sodass eventuell neue Anwendungsbereiche (z.B. Solares Kühlen) erschlossen werden können.
Als Ionischen Flüssigkeiten werden Flüssigkeiten bezeichnet, die, wie Salze, nur aus Ionen (Kationen und Anionen) bestehen. Der Unterschied zu den „bekannten“ Salzen (Kochsalz, Lithiumbromid usw.) liegt darin, dass sie schon bei Temperaturen unter 100 °C flüssig sind. Die Lage des Schmelzpunktes und andere Stoffeigenschaften von Ionischen Flüssigkeiten lassen sich über die gezielte Wahl der Kationen und Anionen „einstellen“. Weiters besitzen Ionischen Flüssigkeiten einen nicht messbaren kleinen Dampfdruck. Aufgrund dessen bieten sie sich als Absorptionsmittel in Absorptionswärmepumpen-Prozessen an. International laufen derzeit einige Untersuchungen hinsichtlich des Einsatzes von ionischen Flüssigkeiten in Absorptionswärmepumpen. Diese belegen bereits, dass die nachteiligen Eigenschaften der konventionellen Stoffpaare durch den Einsatz der ionischen Flüssigkeiten teilweise überwunden werden können.
Projektverlauf
Aufbauend auf einer Literatur-, Patent-, und Marktrecherche für ionische Flüssigkeiten und deren Stoffwerte wurden thermodynamische Simulationen durchgeführt und die Simulationsergebnisse mit dem Stand der Technik verglichen. Anschließend wurde ein Ausblick bezüglich des weiteren Bedarfes für Forschung und Entwicklung der AWP-Prozesse mit ionischen Flüssigkeiten ausgearbeitet.
Um das Potential von ionischen Flüssigkeiten abschätzen zu können wurden thermodynamische Simulationen mithilfe des Software-Programms ASPEN Plus durchgeführt. Die Software ist dafür geeignet, da Modelle von verschiedenen verfahrenstechnischen Komponenten bereits integriert sind. ASPEN Plus ermöglicht es den Absorptions-Prozess aus den verfügbaren Komponenten, wie z. B. Rektifikationssäule, Absorber, Mischer, Abscheider, Wärmetauscher, Pumpe, Ventil, usw., zusammenzusetzen und zu berechnen. Zur thermodynamischen Analyse wurden zwei Modelle verwendet: eines mit Rektifikationskolonne (für NH3 / H2O Absorptionswärmepumpe) und eines ohne Rektifikationskolonne (für NH3 / ionische Flüssigkeit Absorptionswärmepumpen‑Prozess). Für die Simulationen mit ionischen Flüssigkeiten wurde das thermodynamische Modell „NRTL“ und für die Simulationen einer konventionellen NH3 / H2O Absoprtionswärmepumpe das Modell „Peng-Robinson“ verwendet. Zur Berechnung der Stoffdaten von Gemischen aus ionischen Flüssigkeiten und z.B. Wasser oder Ammoniak wurde auf die Datenbank „ILThermo“ zurückgegriffen.
Ergebnisse
Die einschlägige Literaturrecherche im Bereich der ionische Flüssigkeiten hat ergeben, dass diese als Absorptionsmittel mit Ammoniak, Wasser, Kohlendioxid und 2,2,2 Trifluoroethanol (TFE) verwendet werden können. Dabei werden ionische Flüssigkeiten hauptsächlich mit Ammoniak oder Wasser als Kältemittel in Absorptionswärmepumpen-Prozessen untersucht. Bei den meisten Prozessen mit ionischen Flüssigkeiten wird keine Rektifikationskolonne benötigt, um eine ausreichende NH3‑Konzentration im ausgetriebenen Kältemittel-Dampf zu gewährleisten
Basierend auf den Projektergebnissen, kann gesagt werden, dass die untersuchten Stoffgemische mit ionischen Flüssigkeiten aus heutiger Sicht mit den konventionellen Stoffpaaren (NH3 / H2O und H2O / LiBr) noch nicht konkurrenzfähig sind. Speziell für die Gemische NH3 / ionische Flüssigkeit ist weiterer Forschungs- und Entwicklungsbedarf bzgl. folgender Aspekte gegeben:
- Allgemein kann gesagt werden dass der COPC der untersuchten NH3/ionische Flüssigkeit Absorptionswärmepumpen-Prozesse stärker mit steigendem Temperaturhub abnimmt, als der einer konventionellen NH3 / H2O Absorptionswärmepumpe. Dies geschieht aufgrund der geringeren Entgasungsbreite (Unterschied zwischen NH3-Konzentrationen in der reichen und armen Lösung) und des damit verbundenen höheren notwendigen Lösungsumlaufes (Verhältnis des Durchflusses der reichen Lösung zum Durchfluss des Kältemittels)
- neue ionische Flüssigkeiten mit einer flacher verlaufenden Siedelinie, d.h. Fluide die einen geringeren spezifischen Lösungsumlauf ermöglichen, müssen gefunden werden;
- zur Verbesserung der Qualität der Simulationsergebnisse sind Messdaten – im für die Simulation relevanten Temperatur- und Druckbereich – notwendig;
- zur Validierung der Simulationsergebnisse und zum Sammeln erster Betriebserfahrungen mit ionischen Flüssigkeiten sind experimentelle Untersuchungen in einem Absorptionskälteanlagen-/wärmepumpen‑Prüfstand unumgänglich.
Steckbrief
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Projektnummer825477
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Koordinator
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ProjektleitungRene Rieberer, rene.rieberer@tugraz.at
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SchlagwörterEnergieeffizienz, Erneuerbare Energie, Kältemittel, Modellierung, Wärmepumpe
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FörderprogrammNeue Energien 2020
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Dauer01.2010 - 07.2013
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Budget74.315 €