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INEA Intelligente Netze und Endkundenanwendungen

Klassische Smart Grid Projekte gibt es mittlerweile schon sehr viele – die Ansätze erfolgen aber immer aus Sicht der Netzbetreiber. Der Endkundenbereich und dessen Optimierungspotential wird in den bisherigen Smart Grid Konzepten nicht ausreichend berücksichtigt.

 Bisher wurden Stromnetze immer als Top – Down Netze ausgehend von der Höchstspannungsebene hin zu der Niederspannungsebene entworfen, d.h. der Leistungsfluss verteilt sich von der Höchstspannungsebene aus über die Hoch- und Mittelspannungsebene hin zur Niederspannungsebene. Dieses Konzept wird nun durch den Boom an dezentraler Erzeugung konterkariert, die für eine Umkehr der Energieflussrichtung von der Niederspannungsebene ausgehend, hin zu den höheren Spannungsebenen sorgt. Dabei entstehen vor allem Engpässe und Spannungsqualitätsprobleme im Niederspannungs- und Mittelspannungsbereich – zum Teil sogar auf höheren Spannungsebenen.  Die Netzbetreiber versuchen nun, diesen Engpässen mit unterschiedlichen Konzepten für das Verteilnetz entgegenzuwirken.

 An dieser Stelle setzen nun die bisherigen Ideen für Smart Grids ein. Dabei wird versucht Spannungs- und Leistungsflussänderungen auf der Endkundenseite durch intelligente Regelmechanismen (Spannungs- und Blindleistungsregelung) in den Anlagen des Verteilnetzes auszugleichen. Der hierfür nötige Aufwand erstreckt sich von der Messdatenerfassung und ‑weiterleitung im Verteilnetz bis hin zur Umrüstung von hochspannungstechnischen Anlagen – dennoch sind auf diese Weise nicht alle Spannungsqualitätsprobleme beherrschbar.  

 Prinzipbedingt können derzeitige Smart Grid Ansätze nur einen sinnvollen Durchschnittsspannungswert, basierend auf verfügbaren Messdaten einstellen. Eine Versorgungsspannung, die jedem Endkunden gerecht wird, ist auf diese Weise nicht möglich.

 Hier setzt der Smart-Grid-Ansatz dieses Projektes an: Anstatt aufwändig und teuer die Verteilnetzanlagen zu verstärken und/oder auf intelligente Regelungen umzurüsten, soll untersucht werden, welche elektrischen Geräte der Endkunden auf welche Weise ausfallssicherer gemacht bzw. welche Technologien für eine Spannungsqualitätsrestauration beim Endkunden angewendet werden können. Dazu werden typische Endkunden anhand deren Anforderungen und Verhaltensmuster untersucht sowie die Anforderungen und Leistungsmerkmale von Endkundengeräten analysiert und einem Vergleich mit bestehenden Smart Grid Technologien unterzogen. Darüber hinaus soll untersucht werden, welche robusten und kostengünstigen Möglichkeiten es gibt, die Spannungsqualität vor Ort nachhaltig zu verbessern, Vor-/Nachteile aufzuzeigen sowie eine volkswirtschaftliche Betrachtung und Empfehlung durchzuführen.

 Klassische Netzausbauten und Smart Grid Technologien belasten aus unterschiedlichen Gründen die österreichische und europäische CO2 Bilanz. Dies liegt hauptsächlich am erhöhten Materialeinsatz und der durch die nötigen Regelvorgänge verursachte Regelenergie im Verteilnetz.

 Gelingt es durch Maßnahmen auf Kundenseite Netzausbauten und Regelvorgänge zu verringern, eröffnet sich ein gewaltiges CO2 Einsparungspotential. Endkundengeräte ähneln sich in ganz Europa – einfache Anpassungen führen somit zu einem gewaltigen Multiplikationseffekt im gesamten EU – Raum. Es ist in dieser Sondierung darzulegen, wie groß das erzielbare CO2 Einsparungspotential ist und wie dieses nachgewiesen werden kann. Dies erfolgt anhand des Vergleichs von typischen Betriebszuständen in einem realen Verteilnetz und anschließender Hochrechnung unter projektspezifischen Voraussetzungen und –vorgaben.

Ausgangssituation

Die Nennspannungen von Stromnetzen gestalten sich weltweit aus historischen Gründen uneinheitlich und auch in Europa hat sich diesbezüglich in den letzten zwei Jahrzehnten viel verändert. In Österreich werden seit dem 1. Jänner 1993 neue Betriebsmittel für 400/230 V ausgelegt und entsprechend gekennzeichnet [ÖVE/ÖNORM E 1100-2]. Davor waren die Betriebsmittel für 380/220 V ausgelegt. Da in Europa zu diesem Zeitpunkt auch noch andere Spannungswerte verwendet wurden – z.B. Großbritannien mit 415/240 V – strebte die EU eine Vereinheitlichung auf 400/230 V an. Nach Übergangsfristen werden nun in der EU seit 2008 einheitlich die Nennspannungen 400/230 V verwendet. Der empfohlene Toleranzbereich liegt gemäß ÖVE/ÖNORM E 1100-2 bei +/-10%.

Begleitet wurden diese Spannungsanpassungen in Europa immer wieder mit Forderungen, die Spannungstoleranzen zu ändern – in die eine wie die andere Richtung. Es gab seitens der Industrie Bestrebungen die Toleranz auf +/-6 % (informell wurden gar +/-3 % angedacht) einzugrenzen, auf Seiten der Energieversorger wurden Überlegungen zu einer Ausweitung der Grenzen getätigt. Für diese Änderungen der Nennspannungstoleranzen gab es unterschiedliche Gründe – so wollte die Elektroindustrie beispielsweise einfachere und damit kostengünstigere Netzteile bauen, die Energieversorger hingegen führten hohe Netzkosten für enge Toleranzbänder ins Treffen.

Mittlerweile hat die ständige Weiterentwicklung der industriellen Elektronik jedoch zum Trend der Weitbereichsnetzteile geführt – Netzteile, die mit Spannungen von z.B. 100 V bis 240 V sicher umgehen können. Diese Weitbereichsnetzteile sind universell auf der ganzen Welt einsetzbar (somit auch in Gegenden mit z.B. 120 V, 60 Hz Spannungen) und vereinfachen somit massiv für die Industrie den Anpassungsaufwand an die örtlichen Gegebenheiten.

Die Versorgung mit elektrischer Energie erfordert ein abgestimmtes Konzept zwischen Kraftwerksbetreiber, Netzbetreiber und Verbraucher. In der Vergangenheit gestaltete sich dieses Konzept relativ einfach: Die Energiezeugung fand hauptsächlich in Großkraftwerken statt und die erzeugte Energie wurde über das Übertragungs-/Verteilnetz zu den jeweiligen Energiekunden geleitet. Der Weg der zu transportierenden Energie war somit zum Großteil festgelegt: Von den Kraftwerken über das Netz zu den Verbrauchern.

Im Hinblick auf drohende Umweltbelastungen durch fossile Energieerzeugung haben die Europäische Union wie auch nationale Regierungen begonnen, alternative regenerative Energieerzeugung zu fördern. Mit den „20/20/20 Zielen“ der EU wurde seit 2008/2009 ein regelrechter Boom an erneuerbarer Energieerzeugung in der Europäischen Union ausgelöst. Diese Energieerzeugung entstand jedoch vielfach außerhalb der Lastschwerpunkte, also dezentral. Solange diese dezentral erzeugten Energiemengen klein im Verhältnis zu den transportierten Netzverbrauchslasten waren, genügten relative bescheidene Anpassungen in den Verteilernetzen.

Mittlerweile hat der Boom an erneuerbarer Energieerzeugung jedoch Größenordnungen angenommen, die einerseits aufgrund der Energiemenge und andererseits aufgrund der zeitlich volatilen Energieerzeugung von hauptsächlich Wind- und Sonnenenergie zu einem sich ständig ändernden Leistungsverlauf in den Netzen geführt hat. Dies erschwert die Netzbetriebsführung zum Teil enorm und verlangt nach Netzanpassungen und Netzausbauten.

 Diese sich ständig ändernden Leistungsflüsse führen beim Endkunden zu einer Reihe von Änderungen der Nennspannungsqualitätsparameter. Die Änderung der Netzspannungshöhe beim Endkunden ist nicht die einzige, aber eine gravierende Einflussgröße auf den sicheren und störungsfreien Betrieb von Endkundengeräten. So führen plötzlich auftretende Änderungen der Versorgungsspannung zu Intensitätsänderungen von Leuchtmitteln, was sich durch ein Flackern unangenehm bemerkbar macht. Über- oder unterschreitet die Versorgungsspannung die Nennspannungstoleranzgrenzen kann es zusätzlich zu Gerätefehlfunktionen und Gerätebeschädigungen kommen. Aus diesem Grund gibt es Normen, die die Spannungsqualität beschreiben und Grenzwerte festlegen (hauptsächlich IEC 61000 und EN 50160). Weitere wichtige Einflussparameter sind die Frequenz, der Oberwellenanteil oder Symmetrieeigenschaften. 

Damit nun Fehlfunktionen oder gar Beschädigungen von Endkundengeräten  vermieden werden können, reagieren die Netzbetreiber mit Anpassungen der Stromnetze an die jeweiligen Herausforderungen. Der klassische Ansatz dabei sind Netzverstärkungsmaßnahmen. Da dies aber oftmals schwierig und daher meist sehr aufwendig und teuer durchzuführen ist (z.B. Grabungen in Ortskernen; Ersatz von langen Leitungen in schwierigem alpinen Gelände etc.), gibt es seit Jahren Bestrebungen mittels intelligenten Regelmechanismen (Smart Grid) bestehende Netze besser auszunützen und teure Netzverstärkungen zu vermeiden oder zu zumindest zu verringern.

Der am häufigsten angewandte Ansatz ist dabei die sogenannte Spannungs-/Blindleistungsregelung, bei der mittels intelligenten Regelmechanismen im Verteilernetz versucht wird, eine Spannungsanpassung beim Endkunden zu erreichen. Diese Regelungen können in Transformatorstationen vor Ort eingebaut werden, haben aber den prinzipbedingten Nachteil, dass die Spannungshöhe nur an der Transformatorstation einstellbar ist.

Beispiel: Ein Kunde ist sehr nahe an der Transformatorstation, ein Kunde einen Kilometer entfernt. Um die Spannungsabfälle für den zuletzt genannten Kunden auszugleichen, müsste die Regelung in  der Transformatorstation die Spannung in derselben erhöhen – damit steigt die Spannung jedoch beim nahegelegen Kunden an – unter Umständen auf unzulässige Werte. Deshalb kann an der Transformatorstation nur ein für alle Kunden sinnvoller Durchschnittsspannungswert eingestellt werden.

 Bei all diesen netztechnischen Adaptionen (Netzverstärkungen und Smart Grid Maßnahmen) werden jedoch die Möglichkeiten einer Spannungsadaption auf Kundenseite nicht ausreichend berücksichtigt. Könnten die Geräte auf Kundenseite mit größeren Versorgungsspannungsänderungen umgehen oder gelingt es mit Netzspannungsrestauratoren die Spannungsqualität zu verbessern, würde die Notwendigkeit entfallen, die Netzspannung regeln zu müssen. Damit entfiele oder verringerte sich der Aufwand für den Netzbetreiber und auch für jene Kunden, die bereits mit korrekten Spannungswerten versorgt werden. Auf obiges Beispiel umgelegt, müsste der Netzbetreiber seine Transformatorstation lediglich mit den bestehenden Ausrüstungen auf die Bedürfnisse der im näheren Umkreis befindlichen Kundenanlagen ausrichten, die höheren Anforderungen der weiter entfernten Kunden würde kostengünstig direkt bei jenen Kundenanlagen vor Ort geschehen, die eine Adaption benötigen. Auf diese Weise ergibt sich eine ideale Kombination zwischen Maßnahmen auf Netzbetreiberseite und solchen auf Kundenseite.

Das Projekt INEA untersuchte im Rahmen einer Sondierungsstudie, welche Endkundengeräte sich für Spannungsadaptionen vor Ort eigenen würden bzw. welche Technologien zur Netzspannungsrestauration zur Verfügung stehen und schätzte die Auswirkungen hinsichtlich Kosten, Einsparungen und Einfluss auf Treibhausgasemissionen ab. 

Dabei ging das Projekt INEA von folgendem Ansatz aus:

Spannungsqualitätsprobleme treffen vor allem jene Kunden, die weiter entfernt von Transformatorstationen gelegen sind. Firmenkunden sind aufgrund des zumeist deutlich höheren Leistungsbedarfs netztechnisch gesehen besser angebunden (da zumeist im unmittelbaren Bereich von Transformatorstationen angesiedelt) als Endkunden und landwirtschaftliche Betriebe abseits der Ballungszentren. In der Vorstudie wird nun die Eignung der Endkundengeräte bzw. Netzspannungsrestauratoren  für einen netzrobusten Betrieb aufgezeigt, die dadurch erzielbaren Verringerungen an Netzadaptionen und Netzregelvorgängen im Verteilnetz analysiert und auch wie sich die damit einhergehenden Einsparungen auf die CO2 Bilanz auswirken.

 

 

Projektverlauf

  1. Untersuchung der typischen Endkundengeräte im Haushalts- und Landwirtschaftsbereich auf Benutzerverhalten, Tauglichkeit für netztoleranten Betrieb und Umrüstbedarf sowie Umrüstmöglichkeiten
  2. Untersuchung der gängigen Netzspannungsrestauratoren hinsichtlich netztoleranten Betrieb
  3. Analyse der zur Verfügung stehenden Weitbereichsnetzteile
  4. Festlegung von Prüfanforderungen und Prüfmethoden zur Sicherstellung des netzrobusten Betriebes
  5. Analyse des Einsparpotentials an Netzausbauten und verringerten Netzregelvorgängen
  6. Wirtschaftliche Betrachtung und Marktpotentialabschätzung
  7. Analyse des Marktrisikos einer solchen Technologie
  8. Analyse und Effekte dieser Technologie auf die Treibhausgasbilanz und Entwickeln einer Nachweisstrategie

Die untersuchungsrelevanten Bereiche dieser Sondierungsstudie wurden mittels empirischen Analysen genau definierter Fallbeispiele durchgeführt. Dazu wurden zunächst aus Anlagenerrichter- und Netzbetreibersicht diejenigen netztechnischen Situationen erfasst, deren Lösung eine häufige betriebstechnische Aufgabe darstellt. Des Weiteren wurden die von diesen Netzsituationen häufig betroffenen Endkunden erhoben und auf diese Weise Referenzsituationen festgelegt, die in Folge analysiert wurden. Im Anschluss wurden zu diesen definierten Referenzzuständen die für den jeweiligen Anwendungsfall zu betrachtenden Endkundengeräte erhoben und in einem weiteren Schritt wurden die nötigen Anpassungen definiert.

 In Folge wurde mittels Herstellerangaben, Betriebsmittelbeschreibungen und Computersimulationen die Leistungsfähigkeit verfügbarer Weitbereichsnetzteile sowie Netzspannungsrestauratoren in Hinblick auf die geforderten Anwendungen dargestellt.

 Für beide genannten Anwendungsszenarien wurden mittels Literaturangaben und Computersimulationen eindeutig festlegbare Leitungsbeschreibungen, die hierfür nötigen Prüfanforderungen und Prüfmethoden sowie die erforderliche Stichprobenanzahl festgelegt.

Die Analyse des Einsparungspotentials durch vermiedene Netzausbauten wurde anhand der erhobenen Referenzzustände in Abhängigkeit des möglichen kundenseitigen Verbesserungsfaktors mit Echtkosten dargelegt und stellte die Basis für die wirtschaftliche Betrachtung und Marktpotentialabschätzung dar.

 Die sich ergebende Kosten – Nutzen – Analyse stellte auch die Basis für die Analyse des Marktrisikos dar. Zusätzlich wurden die im Projekt befindlichen Entscheidungsträger auf Anlagenerrichterseite um deren Einschätzung gebeten und im Einklang mit öffentlichen Stellungnahmen relevanter Interessenvertretungen auf Netzbetreiber-  wie auch auf Industrieseite wurde eine Risikodarstellung erarbeitet. Die Relevanz dieses Technologieansatzes für Treibhausgasemissionsverbesserungen wurde mittels Hochrechnung der bislang analysierten Referenzsituationen dargestellt.

Meilensteine

  1. Projektstart
  2. Analyse des Kundenverhaltens
  3. Analyse der Geräteeigenschaften
  4. Festlegen der Prüfanforderungen und Prüfmethoden
  5. Technische Analyse der Reduktion des Netzausbaus und des Regelaufwandes
  6. Technische Analyse der Auswirkungen auf die Treibhausgasbilanz
  7. Wirtschaftliche Analyse des Einspar- und Marktpotentials
  8. Analyse des Marktrisikos
  9. Wirtschaftliche Analyse der Auswirkungen auf die Treibhausgasbilanz
  10. Evaluierung aller Ergebnisse und Analysen
  11. Projektende

""Wir tun uns schwer mit der Notwendigkeit, Energie zu sparen. Dabei handelt es sich eigentlich darum, keine zu verschwenden.""

– "Paul Schibler" (1930 - 2015), Schweizer Aphoristiker –

Ergebnisse

  1. Erstellung einer Eignungs- und Anforderungsliste für Endkundengeräte im Haushalts- und Landwirtschaftsbereich hinsichtlich Tauglichkeit für netzrobusten Betrieb, Umrüstbarkeit, Ausschließungsgründe, Alternativen und Kosten
  2. Erstellen der Eignungs- und Anforderungskriterien für Netzspannungsrestauratoren
  3. Darstellung der Tauglichkeit, Leistungsfähigkeit und Einschränkungen handelsüblicher Weitbereichsnetzteile
  4. Definition der aussagekräftigen Prüfanforderungen und Prüfmethoden
  5. Abschätzung des Einsparpotentials an Netzausbauten und verringerten Netzregelvorgängen
  6. Erstellen einer wirtschaftliche Bedarfs- und Auswirkungsanalyse inkl. Abschätzung des sich ergebenden Marktpotentials
  7. Darstellung des Marktrisikos der Technologie
  8. Abschätzung der Auswirkungen der Technologie auf die Treibhausbilanz

Laut EN 50160 darf die Netzspannung in Österreich um maximal ±10 % von 230 V abweichen. In diesem Rahmen garantieren auch die Hersteller von Elektrogeräten eine fehlerfreie Funktion. Eine Überschreitung dieses Toleranzbereichs ist nicht sinnvoll, da dann die Geräte eine erhöhte Spannungsfestigkeit auf- und nachweisen müssten, was im Sinne einer weltweiten Anwendungsmöglichkeit keine praktikable Vorgehensweise darstellt. Was bei einer Unterschreitung dieser Grenze geschieht, ist allerdings nicht eindeutig festgelegt.

Diversen Gerüchten zu Folge – unter anderem aus dem Internet – sollen manche Haushaltsgeräte durch einen kurzen oder länger andauernden Spannungseinbruch nachhaltig beschädigt worden sein. Beispielsweise sollen Heizlüfter überhitzen oder Motoren von Kühlschränken und Klimaanlagen durchbrennen, da diese angeblich stecken bleiben. Dazu ist auszuführen, dass die derzeitigen Geräte auch im Fall von Spannungseinbrüchen sicher sein müssen – die Funktion des Gerätes kann gestört sein, das Gerät selbst muss aber in jedem Fall sicher sein, da Spannungseinbrüche nicht verhinderbar sind. Gerade die in Haushaltsgeräten verwendeten Universalmotoren sind in einem weiten Spannungsbereich betreibbar, es ändert sich nur die Drehzahl der Antriebe. Ein Steckenbleiben durch Unterspannung ist aufgrund der aktuellen EU-weit harmonisierten Niederspannungsgeräteverordnung nicht zulässig. Selbstverständlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein beschädigter Motor stecken bleiben kann – dies ist aber nicht mit einer verringerten Betriebsspannung begründbar (im Endkundenbereich).

Zur messtechnischen Überprüfung wurden insgesamt bei 49 typischen Haushaltsgerätearten (die tatsächliche Prüflingsanzahl war 63 aufgrund mehrere gleichartiger Leuchtmittel) Unterspannungsmessungen bis zu 70 % der Nennspannung durchgeführt und deren Verhalten dokumentiert. Dabei können die Geräte in drei Kategorien eingeteilt werden:

–       Geräte mit Schaltnetzteilen,

–       mit linearem Leistungsverlauf und

–       mit quadratischem Leistungsverlauf.

Bei modernen Schaltnetzteilen spielt ein Spannungseinbruch keine Rolle, da dies mit einer erhöhten Stromaufnahme kompensiert wird. Nachdem sich diese Geräte in einer sehr niedrigen Leistungsklasse befinden, überschreiten die Eingangsströme keinerlei Grenzwerte. Eine einwandfreie Funktion ist auch noch bei Netzspannungen weit unter 70 % stets gegeben. Geräte, wie beispielsweise LED-Spots, die einen linearen Leistungsverlauf besitzen, funktionieren auch bei geringeren Spannungen mit lediglich etwas verminderter Leistung.

Eine deutliche Auswirkung eines Spannungseinbruches ist jedoch bei Geräten mit quadratischem Leistungsverlauf zu beobachten. Wenn die Netzspannung auf 70 % des Nennwertes gefallen ist, beträgt die Leistungsaufnahme naturgemäß nur mehr um die 50 %. Bei Wärmegeräten, wie z.B. einem Wasserkocher, bedeutet dies eine Verlängerung der Kochzeit um den Faktor 2,3. Bei einem Minibackofen stiegt die Aufheizzeit um den Faktor 3,3 während ein weiterer Backofen mit einer Vorheizzeit von über einer Stunde bereits als nicht mehr brauchbar einzustufen ist. Dazu ist grundsätzlich zu sagen, dass ein dauerhafter Spannungsabfall auf 70 % der Nennspannung ein vom Projektleiter definierter „Worst case“ Fall ist der in der Praxis nicht das Auslegungskriterium darstellt.

Ein besonderer Einsatzbereich für die gegenständlichen Netzbereiche liegt im Bereich von Fotovoltaikanlagen im Privatbereich, da diese die lokale Spannung anheben könnten. Als Gegenmaßnahme könnte die Nennspannung von Netzbetreiber um z.B. 5 % gesenkt werden – die Geräte würden dann grundsätzlich mit 218,5 V betrieben werden, was immer noch innerhalb des Toleranzbandes liegen würde. In diesem Fall könnte es aber passieren, dass zu gewissen Zeiten die Spannung kleiner als 207 V wird (untere Grenze des Normspannungsbereichs). Dies wäre aber nur zeitweilig und nicht dauerhaft und würde auch nicht den Bereich von 70 % der ursprünglichen Nennspannung erreichen. Zudem findet nach der Aufheizperiode keine ständige Leistungsaufnahme mehr statt, sondern es handelt sich um ein Takten der Heizleistung zur Aufrechterhaltung des eingestellten Temperaturverlaufs.

Positiv hervorzuheben ist, dass keines der getesteten Geräte bei den Messungen mit verringerter Spannung beschädigt wurde. Nachdem alle CE-konformen Geräte diverse Sicherheitsschalter und Thermosicherungen besitzen müssen, werden auch Heizlüfter und Kühlkompressoren nicht beschädigt. Wenn bei einem Kühlschrank die Netzspannung so weit vermindert wird, dass der Motor den Kompressor nicht mehr antreiben kann und somit stehen bleibt, schaltet eine Thermosicherung den Strom ab, um eine Beschädigung zu verhindern. Ebenso wird der Heizlüfter von einem Thermostat geschützt, wenn der Lüfter stehen bleibt und die Heizung weiter aktiv ist. Bis auf den Wäschetrockner (Funktion bis 75 % der Nennspannung), dem Geschirrspüler (Funktion bis 80 % der Nennspannung) und dem Induktionsherd (Funktion bis 80 % der Nennspannung) haben alle Haushaltsgeräte innerhalb der Messgrenzen (70 % der Nennspannung) stets funktioniert.

Besonders hervorzuheben ist die Kongruenz von theoretischer Ermittlung der Funktionsfähigkeit von elektrotechnischen Geräten zur tatsächlichen Funktion der Geräte im Labortest. So konnten insbesondere die aus den Datenblättern der Komponenten abgeleiteten Betriebsbedingungen von Schaltnetzteilen in Bezug auf Spannung und Frequenz empirisch verifiziert werden.

 Problematisch war in Bezug auf den Aufbau des Test- und Messsystems insbesondere die Möglichkeit der Frequenzregelung, da die verwendeten Industriekomponenten auf Ungleichheit der einzelnen Phasen mit Abschaltung reagieren und daher eigene Transformatoren zur Gleichverteilung konzipiert werden mussten.

Weiters war problematisch, dass einige Geräte auf Frequenzänderungen mit Nichtfunktion reagierten bzw. sogar defekt wurden. Dies betraf in erster Linie die LED Lampen und ein Schaltnetzteil eines Radios.

 Allgemein ist anzumerken, dass Frequenzänderungen infolge von Spannungseinbrüchen bei Blackouts vorkommen und nicht den Regelfall darstellen. Spannungseinbrüche, die aufgrund eines unterdimensionierten Netzes bei Überlastung entstehen, haben keine Frequenzänderung zur Folge. Frequenzänderungen sind daher für die gegenständlichen Untersuchungen nicht relevant, müssen aber als Bestandteil der Spannungsqualitätsbeurteilung mit überprüft werden.

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