INXS Industrial Excess Heat – Erhebung industrieller Abwärmepotentiale in Österreich
Die Energiewende wird hauptsächlich stromfokussiert betrachtet, jedoch stellen industrielle Abwärmen aufgrund der hohen Industrialisierung in Österreich energetisch sowie exergetisch Schwerpunkte für die Erreichung von Klimazielen dar. Da diese aber nicht vollständig erhoben und Rahmenbedingungen unzureichend erforscht sind, gibt es Hemmnisse zur Umsetzung von Industrieller Abwärmenutzung. Geschäftsmodelle und Empfehlungen für politische Unterstützungsinstrumente sollen diese Hemmungen in der Umsetzung aus dem Weg räumen.
Um auch die zukünftigen Energiemengen der industriellen Abwärmepotentiale abschätzen zu können, werden neue Prozesse und Produktionssysteme abgebildet, wodurch neben dem derzeitig vorhandenen Potential auch Aussagen für die Jahre 2030 und 2040 getroffen werden können.
Ausgangssituation
Die Energiewende wird bisher vor allem im Stromsektor umgesetzt, dennoch besteht auch in den Sektoren Wärme und Mobilität großes Potenzial. Durch den hohen Bedarf an Prozesswärme in der österreichischen Industrie geht ein großer Teil dieser als Abwärme meist ungenutzt verloren. Die anfallenden industriellen Abwärmen können aber in einer kaskadischen Energienutzungskette weiterverwendet werden und dabei einen Teil des österreichischen Wärmebedarfs decken.
Im Endbericht der Begleitforschung, die im Rahmen der Entwicklung der österreichischen Wärmestrategie durchgeführt wurde, wird klar festgehalten, dass eine umfassende Datenbasis zum österreichischen Abwärmepotenzial fehlt und daher erarbeitet werden muss. Eine Analyse der vorliegenden Erhebungen zeigt, dass nur lokale Ausschnitte der Abwärmepotenziale in Österreich verfügbar sind, Daten nicht detailliert genug, unvollständig oder veraltet vorliegen.
Projektverlauf
Bei der hier angewandten Methode muss nicht auf interne Energiedaten der Industrie zugegriffen werden. Zunächst wird die im Betrieb eingesetzte Energie ermittelt, wobei zwischen dem Bottom-up- und Top-down-Ansatz unterschieden wird. Der Bottom-up-Ansatz basiert auf öffentlich zugänglichen Daten wie Umweltberichten, EMAS-Umwelterklärungen oder Unternehmensberichten, oder es wird vom CO2 aus dem ETS-Register der EU auf den Energieeinsatz zurück gerechnet. Prozessbedingtes CO2 (z.B. Stahlindustrie, Zementherstellung) als auch exotherme und endotherme Reaktionen müssen entsprechend berücksichtigt werden. Bei Top-Down-Ansätzen werden aus statistischen Daten (z.B. Energie pro Mitarbeiter) Kennzahlen gebildet, aus denen dann der Energiebedarf der Unternehmen ermittelt wird.
Ist der Energieeintrag bekannt, werden beim BU-Verfahren im nächsten Schritt die Prozesse möglichst genau abgebildet und daraus überschüssige Wärmeströme über Rauchgas, Kondensation, Abwasser oder Produkte berechnet. Beim TD-Verfahren wird die Abwärme über Kennzahlen aus der Literatur oder aus eigenen Berechnungen ähnlicher Industriezweige ermittelt. Auch eine Kombination von Bottom-up- und Top-down-Berechnungen ist möglich.
Die Ergebnisse stellen immer das technische Potenzial dar und berücksichtigen nicht die wirtschaftliche Machbarkeit oder die Möglichkeit der sofortigen Nutzung.
Meilensteine
- Abwärmepotentiale gescreent und zusammengefasst
- Methodenportfolio erstellt
- Klassifizierungskatalog abgeleitet
- Fragebogen für Industrie erstellt und Rückmeldung erhalten
- Theoretische Potentiale erhoben
- Technische Potentiale erhoben
- Schnittstellendefinition liegt vor
- Technologie- und Systemoptionen für Abwärmen erarbeitet
- Mögliche Geschäftsmodelle abgeleitet
"„Industrial Excess Heat – Erhebung industrieller Abwärmepotentiale in Österreich“ (INXS) ermöglicht die erste lückenlos und mit hohem Detailgrad durchgeführte Untersuchung industrieller Abwärmen."
– Thomas Kienberger –
Ergebnisse
Insgesamt wurde für alle untersuchten Sektoren, einschließlich Gasverdichterstationen und Kläranlagen, ein technisches Abwärmepotenzial von rund 34 TWh ermittelt. Auf die rund 300 Unternehmen der energieintensiven Industrie, die überwiegend mit dem Bottom-up-Ansatz berechnet wurden, entfällt ein Gesamtpotenzial von rund 26 TWh. Mit der statistischen Top-down-Methode wurde für über 1500 Unternehmen der energieintensiven Industrie mit mehr als 50 Beschäftigten ein Potenzial von rund 4 TWh ermittelt. Darüber hinaus wurde das Abwärmepotenzial von über 600 Kläranlagen mit rund 4 TWh bewertet.
Es ist deutlich zu erkennen, dass die Abwärme im unteren Temperaturbereich bis 50 °C mit fast 28 TWh den weitaus größten Anteil ausmacht.
Eine Hochrechnung für 2030 bzw. 2040 nach dem NEFI-Szenario Pathway of Industry (POI) ergaben 32 TWh bzw. 34 TWh für das Gesamtpotenzial
Das ermittelte Abwärmepotenzial von 34 TWh kann nur dann richtig bewertet werden, wenn es auf Verbrauchswerte bezogen wird. Vergleicht man den Energiebedarf für Raumwärme und Warmwasser in allen Sektoren (ca. 100 TWh, Daten aus NEA, Statistik Austria), so könnte etwa ein Drittel davon durch Abwärme gedeckt werden. Verglichen mit dem Raumwärmebedarf im privaten Sektor (ca. 54 TWh) könnten sogar 62 % durch Abwärme gedeckt werden.
Die Ergebnisse sind öffentlich über die web-basierte Austrian Heat Map (https://austrian-heatmap.gv.at/das-projekt/) verfügbar und ermöglichen einen Abgleich mit den dort ebenfalls dargestellten Wärmenetzen und Wärmebedarfsdichten.
Für zeitlich schwankende, industrielle Abwärmen wurden Technologie- und Systemoptionen ermittelt, welche zusätzliche Flexibilität schaffen. Geschäftsmodelle und Empfehlungen für politische Unterstützungsinstrumente, welche weitere Hemmungen in der Umsetzung aus dem Weg räumen sollen, sind ebenfalls untersucht worden.
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Steckbrief
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Projektnummer883479
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Koordinator
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ProjektleitungThomas Kienberger, thomas.kienberger@unileoben.ac.at
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Partner
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SchlagwörterAbwärmepotential, Geschäftsmodelle für Abwärmenutzung, Niedertemperaturabwärme, systemische Energieeffizienz
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FörderprogrammEnergy Transition 2050
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Budget160.000 €