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SG-Essences Elaborated Assessement of Competing Smart Grid Solutions

Die Interaktion von erneuerbaren Energieträgern und intelligenten Netzstrukturen in Hinblick auf dezentrale Einspeisungsstrukturen und der benötigten Schnittstellen ist ein bedeutendes Themenfeld der zukünftigen Energieversorgung. Die Bewertung dezentraler Einspeisesysteme ist ebenso wie eine Analyse konkurrierender Systemlösungen ein Hauptbestandteil dieses kollaborativen Projekts aus Forschungsinstitutionen, Netzbetreibern und Marktteilnehmern.

In der Evaluierung werden dabei grundsätzlich zwei Dimensionen für die Bewertung konkurrierender Systemlösungen unterschieden, und zwar einerseits der bewertende Vergleich verschiedener Systemkonfigurationen der Bereitstellung des Energieträgers Strom sowie andererseits der Vergleich zwischen den Energieträgern, insbesondere der Vergleich zwischen dezentraler netzgebundener Stromerzeugung und dezentraler aber nicht netzgebundener Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern.

In der ersten Dimension geht es um die Frage, welche Möglichkeiten der Gestaltung zukünftiger Smart Grids für die Stromverteilung es auf Netzebene 7 gibt, damit der zu erwartende Ausbau dezentraler Stromerzeugung effizient bewältigt werden kann. Als großes Hindernis der umfassenden Einführung dezentraler, vorwiegend erneuerbarer Stromproduktion gelten die auf intermittierende Einspeisemuster zurückzuführenden Netzkapazitäten. Da eine massive Unterauslastung dieser infrastrukturellen Einrichtungen die Konsequenz derzeit angewandter, statischer Ansätze ist, gilt es im Zuge der Implementierung intelligenter Netze diese Problemstellungen aktiv zu berücksichtigen. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf eine Optimierung des Dezentralitätsgrades sowie auf die erforderliche Regulierbarkeit des Systems und die Verteilung der Kompetenzen ziehen.

In der zweiten Bewertungsdimension geht es um die Frage eines optimalen Verhältnisses zwischen dezentraler Stromerzeugung und dezentraler Nutzung erneuerbarer Energieträger für die Wärmeerzeugung. Dezentrale Stromerzeugungssysteme stehen in technischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht in Konkurrenz insbesondere mit dezentralen Technologien für die Nutzung erneuerbarer Energieträger (KWK-Technologie).

 

 

Ausgangssituation

Smart Grids zeichnen sich durch ein hohes Potential an Steuer- und Regelbarkeit aus. Mit den neuen smarten Technologien kann in das Verhalten sowohl von Stromproduzenten, Stromkonsumenten, sowie auch des Stromnetzes eingegriffen werden. Aus dem Grad dieser Steuerbarkeit leiten sich konkurrierende Systemlösungen ab.

Für die Auswahl der (unter bestimmten Voraussetzungen) bestgeeigneten dezentralen Energiesysteme und einer darauf abgestimmten Neustrukturierung bzw. Modernisierung des Netzes existiert gegenwärtig kein objektives betriebswirtschaftliches, volkswirtschaftliches und ökologisches Bewertungssystem, welches es insbesondere ermöglichen würde verschiedene Kompetenzmuster zwischen Elektrizitätsproduzenten (Einspeiser) und Netzbetreiber miteinander zu vergleichen:

Gemäß der derzeitigen Rechtslage muss das Verhältnis von Einspeisekapazität und Netz so ausgelegt sein, dass die Einspeisung sämtlicher von dezentralen Elektrizitätsanlagen produzierter Energie möglich ist – auch bei extrem hohen Einspeiseleistungen, die nur für wenige Stunden im Jahr auftreten. So ist das Netz die übrige Zeit stark unterausgelastet und damit ineffizient. Andersherum kann aber auch nicht mehr Produktionskapazität installiert werden, da ansonsten das Netz in diesen seltenen Momenten der extrem hohen Einspeiseleistung überlastet wäre. Hier können die Regelungsmöglichkeiten von Smart Grids Abhilfe schaffen. Jedoch stellt sich die Frage nach dem ökonomisch und ökologisch sinnvollsten Trade-off zwischen einer unbeschränkten verlustfreien Einspeisung mit unterschrittenen Potentialgrenzen für die Anschlussleistung und einer während den Peakzeiten abgeregelten Einspeisung wesentlich höherer Anschlussleistung bei gleichzeitiger geringer Verluste.

Neben den konkurrierenden Systemlösungen für die Bereitstellung der Energieform Elektrizität, besteht zusätzlich die Konkurrenz zwischen den Energieformen Elektrizität und Wärme. Wärme kann anders als Elektrizität ohne Integration in ein Netz dezentral produziert und konsumiert werden. Dies spart Kosten für den Transport und kann je nach regionaler Voraussetzungen vorteilhaft sein. Besonders wichtig ist dabei der Vergleich zwischen der dezentralen netzgebundenen Stromerzeugung (vorwiegend aus erneuerbaren Energieträgern) und der nicht netzgebundenen dezentralen Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern. Dieser Vergleich ist einer der Analyseschwerpunkte dieser Studie.

Projektverlauf

In der integrativen technischen, ökonomischen und ökologischen Bewertung entlang der beiden zu untersuchenden Dimensionen ergaben sich für das Projekt folgende Analyseschritte:

  • Ermittlung realitätsnaher Stromnachfrageprofile für Haushalte und Gewerbebetriebe sowie typischer Einspeisemuster bei einer Ausweitung der dezentralen Stromproduktion durch Haushalte und Gewerbebetriebe;
  • Aggregation der typischen Nachfrageprofile bzw. Einspeisemuster zu realitätsnahen Lastprofilen in typischen Versorgungsgebieten im ländlichen Raum;
  • Bewertung konkurrierender Systemlösungen von Smart Grids, die zur Bewältigung der Änderungen in den Lastprofilen erforderlich sind, vor allem hinsichtlich technischer und anwendungsorientierter Vor- und Nachteile, sowie hinsichtlich der Kosten der analysierten konkurrierenden Systemlösungen;
  • Bewertung konkurrierender Systemlösungen dezentraler Energieerzeugung: damit wird der Vergleich zwischen dezentraler Stromerzeugung, der gleichzeitig Anpassungen an der Netzinfrastruktur erfordert, und dezentraler Wärmeproduktion (durch KWK) auf Basis erneuerbarer Energieträger, die Anpassungen an der Netzinfrastruktur nicht ursächlich bedingen, erfasst;
  • Integration der unterschiedlichen Bewertungsaspekte sowohl in technischer, ökonomischer als auch ökologischer Hinsicht und Ableitung von Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungsträger, Regulierungsbehörden und Netzbetreiber, mit dem Ziel die stärkere Integration erneuerbarer Energieträger in die Energieversorgung zu forcieren;

Meilensteine

  1. Erhebung der Nachfrageprofile Haushalte, Gewerbe und Dienstleistung
  2. Konsolidierung typischer Nachfrageprofile für ausgewählte Versorgungsgebiete auf der Spannungsebene 7
  3. Ermittlung typischer Einspeisemuster, Konsolidierung der Daten und Verknüpfung mit den Nachfrageprofilen & Erstellung von Szenarien
  4. Definition einzelner exemplarischer Netztypen & Identifikation benötigter Netzkomponenten und Infrastruktur
  5. Festlegung typischer Anwendungsfälle für die Nutzungskonkurrenz
  6. Durchführung der betriebswirtschaftlichen und ökologischen Analyse
  7. Gesamtwirtschaftliche Bewertung der identifizierten Systemlösungen
  8. Hochrechnung der Ergebnisse aus den vorangegangenen Arbeitsschritten auf das Gesamtsystem Österreich

Ergebnisse

Für die konkurrierender Systemlösungen innerhalb des Energieträgers zeigte sich aus technischer uns energetischer Sicht, dass ohne eine Maßnahme umzusetzen, in das jeweilige bestehende Versorgungsgebiet beträchtliche Photovoltaik (PV)-Potentiale integriert werden können. Die Analyse zeigt zudem, dass im Vergleich zum Referenzszenario im Falle einer symmetrischen Einspeisung durch jede der untersuchten Maßnahmen eine höhere PV-Leistung erzielt werden kann. Für die unsymmetrische und einphasige Einspeisung ergaben die Berechnungen hingegen, trotz durchgeführter Maßnahmen, zum Teil gleichbleibende bzw. sinkende PV-Potentiale im Vergleich zur Referenzsituation. Vergleicht man die Ergebnisse der untersuchten Szenarien, so wurde festgestellt, dass durch den Netzausbau zwar hohe PV-Potentiale integriert werden können, diese jedoch ebenso mit einzelnen Smart Grid-Lösungen erreicht bzw. übertroffen werden können.

In der ökonomischen Analyse wurde zwischen Netzbetreibersicht und der Sicht des Endkunden bzw. -nutzers unterschieden, wobei für den Netzbetreiber zwischen Kosten für Netzverluste und Kosten für die Netzinfrastruktur und den Transformator zu unterscheiden ist. Bei der Untersuchung der jährlichen Gesamtkosten aus Netzbetreibersicht zeigten sich vor allem für die klassischen Netzausbauszenarien hohe Kosten, was auf die hohen Aufwendungen für die Ausweitung der Netzinfrastruktur zurückzuführen ist. Intelligente Systemlösungen zeichnen sich hingegen durch ihre Steuer- und Regelbarkeit aus und bedingen dadurch, mit Ausnahme der beiden Szenarien mit regelbarem Ortsnetztrafo, keine beträchtlichen Investitionen in die bestehende Infrastruktur. Die hierbei anfallenden Kosten beschränken sich fast ausschließlich auf die Kompensationskosten für die Netzverluste. Daraus abgeleitet zeigen sich schließlich hohe spezifische Energiekosten für die klassischen Netzausbauszenarien, da in diesen Fällen zwar hohe Potentiale integriert werden, dies jedoch mit hohen Investitionen in die Leitungsinfrastruktur verbunden ist. Hingegen wurden für die Smart Grid-Lösungen wegen der geringen zusätzlichen Kosten auch geringe spezifische Kosten ermittelt, weshalb diese Szenarien im Vergleich zu den Netzausbauszenarien als günstiger anzusehen sind.

Aus ökologischer Sicht ergeben sich schließlich für jene Szenarien mit hohem PV-Potential dementsprechend hohe Emissionsminderungen. Umgekehrt kann mit geringer PV-Einspeisung weniger konventionell produzierter Strom substituiert werden, wodurch weniger Emissionen eingespart werden können. Entsprechend der energetischen Auswertung zeigt demnach die Quantifizierung der ökologischen Effekte, dass durch die Realisierung der PV-Potentiale im bestehenden Netz erhebliche Emissionseinsparungen erzielt, sowie zusätzliche Emissionsminderungspotentiale vor allem durch Netzausbauszenarien und intelligente Systemlösungen erreicht werden können.

Neben der Sichtweise des jeweiligen Netzbetreibers wurde ebenso aus Nutzer- bzw. Kundesicht eine umfassende Bewertung durchgeführt. Den Nutzer interessiert in diesem Zusammenhang vor allem, inwieweit die erzeugte Energie selbst verbraucht werden kann und ob die Anwendung der jeweiligen Systemlösungsszenarien den Betrieb des einzelnen Nutzers beeinflusst. Dabei zeigt sich, dass durch symmetrische Einspeisung jeweils der höchste Anteil des Eigenbedarfs gedeckt werden kann. Demnach wurde für die symmetrische Einspeisung ein Eigennutzungsgrad für beide Netzabschnitte von etwa 33 % quantifiziert. Wie sich zeigte, würde durch intelligente Systemlösungen wie der Wirkleistungsbegrenzung der Betrieb der jeweiligen PV-Anlage beeinflusst um dadurch ein höheres PV-Potential im jeweiligen Netzabschnitt zu ermöglichen. Aus wirtschaftlicher Sicht interessieren den Nutzer vorwiegend die aus den Investitionen abgeleiteten Jahresgesamtkosten, welche für die Volleinspeisung stets über den Kosten des Eigenverbrauchs liegen.

Hinsichtlich konkurrierender Systemlösungen zwischen den Energieträgern wurden Energieerzeugungstechnologien wie Öl-Brennwertgerät, Gas-Brennwertgerät, Pelletskessel (jeweils mit und ohne Solarthermie) und Mini-BHKW betrachtet. Dabei zeigte sich, dass Erdgas- und Pelletskessel monovalent betrieben je nach Anlagengröße die Systeme mit den geringsten Gesamtkosten darstellen. Aus wirtschaftlicher Sicht wäre das BHKW konkurrenzfähig, jedoch ausschließlich unter der Prämisse einer langen Laufzeit. Im Anwendungsfall Einfamilienhaus ist der Wärmebedarf für die Anlage jedoch zu gering. Betrachtet man die Kombination solarthermischer Kollektoren mit Heizungstechnologien basierend auf fossilen Energieträgern, so ist dies vor allem hinsichtlich der Emissionsminderungen als sinnvoll einzustufen. Für die Wirtschaftlichkeit einer Photovoltaik-Anlage ist ein möglichst hoher Eigennutzungsgrad mitentscheidend, sodass eine Amortisationsdauer unter 20 Jahren nur für Gewerbebetriebe mit einer Eigennutzung von 60 % erreicht werden kann.

Zuletzt wurde auf Basis der Untersuchungsergebnisse der beiden untersuchten Versorgungsgebiete eine Hochrechnung für das Gesamtsystem Österreich durchgeführt. Die Extrapolation bezieht sich dabei ausschließlich auf die Ergebnisse aufgrund der Untersuchungen konkurrierender Systemlösungen innerhalb des Energieträgers, demnach auf die Integration von Photovoltaik-Potentialen in Niederspannungsnetzstrukturen in Zusammenhang mit intelligenten Systemlösungen.

Betrachtet man die beiden Versorgungsgebiete aggregiert, so wurden durchschnittlich 31.600 Versorgungsgebiete in Österreich mit ähnlichen Charakteristika ermittelt. Für die Hochrechnung wurde zwischen drei Szenarien der Extrapolation unterschieden (100 %, 50 % und 25 % der ländlichen Niederspannungsnetzstrukturen). Zudem wurden, falls es sich um unterschiedliche Einspeisesituationen handelt, ausschließlich die Resultate der symmetrischen Einspeisung skaliert, wobei die Hochrechnung auf Basis der aggregierten Werte beider Versorgungsgebiete basiert.

Die Hochrechnung der Ergebnisse zeigt, dass ohne eine Maßnahme zu setzen, erhebliche Potentiale in das bestehende ländliche Niederspannungsnetz in Österreich aufgenommen werden können. Wesentlich in der Hochrechnung der technischen Analyseergebnisse der Szenarien ist dabei die benötigte zusätzliche Netzinfrastruktur, was v.a. die Netzausbauszenarien betrifft und mit hohen jährlichen Gesamtkosten für den Netzbetreiber verbunden ist. Aus Kunden- bzw. Nutzersicht liegen die jährlichen Gesamtkosten für die Netzausbauszenarien jeweils über jenen für die intelligenten Systemlösungen. Zudem wurden für die Variante Volleinspeisung jeweils höhere Kosten ermittelt als für die Variante Eigenverbrauch.

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