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BioReg – Entwicklung einer modellbasierten, prädiktiven Regelung für Biomassefeuerungen

Der aktuellste Forschungsstand aus dem Bereich Regelungstechnik und Modellierung/Simulation soll in die Entwicklung eines Regelungskonzepts für eine Biomasserostfeuerung im großen Leistungsbereich einfließen, um das Gesamtanlagenperformanz zu erhöhen bzw. zu optimieren. Insbesondere die Forderung nach maximalen Wirkungsgraden, minimalen Emissionen und konstanten Leistungsoutputs bei ständig schwankenden Brennstoffqualitäten bedarf innovativer Lösungen sowohl im Bereich der Modellbildung und der Regelungstechnik, aber auch der Messtechnik. Durch Umsetzung des neuartigen Regelungskonzepts in einer Biomasserostfeuerung, messtechnischer Evaluierung und Optimierung des Modells und der Regelung wird ein neuartiges Regelungskonzept umgesetzt, das einfach in weiteren (neuen aber auch bestehenden) Anlagen realisiert werden kann. Verbesserung zu bestehenden Lösungen: Derzeit werden die einzelnen Zonentemperaturen durch voneinander unabhängige PID-Regler eingestellt, wobei die Sollwerte der Temperaturen nach dem Temperaturprofil vorgegeben werden. Bei transienten Betriebszuständen ist daher eine Vorgabe der Sollwertverläufe notwendig, welche derzeit teils analytisch (Formeln und Tabellen) teils empirisch (Erfahrung der Anlagenfahrer) vorgenommen wird. Es gibt daher derzeit keine übergeordnete Regelung, welche die einzelnen Zonentemperaturen gemeinsam optimal einstellt. Da die derzeit eingesetzten klassischen Regelverfahren unter dem grundsätzlichen Mangel leiden, dass sie nur mit sehr großem Aufwand abgestimmt werden können und niemals gleichzeitig mit mehreren Stellgrößen gegen Störungen eingreifen können, ist zu erwarten, dass das im Projekt dargestellte Regelverfahren einen deutlichen Vorteil im Betriebsverhalten von Biomasserostfeuerungsanlagen bringen wird. Bei der Implementierung dieser neuen Lösung wird bewährte Software zur Modellbildung als auch zur Regelung verwendet. Die Abbildung der Rostfeuerung in Modellen ist in der Literatur dokumentiert und wurde von Mitgliedern des Projektteams bereits mehrfach durchgeführt. Eine Einbindung der prädiktiven Regelung in bestehende Systeme ist über standardisierte Schnittstellen (OPC) bereits Stand der Technik. Wesentlicher Innovationsgehalt des vorgestellten Projektes ist jedoch die sehr stark systematische Vorgangsweise von der Modellgewinnung bis zur Parameteroptimierung. Die Kombination bewährter Methoden zur Regelung komplexer Prozesse und die Anwendung auf einen stark wachsenden Bereich der Biomasseverbrennung sind von hoher wirtschaftlicher und ökologischer Relevanz. Neuheitsgrad, Technologiesprung: Das vorliegende System einer Biomasserostfeuerung großer Leistung mit veränderlichen Brennstoffen wird exakt durch eine partielle Differentialgleichung mit komplexen Randbedingungen beschrieben. Durch örtliche Diskretisierung kann das Problem in ein System gekoppelter gewöhnlicher Differentialgleichungen übergeführt werden, welche jedoch im Allgemeinen nichtlinear sind. Deswegen und aufgrund des Anlagenaufbaus ergeben sich folgende Problemstellungen: 39 – Wegen der starken Kopplung zwischen den einzelnen Temperaturzonen können die einzelnen Temperaturen nicht unabhängig voneinander optimiert werden. – Vom Stelleingriff bis zur Messung (Zonentemperaturen) verstreicht eine erhebliche Totzeit, welche die Optimierung besonders erschwert. – Das System weist mehrere Stellgrößen und mehrere Messungen auf (multi-input multi-output: MIMO), wobei alle Stellgrößen simultan zu optimieren sind und starke Kopplungen zwischen Stellund Regelgrößen auftreten. – Die Messungen weisen Unsicherheiten auf (sowohl systematisch als auch zufällig), welche sich auf die Prozessqualität auswirken können. – Die Stellgrößen sind beschränkt und werden in manchen Betriebszuständen in der Sättigung betrieben. – Die Nichtlinearitäten des Systems erschweren einen global optimalen Lösungsansatz, wie er bei linearen Systemen möglich ist. Basis für die Erarbeitung und Umsetzung des Regelungskonzepts stellt die Modellierung der betrachteten Biomasserostfeuerung dar. Ziel der Entwicklungsarbeiten bezüglich Modellierung ist die Bereitstellung eines angepassten dynamischen Modells zur Beschreibung der Biomasseverbrennung am Rost. Angepasst bedeutet, dass das Modell einerseits ausreichend genau, andererseits aber so einfach gehalten wird, um als Basis für die Entwicklung einer modellbasierten, prädiktiven Regelung geeignet zu sein. Deshalb ist das Modell in einer entsprechenden Programmierumgebung (MathLab/Simulink bzw. Dymola zu erstellen). Das Modell, als Basis für die Regelung, soll das Potential besitzen die wichtigsten Forderungen beim Betrieb wärmetechnischer Anlagen, nämlich der – Wirkungsgradmaximierung und – Emissionsminimierung optimal zu verbinden. Die für die Modellierung des Verbrennungsprozesses wichtigsten zu berücksichtigenden Phänomene sind brennstoffbezogen: – Aufheizung, – Trocknung, – Entgasung, – Restkoksabbrand und systembezogen: – die Beschreibung der Partikelbewegung am Rost Zu diesen Basisphänomenen kommen weitere wichtige Effekte, wie z. B. Wärme- und Stoffübertragung zwischen Feststoff- und Gasphase, sowie die Modellierung der Freisetzung von gasförmigen Schadstoffkomponenten (CO und NOx) aber auch die Emission von Feinstäuben (ein Problem das künftig vor allem auch für Biomassefeuerungen von Bedeutung sein wird) hinzu. Der wissenschaftliche Anspruch hinsichtlich der Modellierung besteht in der richtigen Wahl der Modellierungstiefe, sodass einerseits alle für die Regelung des Systems wichtigen Phänomene abgebildet werden, andererseits aber keine den industriellen Einsatz des Modells behindernde Komplexität erzeugt wird (Anzahl und Identifikation der Parameter, erforderliche experimentelle Untersuchungen). Von der Zusammenarbeit mit dem Projektpartner P4, einem renommierten österreichischen Industriepartner, der langjährige Erfahrung auf dem Gebiet von Biomassefeuerungen besitzt sind bezüglich der Modellierung wichtige Informationen, welche aus der Realisierung und dem Betrieb solcher Anlagen resultieren zu erwarten.

Steckbrief

  • Projektnummer
    8198
  • Koordinator
    Technische Universität Wien Institut für Energietechnik und Thermodynamik
  • Projektleitung
    Andreas Werner, andreas.werner@tuwien.ac.at
  • Förderprogramm
    Neue Energien 2020
  • Dauer
    03.2009 - 11.2011
  • Budget
    408.595 €