Mit dem Wasserstoffzug durchs Zillertal
HyTrain bringt den weltweit ersten wasserstoffbetriebenen Schmalspurzug auf die Schiene. Für 2024 ist die erste Probefahrt geplant, ein Jahr später soll der Regelbetrieb auf der Zillertalbahn aufgenommen werden. Das Programm „Vorzeigeregion Energie“ des Klima- und Energiefonds unterstützt das Projekt mit knapp 3,2 Millionen Euro.
Im Bahnbereich ist alles normiert – von der Bahnschwelle über die Türdichtung bis zum Zugführer-Outfit. Für einen Wasserstoffzug, seinen Treibstoff und das Betankungssystem müssen jedoch erst Standards entwickelt werden. Dieser Herausforderung stellt sich seit September 2020 ein Konsortium bestehend aus dem Projektentwickler FEN Sustain Systems, der HyCentA Research GmbH, dem Eisenbahnentwickler Molinari Rail GmbH, der Zillertaler Verkehrsbetriebe AG und der Vorzeigeregion WIVA P&G.
Beschleunigung. Auf 32 Kilometer Streckenlänge verfügt die Zillertalbahn über 18 Bahnhöfe und Haltestellen. „Daher ist es entscheidend, einen Wasserstoff-Antrieb für Schwerlastanwendungen zu entwickeln, der rasch beschleunigen kann“, erklärt Helmut Schreiner, Technischer Vorstand der ZVB AG: „Das ist eine Eigenschaft, die auch für S-Bahnen auf der ganzen Welt von hohem Interesse ist.“
Aber warum baut man stattdessen nicht einfach Oberleitungen? „Eine durchgängige Elektrifizierung ist aufgrund der Gegebenheit in mehreren Ortsdurchfahrten nicht möglich“, sagt Projektleiter Nikolaus Fleischhacker, CTO von FEN Systems. „Eine Hybridvariante mit Batterien käme teurer.“
Wasserstoff als Speichertechnologie. Ganz im Sinne der Nutzung regionaler Ressourcen soll der Wasserstoff in Mayrhofen im Zillertal von der Verbund AG hergestellt werden. „Beim Umbau des Energiesystems spielt Wasserstoff eine zentrale Rolle als Speichertechnologie“, erläutert Alexander Trattner, CEO der HyCentA Research GmbH. „Durch die Kopplung regionaler Wasserkraft mit dem Mobilitätssektor über eine lokale Elektrolyse wird das Stromnetz in Spitzenzeiten durch den gespeicherten Wasserstoff entlastet.“ Die Elektrolyse-Anlage ist ganz in der Nähe des Bahnhofs geplant. Dort wird eine Tankanlage errichtet, die rund 320 Kilogramm Wasserstoff in unter 30 Minuten in die Züge pumpt. Eine zweite Tankanlage ist in Jenbach vorgesehen, die für die Vision „Wasserstoffregion Zillertal“ im Schwesterprojekt HyWest auch für die Versorgung von Bussen erweitert werden soll.
Hergestellt werden sollen die Züge von der Schweizer Stadler Rail AG, einem Spezialisten für Schienenfahrzeuge in Kleinserie. In etwa drei Jahren soll der erste Prototyp mit einer maximalen Leistung von 1.400 kW und einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h in Testbetrieb gehen. Das rund 126 Tonnen schwere Schienenfahrzeug bietet Platz für bis zu 417 Fahrgäste. Aktuell wird intensiv an den Schnittstellen, an der Qualitätsprüfung für den Wasserstoff, den Betankungsprotokollen und an der Abwärmenutzung zur Beheizung der Züge gearbeitet.
Win-win-Situation. Während die beteiligten Unternehmen auf einen lukrativen Know-how-Export hoffen, wird das Zillertal einerseits von weniger Emissionen und andererseits einer höheren regionalen Wertschöpfung profitieren. Und natürlich wird die erste wasserstoffbetriebene Schmalspurbahn ein gutes Argument für die autofreie Anreise in die Tourismusregion sein – nicht nur für BahnenthusiastInnen.
Weitere Informationen:
Forschungsprojekt HyTrain
HyTrain – BMK Infothek
WIVA