Dicke Brummer auf leisen Sohlen
Seit 2018 testet die Universität für Bodenkultur im Projekt Megawatt-Logistics gemeinsam mit 14 Projektpartnern den Einsatz elektrisch betriebener LKWs und ihrer Ladeinfrastruktur. Die Fahrzeuge haben sich im innerstädtischen Verteilerverkehr gut bewährt, doch für den Regionalverkehr fehlt es noch an passender Ladeinfrastruktur.
Acht batterieelektrisch betriebene 26-Tonnen-LKWs sind seit 2018 bei österreichischen Handelsunternehmen, Industriebetrieben und Logistikunternehmen im Forschungseinsatz. Zwischen Oktober 2018 und Jänner 2020 sparten sie rund 250 Tonnen CO2-Äquivalent ein. Die beteiligten Unternehmen (siehe hier) hätten dabei viel gelernt und die FahrerInnen seien dank des Fahrverhaltens, der leisen Fortbewegung und der guten Beschleunigung der Fahrzeuge begeistert, meint Projektleiter Werner Müller vom Institut für Verfahrens- und Energietechnik der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU).
Perfekt für die Stadt. Alle großen LKW-Hersteller bieten inzwischen Elektro-LKWs als Prototypen oder in Kleinserien an. Pro Ladung erzielen sie eine Reichweite von rund 180 Kilometern, bis ins Jahr 2024 sollen bis zu 400 Kilometer möglich sein. Nächstes Jahr kommen auch die ersten Kleinserien mit 36- und 40-Tonnen-LKWs auf den Markt. „Die Erfahrungen zeigen, dass die 180 Kilometer für den städtischen Verteiler- und Lieferverkehr sowie für gut bekannte Strecken zwischen Produktionsstätten ausreichen“, erklärt Müller. „Für Logistikunternehmen mit von Tag zu Tag unterschiedlichen Routen und Fernverkehr eignen sich die Fahrzeuge noch nicht.“
Vor allem zwei Aspekte stehen dem flächendeckenden Ersatz von Dieselfahrzeugen durch batterieelektrische noch im Wege: die Kosten (TCO) und die Ladeinfrastruktur. „Ohne staatliche Förderungen werden sich die Elektro-LKWs samt der dazugehörigen Ladeinfrastruktur erst ab 2028 oder 2029 für Flottenbetreiber rechnen“, kalkuliert Müller. „Bei den Ladestellen lassen die Standards noch zu viel Interpretationsspielraum offen.“
Nadelöhr Ladestelle. Die meisten öffentlichen Ladestellen von heute sind für E-LKWs nicht geeignet. Oft scheitert es schon an der zu engen Zufahrt. Weiters dauert das Laden der großen LKW-Batterien bei einer Ladeleistung von 150 bis 300 Kilowatt zu lange, wünschenswert wären 500 Kilowatt. Derzeit ist die Förderung für betriebliche Ladepunkte an den Kauf eines Elektro-LKWs gebunden. „Doch es hat sich gezeigt, dass manche Unternehmen mehr Ladepunkte als LKWs benötigen“, so Müller. „Denn diese können im Gegensatz zu Dieselfahrzeugen auch während des Be- und Entladen der Güter ‚betankt‘ werden, was viel Zeit spart.“
Seit 2018 sammelt die BOKU ungeheure Mengen an Daten, vor allem Fahr- und Lastprofile. Damit sollen eine fundierte Wissensbasis und Planungswerkzeuge geschaffen werden, die Flottenbetreiber bei der Umrüstung ihres Fahrzeugparks unterstützen. Gleichzeitig werden im Projekt Megawatt-Logistics neue Geschäftsmodelle für die Energiewirtschaft entwickelt, die sich auf einen völlig neuen Kundenkreis freuen darf.
Aber werden sich batterieelektrische LKWs auch im Fernverkehr durchsetzen? „Aus derzeitiger Sicht ist das noch völlig offen“, meint Müller. „Es wird sich in den nächsten Jahren zeigen, ob es hier in Richtung Wasserstoff-LKW oder Oberleitungen auf Autobahnen wie beim Siemens-Projekt eHighway geht, oder ob sich batterieelektrische LKWs mit megaChargern über 500 KW Leistung durchsetzen werden.“
Weitere Informationen:
Megawatt-Logistics
FFG – Megawatt-Logistics