Auf die Größe kommt es an
„Giga Scale“ fängt bei 100.000 Kubikmetern an und die Träume der Forscher*innen enden derzeit bei zwei Millionen Kubikmetern. In Kopenhagen werden derzeit zwei thermische Speicher mit jeweils 500.000 Kubikmetern ausgeschrieben. Es sollen die weltweit größten werden. In Österreich – und den meisten anderen europäischen Ländern – sind Wärmespeicher dieser Größe jedoch noch Neuland. gigaTES fasste daher unter der Projektleitung von AEE INTEC innerhalb von drei Jahren bestehende Erfahrungen zusammen, sorgte für technische Weiterentwicklungen, liefert wichtige Inputs für die Planung und entwickelte Anwendungsszenarien für Wien und Salzburg.
Gigantisch. „Sie schaffen mehr Flexibilität im Wärmesystem von Städten und größeren Industriegebieten. Sie können von mehreren Quellen wie beispielsweise Abwärme, Solarthermie und – in Wien gerade hochaktuell – Geothermie gespeist werden“, beschreibt Projektleiter Wim van Helden die Vorteile von Giga-Scale-Wärmespeichern. „In dieser Größenordnung können Speicher nicht nur Erdgas zur Abdeckung von Lastspitzen in Fernwärmenetzen ersetzen. Sie eignen sich auch als Saisonspeicher, um Wärme, die im Sommer nicht benötigt wird, den Kund*innen im Winter zu liefern.“
Derzeit wird das sauerstoffarme und leicht basische Wasser in den bestehenden Großspeichern auf bis zu 80°C aufgeheizt. Das ging nicht spurlos an den Betonwänden und Dichtungsmaterialien vorüber. Eine im Projekt entwickeltes Schlitzwandsystem mit einer speziellen Betonmischung und neue Dichtungen auf Polypropylen-Basis könnten die Lebensdauer der Speicher deutlich verlängern. „Das neue Dichtmaterial ist auf eine Lebensdauer von 50 Jahren bei 80°C oder 30 Jahren bei 95°C ausgelegt“, erklärt van Helden. Bei der Außendämmung des Speichers setzt das aus 18 Forschungsinstitutionen und Unternehmen bestehende Projektteam (siehe hier) auf Glasschaumschotter.
Herausforderungen. Aufgrund der geringsten Oberfläche wäre die ideale Form eines Giga-Scale-Speichers eine Kugel. Zylinderförmige Speicher sind wegen der leichteren Umsetzbarkeit ein guter Kompromiss. Als schwierig könnte sich der hierzulande meist hohe Grundwasserspiegel erweisen, denn mit dem Speicher in die Breite zu gehen würde gleichermaßen Wärmeverluste und Baukosten erhöhen. Natürlich sollte der Speicher auch möglichst nahe an den Wärmequellen und -konsument*innen platziert werden. Kurz, die Standortwahl wird nicht einfach. Allerdings kann die Pontondecke des Speichers auch für andere Zwecke genutzt werden, zum Beispiel für einen Park.
Um eine Realisierung zu vereinfachen wurden im Forschungsprojekt zwei Tools entwickelt: eines für die – durchaus beachtlichen – Kosten, eines für die Integration in Fernwärmenetze. „Für einen Wärmespeicher mit einer Million Kubikmeter muss man mit 50 bis 100 Millionen Euro rechnen“, nennt van Helden einen Größenordnung. In Hinblick auf eine CO2-freien Wärmeversorgung und die enorm gestiegenen Erdgaspreise könnte dies dennoch gut angelegtes Geld sein. Denn derzeit gelten Fernwärmenetze hierzulande mit bis zu 20 Prozent fossilem Energieanteil, meist Erdgas, als nachhaltig beziehungsweise förderungswürdig – und eine zu 100 Prozent erneuerbare Fernwärme wird ohne Speicher kaum möglich sein.
Weitere Informationen:
Projektbeschreibung auf energieforschung.at