Halbleiterproduktion mit doppelter Innovation

Dezember 12, 2022

Die Halbleiterfertigung benötigt Wasserstoff als Trägergas. Bei der Infineon Technologies Austria AG in Villach soll dieser Wasserstoff grün werden und nach dem Einsatz in der Fabrik als Energieträger verwendet werden. Das ist das Ziel des WIVA P&G-Forschungsprojekts H2Pioneer.

Noch rollt aus Erdgas gewonnener „grauer“ Wasserstoff einmal pro Woche per LKW aus Deutschland oder den Niederlanden nach Villach. Und es ist ganz besonders reiner Wasserstoff (99,999999 Prozent H2), der in der Halbleiterfertigung von Infineon benötigt wird. Denn hier wird Wasserstoff als Trägergas und Schutzgas für jene Stoffe eingesetzt, mit denen die Wafer in einer Kammer dotiert werden, um eine bestimmte Leitfähigkeit – und somit die gewünschten Eigenschaften – zu erzielen. Schon winzigste Verunreinigungen können zu fehlerhaften Mikrochips führen.

Do-it-yourself. Eigentlich sollten schon heuer bis zu 800 Kilogramm grüner Wasserstoff täglich vor Ort erzeugt, gespeichert und gereinigt werden. Doch die Anlage zur PEM-Elektrolyse (Protonen-Austausch-Membran-Elektrolyse), die aus Ökostrom und Wasser H2 erzeugt, kann erst im Laufe des ersten Quartals 2023 geliefert werden. Als Ursache nennt der Hersteller coronabedingte Lieferkettenprobleme.

Nun wird das 2018 gestartete Projekt H2Pioneer verlängert, um eine der wichtigsten Forschungsfragen klären zu können, sagt Projektleiter Dieter Kolhanek vom VERBUND: „Wie lässt sich die aus Elektrolyse, Speicher und Reinigung bestehende Anlage so betreiben, dass nicht nur der Bedarf des Unternehmens gedeckt wird, sondern auch netzdienliche Leistungen erbracht werden können?“ Die durch den Speicher entstehende Flexibilität soll dazu verwendet werden, in Zeiten mit günstigem Strom aus Erneuerbaren mehr Wasserstoff zu erzeugen als für die Chipproduktion benötigt wird. Umgekehrt könnte bei „Strommangel“, der sich mit ungünstigeren Strompreisen bemerkbar macht, die H2-Produktion gedrosselt werden. In beiden Fällen steht der Chipproduktion immer die tatsächlich benötigte Wasserstoffmenge zur Verfügung und es kann trotzdem eine Optimierung für das Netz als auch bei den Wasserstoffkosten erreicht werden.

Für Infineon Technologies Austria ist die Wasserstoffanlage ein integraler Bestandteil eines nachhaltigen Standortausbaus – erst im Vorjahr wurde die Zentrale Villach um eine 1,6 Milliarden Euro teure High-Tech-Chipfabrik erweitert. Damit könne man einerseits einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten, andererseits auch die Versorgungssicherheit erhöhen, so Vorstand Thomas Reisinger.

Weiterverwertung. Beim zweiten Hauptziel von H2Pioneer waren die Forscher:innen bereits erfolgreich. „Wir haben einen Weg gefunden, wie wir den Wasserstoff nach seinem Einsatz zur Dotierung der Wafer in der Epitaxiekammer auskoppeln können, ohne den Produktionsprozess zu stören“, freut sich Kolhanek. Und es steht auch schon fest, was damit geschehen soll.

Insgesamt wurden vier Varianten untersucht: die direkte energetische Verwertung in einer Verbrennungskraftmaschine, die Reinigung und Nutzung in einer stationären Brennzelle, die Reinigung und Versorgung einer Brennstoffzellen-Busflotte sowie die vollständige Rezyklierung zum erneuten Einsatz als Trägergas. Nun kristallisierte sich der Einsatz des Wasserstoffs im öffentlichen Verkehr als beste Lösung heraus.

Als weiterer Projektpartner von VERBUND und Infineon fungiert die Linde GmbH, die für Konstruktion, Bau und Betrieb der Anlage verantwortlich zeichnet. Wissenschaftlich begleitet wird H2Pioneer von der HyCentA Research GmbH, dem Energieinstitut an der JKU Linz sowie von der Vorzeigeregion WIVA P&G (Wasserstoffinitiative Austria Power & Gas).

 

Weitere Informationen:
H2Pioneer