Energiegemeinschaften auch für die Industrie?

Juli 15, 2021

Das Forschungsprojekt InduGrid – Industrial Microgrids untersucht an drei Standorten in Oberösterreich, ob und wie Industrieunternehmen Strom und Wärme untereinander tauschen oder handeln können. Einsparungen im einstelligen Prozentbereich wären möglich.

In Wels, Hagenberg und im Betriebsbaugebiet Ennshafen lotet das Forschungsteam rund um Gerald Steinmaurer von der University of Applied Sciences Upper Austria aus, wie Kooperationen zwischen Industrieunternehmen im Rahmen von Energiegemeinschaften funktionieren könnten. An allen drei Standorten konnten mögliche Synergien zwischen benachbarten Firmen identifiziert werden.

 

Strom und Wärme tauschen. In Wels zeigte sich, dass ein Stromtausch zwischen mehreren Unternehmen möglich wäre. Mehrere Firmendächer sind Photovoltaik bestückt. Interessant könnte auch eine Wärmelieferung des metallverabeitenden Betriebs Rübig an das direkt benachbarte Bauunternehmen Gerstl sein. Hier müsste lediglich eine Wärmeleitung verlegt werden – und schon könnten im Winter Wasser für die Betonherstellung vorgewärmt sowie Betonteile mithilfe von Abwärme getrocknet werden.

Eine ähnliche Möglichkeit ergibt sich im Betriebsbaugebiet Ennshafen. Hier kann das Abwasser der Wäscherei von Salesianer Miettex mithilfe einer Wärmepumpe zur Beheizung des benachbarten Chemieunternehmens Biomontan genutzt werden.

 

Energiequelle Server. Die Abwärme von Servern der STIWA AMS GmbH in Hagenberg wiederum wäre zur Beheizung des Studentenheims im gegenüber liegenden Gebäudeblock geeignet. Umgekehrt verfügt das Studentenheim über eine große Photovoltaikanlage auf dem Dach und könnte Strom an STIWA liefern. Auch Helios Sonnenstrom hat hier mehrere durch Bürgerbeteiligung finanzierte Photovoltaikanlagen installiert, deren Erträge direkt bei STIWA verwertet werden könnten.

„Bei Energiegemeinschaften für die Industrie ist es wichtig, dass die TeilnehmerInnen gut zusammenpassen“, erklärt Steinmaurer. „Eine Energiegemeinschaft, in der alle zur gleichen Zeit Überschüsse aus Photovoltaik produzieren, bringt nichts.“ Allerdings könnten manche Firmen ihre Produktionsprozesse flexibler gestalten, sodass Stromerzeugung und -nutzung zeitlich besser harmonieren.

 

Genau kalkulieren. Große Gewinne durch Energiegemeinschaften erwartet sich Steinmaurer für Industriebetriebe noch nicht. Denn die Industrie bezieht ja bereits jetzt Strom zu sehr günstigen Konditionen. Sieht der Gesetzgeber in Zukunft jedoch geringere Netzgebühren und Abgaben auch für industrielle Teilnehmer an Energiegemeinschaften vor, wären Einsparungen im einstelligen Prozentbereich möglich.

Positiv wäre jedenfalls der Effekt für den Klimaschutz und die Vermeidung hoher Spitzenlasten in den Stromnetzen. Steinmaurer geht weiter davon aus, dass Energiegemeinschaften den Ausbau der Photovoltaik unterstützen werden. Wird derzeit zur Planung der Anlagengröße vor allem der Eigenbedarf herangezogen, könnte künftig auch der Bedarf der Nachbarn mitberücksichtigt werden.

Die Ergebnisse des Projekts sollen auch in die (nationale) Gesetzgebung einfließen. Dazu ist die E-Control mit an Bord. Sie beobachtet, wie sich die die regulatorischen Rahmenbedingungen auf das Zustandekommen von Energiegemeinschaften auswirken. InduGrid ist ein Forschungsprojekt innerhalb des NEFI-Innovationsverbundes und wird aus Mitteln des Klimaschutz-Ministeriums unterstützt.

 

Weitere Informationen:

NEFI/InduGrid

Vorzeigeregion Energie/InduGrid