Dicker Brummer mit Wasserstoffantrieb
Juni 7, 2022
Für die Mittel- und Langstrecke wird im Forschungs- und Entwicklungsprojekt „FC4HD – Heavy-duty Fuel Cell Road Demonstrator“ eine 40-Tonnen-Sattelzugmaschine entwickelt. Nächstes Jahr soll das Demonstrationsfahrzeug erst auf einer Teststrecke und dann auf öffentlichen Straßen fahren.
Rund zwei Drittel des Schwerverkehrs auf europäischen Straßen wird mit 40 Tonnen schweren Sattelschleppern abgewickelt. Sie bieten enorme Transportkapazitäten, haben aber auch den größten CO2-Fußabdruck im EU-Straßenverkehrssegment. Könnten wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen-Zugmaschinen die dieselbetriebenen Trucks ersetzen? Das will das Forschungsteam* rund um die AVL List GmbH in ihrem dreijährigen F&E-Projekt FC4HD herausfinden.
Kraftpaket. Zunächst gilt es, einen leistungsstarken Antrieb zu entwickeln. Dazu sollen zwei Brennstoffzellen-Module mit jeweils 154 kW Spitzenleistung eingesetzt werden. „Die Herausforderung dabei ist, für eine gleichmäßige Verteilung des Wasserstoffs in den Brennstoffzellen zu sorgen, um diese nicht irreversibel zu schädigen“, erläutert Projektleiter Richard Schauperl. „Weiters entwickeln wir ein luft- und wasserbasiertes Thermalsystem.“ Die Abwärme der Brennstoffzellen soll natürlich nicht nur „weggekühlt“, sondern auch für die Beheizung der Fahrerkabine genutzt werden.
Gesteuert wird die Kühlung durch ein vorausschauendes Energiemanagementsystem. Seine wichtigste Funktion ist, die Kühlung rechtzeitig vor der nächsten Steigung auf Touren zu bringen. Bergab kann sie wieder heruntergefahren werden – und die Sattelzugmaschine verwandelt via Rekuperation die Bremsenergie in Strom. Statt einem Dieseltank wird das Fahrzeug vier Wasserstofftanks erhalten. Zwei davon wurden bei Magna in Steyr entwickelt und bieten noch mehr Speicherkapazität.
Noch größer? Getankt wird mit 700 bar, was hierzulande erst an sehr wenigen Wasserstofftankstellen, zum Beispiel in Wiener Neudorf und Linz, möglich ist. „Der Demo-Truck wird 30 Kilogramm Wasserstoff tanken und damit eine Reichweite von 300 Kilometern erzielen“, sagt Schauperl. „Das Ziel aber lautet 1.000 Kilometer Reichweite.“ Da wird dann allerdings der Platz im Fahrzeug knapp. Man könnte einen Teil der Tanks im Auflieger platzieren, was allerdings den Nachteil eines geringeren Ladevolumens hätte. Außerdem könnten dann nur diese speziellen Auflieger statt jedem x-beliebigem eingesetzt werden. Daher möchte das Forschungsteam die Zugmaschine verlängern, benötigt dazu jedoch eine Gesetzesänderung, um auch eine Straßenzulassung zu erhalten.
Die Vorteile eines Brennstoffzellen-40-Tonners im Vergleich zu einem batteriebetriebenen liegen vor allem im geringeren Gewicht und in der schnellen Betankungszeit von 20 Minuten. Ab Anfang nächsten Jahres soll der Demo-Truck über die Teststrecke von AVL List rollen, ab Juni 2023 sechs Monate lang auf öffentlichen Straßen zwischen Graz, Wiener Neudorf und Linz. Die allergrößte Challenge bei einer Umrüstung des Schwerverkehrs von Diesel auf Wasserstoff wird jedoch die Bereitstellung und Verteilung der dafür benötigten riesigen H2-Mengen aus erneuerbaren Quellen sein.
* Projektpartner sind: MAGNA Energy Storage Systems GmbH, SYRION – Institut für Systemische Forschung und Innovation, TU Wien / Institut für Mechanik und Mechatronik, WIVA P&G, Energieinstitut an der Johannes-Kepler-Universität Linz, Schenker & Co AG, OMV, HyCentA Research GmbH und Hydrogen Europe.
Weitere Informationen:
FC4HD