Das Leben nach dem Tod

Februar 28, 2022

„Normalerweise werden Batterien von Elektroautos ausgetauscht, wenn sie nur mehr 70 bis 80 Prozent der ursprünglichen Speicherkapazität aufweisen“, erklärt Reinhard Ungerböck von der Grazer Energieagentur, der Projektleiter von SecondLifeBatteries4Storage. „Wir rechnen jedoch damit, dass diese Batterien noch rund sieben Jahre als stationäre Speicher eingesetzt werden können.“

 

Gesundheitscheck. Bevor die Batterien ihr zweites Leben beginnen, müssen sie jedoch einem Test unterzogen werden. Dazu entwickelte AVL DiTest ein mobiles Schnellanalyse-Gerät. Damit werden innerhalb weniger Minuten die Spannung und der Innenwiderstand der Batterien festgestellt. In einer Langzeitmessung von vier bis acht Stunden können auch alle anderen wichtigen Parameter ermittelt werden. „Dadurch können Batterien desselben Typs und derselben Qualität zu einem Großspeicher gebündelt werden. Das ist wichtig, da das schwächste Glied in der Kette die Gesamtleistung bestimmt“, erläutert Ungerböck. Das Analysegerät könnte ab sofort auch in Autowerkstätten eingesetzt werden.

 

Im Herbst 2020 ging eine Pilotanlage mit 96 kWh bei der Firma Saubermacher in Unterpremstätten in Betrieb, wo sie nach einer Einregulierungsphase die Lastspitzen des Entsorgungsunternehmens senkte. Außerdem nahm der Speichercontainer die Restenergie von Autobatterien auf, die zum Recycling angeliefert wurden. Inzwischen ist die Anlage in der Firmenzentrale von Saubermacher in Feldkirchen bei Graz im Einsatz und optimiert dort den Eigenstromverbrauch aus der Photovoltaikanlage.

 

E-Autobatterien noch Mangelware. Künftig könnten bei Industriebetrieben Second-Life-Speicher im Megawattbereich zum Einsatz kommen. Das ist allerdings noch Zukunftsmusik, denn aktuell fallen in Österreich jährlich gerade einmal rund 200 Tonnen ausgemusterte E-Autobatterien an, das entspricht etwa 4.000 Stück. Für das Jahr 2030 werden jedoch 10.000 bis 20.000 Tonnen prognostiziert – je nach Entwicklung der E-Mobilität. Die optimale Speichergröße kann mit einem im Projekt entwickelten Algorithmus auf Basis der 15-Minuten-Stromlastprofile der Anwender*innen ermittelt werden. Zur Erhöhung des Eigenstromverbrauchs für kleine private PV-Anlagen ist eine Bündelung von E-Autobatterien nicht erforderlich. Hier würde schon die Batterie eines Kleinwagens ausreichen.

 

Aber sind Second-Life-Batteriespeicher auch wirtschaftlich einsetzbar? „Zur Steigerung des Eigenstromverbrauchs von Photovoltaikanlagen ist man hier an nächsten an der Wirtschaftlichkeit dran. Im Bereich der Lastspitzenabsenkung würden sich die Speicher in Deutschland bereits heute rechnen, in Österreich jedoch noch nicht, da den Unternehmen das Erzeugen von Lastspitzen hierzulande deutlich billiger kommt als bei unseren Nachbarn“, meint Ungerböck.

 

Haftungsfragen. Noch zu klären sind rechtliche Aspekte, vor allem Fragen der Produkthaftung und der Gewährleistung. Es sind hier die erhöhten Risiken durch den gebrauchten Zustand zu beachten. Auf neue Batterien gibt es Herstellergarantien, die es in dieser Form für Second-Life-Module nicht gibt. Das Haftungsrisiko liegt demnach beim Anlagenerrichter und nicht beim Batteriehersteller. Für dieses erhöhte Haftungsrisiko müssen Versicherungen gefunden werden, die das abdecken. Nach dem „zweiten Leben“ können rund 60 Prozent der Inhaltsstoffe recycliert werden. „Dabei werden vor allem Metalle wie Kupfer, Stahl, Aluminium, Kobalt und Nickel zurückgewonnen. Ein Recycling des Elektrolyts und der Kunststoffanteile ist nicht möglich“, so Ungerböck.

 

 

Weitere Informationen:

SecondLifeBatteries4Storage