Stimmen der Energieforschung: Martina Prechtl-Grundnig
Richtig aufgesetzt können Energiegemeinschaften durch die aktive Beteiligung der Bevölkerung dazu beitragen, die regionale Erzeugung und Nutzung von erneuerbaren Energien zu forcieren. Welche Rolle sehen Sie in der „Energieforschung als Experimentierräume für Energiegemeinschaften“?
Die Schaffung von Energiegemeinschaften braucht momentan vorrangig einmal einen rechtlich-organisatorischen Rahmen. Von der Energieforschung braucht es hier keine Bereitstellung von Grundlagenerkenntnisse, weil es vielmehr darum geht, bereits bekanntes und bestehendes gut zusammenzufügen. Wir befinden uns in der Phase der „Piloten“. Die Energieforschung kann die Schaffung von guten Organisationsstrukturen und die optimale systemische Integration von Energiegemeinschaften begleiten, damit die gewonnenen Erkenntnisse dann breit ausgerollt werden können und somit Energiegemeinschaften dazu verhelfen, nicht nur gut im Energiesystem integriert zu sein, sondern dort auch ihre Vorteile voll zu entfalten.
Forschungsprojekte können nicht nur Experimentierräume für die Erprobung neuer Produkte und Geschäftsmodelle schaffen, sondern gleichzeitig unterstützen aktiv das regulatorische Umfeld weiterzuentwickeln. Welche Potenziale und Anforderungen regulatorischer Experimentierräume sehen Sie zum Thema Energiegemeinschaften in Österreich?
Ich sehe eine gewisse Herausforderung in der Herstellung eines level – playing – fields für alle Akteure am Energiemarkt, zu denen dann auch die Energiegemeinschaften gehören. Konsumenten werden zu Produzenten. Das führt dazu, dass sie auch einen erweiterten Zugang zu Informationen brauchen. Die Schaffung von mehr Transparenz in Echtzeit ist gefragt – insbesondere im Bereich der Stromnetze. Ich denke, dass hier ein guter Ansatzpunkt zur unterstützenden Weiterentwicklung des regulatorischen Umfeldes durch die Energieforschung ist.
In der sich verändernden Energielandschaft erhöht sich die Komplexität des Gesamtsystems. Nicht nur aufgrund der höheren Vielzahl an Akteuren, sondern auch aufgrund von Sektorkoppelung und Veränderungen im Produktions- und Verbrauchsverhalten. Dieser Wandel wird auch durch die Energiegemeinschaften mitgeprägt. Zur optimalen Gestaltung dieses Zusammenspiels braucht es auch eine entsprechende Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens.
Die aktive Teilnahme von Bevölkerung und Klein- und Mittelbetrieben ist entscheidend für den Erfolg von Energiegemeinschaften. Wie sollen die Erfahrungen gewonnen in Forschungsprojekten an potenzielle Teilnehmer*innen von Energiegemeinschaften kommuniziert werden?
Die Erfahrungen einer ersten Phase der Energiegemeinschaften sind entscheidend für die weitere Entwicklung. Daher muss die Anfangsphase, die „First Mover“, auch gut unterstützt und begleitet werden. Diese positiven Beispiele müssen dann sichtbar gemacht werden.
Ich sehe auch Gemeinden in einer Vorbildrolle. Sie sollten auch sehr offensiv eingeladen werden, hier initiativ zu werden. Kommunikation muss jedenfalls niederschwellig und menschennah gestaltet werden!
DI Martina Prechtl-Grundnig
Geschäftsführerin, Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ)
Ausbildung
Martina Prechtl absolvierte im Jahr 2001 das Studium der Landschaftsplanung und Landschaftspflege an der Universität für Bodenkultur Wien. Das Studium beinhaltete Auslandsstudienaufenthalte an der Facoltà di Agraria in Bologna und in Rom. 2007 erlangte sie im Zuge des postgradualen, berufsbegleitenden „MSc Program – Renewable Energy in Central and Eastern Europe“ den akademischen Grad „MSc“ der Technischen Universität Wien.
Beruflicher Werdegang
Martina Prechtl-Grundnig war nach ihrem Studium beim Dachverband der Absolventenverbände der niederösterreichischen landwirtschaftlichen Schulen – Landimpulse – beschäftigt. Von 2002 bis 2007 war sie Geschäftsführerin des Energieparks Bruck an der Leitha, bis sie 2007 die Geschäftsführung von Kleinwasserkraft Österreich, der Interessensvertretung der österreichischen Kleinwasserkraftbranche, übernahm. Von 2010 bis 2013 war sie auch Geschäftsführerin der KÖ Wasserkraft Service GmbH. Nach der Geburt ihrer 2 Kinder stieg sie wieder bei Kleinwasserkraft Österreich als stellvertretende Geschäftsführerin ein. Im April 2020 übernahm sie die Geschäftsführung des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich EEÖ.