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e-co Volkswirtschaftliche Auswirkungen eines nachhaltigen Energiekonsums

Projektziele:

Das Projekt e-co analysiert die Auswirkungen eines nachhaltigen Energiekonsums auf Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft und orientiert sich dabei an den energie- und klimapolitischen Zielen Österreichs bis 2020. Dazu werden Szenarien, die auf erneuerbare Energieträger, Energieeffizienz-Steigerungen und Reduktionen des Energieverbrauch privater Haushalte fokussieren, mit einem integrierten Umwelt-Energie-Wirtschaft-Modell simuliert und evaluiert.

Die Ergebnisse geben Aufschluss, mit welchen Technologien, Strategien und Maßnahmen die aktuellen energie- und klimapolitischen Ziele Österreichs sozial ausgewogen, wirtschaftlich rentabel und ökologisch vorteilhaft erreicht werden können und bieten somit politischen Akteuren eine verbesserte Entscheidungsbasis.

Projektinhalte und -methode:

Methodisch baut e-co auf der Entwicklung, Modellierung und Auswertung von mehreren Szenarien auf, die alle drei Eckpfeiler der Umorientierung des Energiekonsums in Richtung Nachhaltigkeit – die Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien, die Erhöhung der Energieeffizienz, sowie die Reduktion des Energieverbrauchs der privaten Haushalte – gleichermaßen berücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass sich alle drei Anknüpfungspunkte ergänzen und nur in Summe eine nachhaltige Entwicklung des Energieverbrauchs ermöglichen. Aufgrund der Wechselwirkungen und Rückkoppelungen zwischen unterschiedlichen Maßnahmen ist es wichtig, sie auch in einem integrativen Rahmen zu analysieren.

Die Szenarien werden mit einem integrierten Umwelt-Energie-Wirtschaft-Modell (E3: Environment – Energy – Economy) simuliert, das im Rahmen des Projektes e-co zunächst aktua-lisiert und erweitert werden muss, um die entwickelten Szenarien quantitativ berechnen zu können. Nach den Anpassungen stellt das makro-ökonometrische multisektorale Simulati-onsmodell einen geeigneten Analyserahmen dar, der die explizite und konsistente Berück-sichtigung der komplexen und vielfältigen Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Wirtschaftszweigen erlaubt. Damit können die Auswirkungen der Szenarien auf Wirtschaft, Umwelt und Beschäftigung sehr detailliert abgebildet werden.

Auf Grundlage dieser Ergebnisse werden die einzelnen Szenarien evaluiert und schließlich konkrete Politikempfehlungen abgeleitet, wie ein nachhaltiger Energiekonsum in Österreich erreicht werden kann. Bei der Entwicklung, Modellierung und Auswertung der Szenarien werden ausgewählte Stakeholder (InteressensvertreterInnen, PolitikerInnen und ExpertInnen) im Bereich Energiepoli-tik und –versorgung aktiv in die wissenschaftliche Arbeit integriert, um den Forschungs- und Entscheidungsprozess der WissenschafterInnen und ExpertInnen um ihre Erfahrungen, ihr Wissen und ihre Präferenzen zu bereichern. Das Projekt leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Verbindung von Wissenschaft und Praxis, indem es den Dialog zwischen Stakeholdern und WissenschafterInnen fördert und die Transparenz der Modellierung erhöht.

Szenarien:

Die in e-co entwickelten und modellierten Szenarien berücksichtigen alle drei Eckpfeiler der Umorientierung des Energiekonsums in Richtung Nachhaltigkeit gleichermaßen: die Substitution von fossilen Brennstoffen durch erneuerbare Energieträger (Szenario „Wir nutzen die richtige Energie!“), die Erhöhung der Energieeffizienz (Szenario „Wir nutzen Energie richtig!“) sowie eine Reduktion des absoluten Energieverbrauchs durch Verhaltensänderungen (Szenario „Wir nutzen Energie bewusst!“). Das Integrationsszenario „Wir nutzen die richtige Energie bewusst richtig!“ fasst alle Parameter der Einzelszenarien zusammen und berücksichtigt damit alle drei Eckpfeiler in einem Szenario. Die in den Szenarien genannten Maßnahmen umfassen einerseits ordnungspolitische Maßnahmen (z.B. Erneuerbares Energiegesetz, einheitliche und verbindliche Baustandards für alle Wohngebäude), andererseits spielen aber auch begleitende Maßnahmen eine wichtige Rolle (z.B. Beratung und Schulungen, Ausbau der Contractingmöglichkeiten). So ist es insbesondere wichtig, Strukturen zu schaffen, die einer Energiewende im weitesten Sinne nicht abträglich sind (z.B, die Lösung des NutzerInvestor-Problems als Anreizmechanismus von Wohnbausanierung). Um die Unterschiede zwischen dem im jeweiligen Szenario definierten Ziel und der wahrscheinlichen Entwicklung ohne weiteres politisches Handeln aufzuzeigen, wurde als Referenz ein Business-AsUsual-Szenario (BAU) entwickelt: Wie alle Szenarien fokussiert auch das BAU auf die Bereitstellung bzw. Nachfrage von Strom und Wärme durch private Haushalte.

Projektergebnisse:

Im Folgenden werden die Haupterkenntnisse aus der Szenarienmodellierung und -analyse kurz zusammengefasst:

Energie- und Klimaziele sind nur mit ambitionierten Maßnahmen und massiven Verhaltensänderungen zu erreichen

Die Projektergebnisse zeigen deutlich, dass Effizienzsteigerungen und die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energie wichtige Bestandteile einer „Energiewende“ sind, alleine jedoch nicht ausreichen, um die Energie- und Klimaziele Österreichs und der EU zu erreichen. Nur wenn es gelingt über Verhaltensänderungen den Anstieg des Energieverbrauchs zu stoppen, können erneuerbare Energien und Effizienzsteigerungen die ihnen zugesprochene Rolle zur Erreichung eines nachhaltigen Energiesystems auch erfüllen.

Potenzial von erneuerbaren Energiequellen nutzen

Erneuerbare Energiequellen sind im Gegensatz zu fossilen oder nuklearen Ressourcen die einzigen, die uns langfristig eine nachhaltige Entwicklung unterstützen können. Ein Energiesystem auf Basis erneuerbarer Energieträger hat den Vorteil, dass es auf einer großen Zahl unterschiedlicher Ressourcen beruht, die Herkunftsländer der Energieträger dadurch weiter gestreut sind und dass die Energiequellen meist dezentraler strukturiert sind. Daher wirkt es sich positiv auf die Versorgungssicherheit aus, was ein wesentliches Qualitätsmerkmal eines zuverlässigen Energiesystems darstellt. Neben der Klimafreundlichkeit ist somit auch ihre Krisensicherheit ein überzeugendes Argument für den verstärkten Einsatz regenerativer Energien. Ihr großes Potenzial, insbesondere der Sonnenenergie, lässt sich in den nächsten Jahren jedoch aufgrund der fehlenden Wirtschaftlichkeit noch nicht voll entfalten. Daher ist der jetzige Energiebedarf mit erneuerbaren Energieressourcen ohne Eingriffe in die Natur nicht vollständig zu decken, da unter anderem der Anbau von Biomasse oder die Installation von Sonnenkollektoren in dem nötigen Ausmaß riesige Flächen benötigen würde oder die Artenvielfalt durch Monokulturen für Energiepflanzen weiter bedroht wäre (siehe z.B. Haberl et al., 2002). Trotzdem ist bis 2020 ein erheblicher Ausbau des Potenzials möglich: Im Szenario „Wir nutzen die richtige Energie“ erreicht der Ausbau erneuerbarer Energieträger ein Potenzial von knapp 514 PJ, das entspricht einem Zuwachs von 155 PJ im Vergleich zu 2007. Die Annahmen basieren auf diversen Strategiepapieren unterschiedlicher Quellen, wobei versucht wurde, einen Mittelweg zwischen sehr ambitionierten und konservativen Annahmen zu gehen, die auch intensiv im Rahmen des Stakeholderprozesses diskutiert wurden. Um die Konkurrenzfähigkeit von erneuerbaren Energien zu verbessern, sind sie durch Investitionszuschüsse und zusätzliche Förderung von Forschung und Entwicklung weiterhin zu unterstützen.

Effizienzerhöhungen durch Sanierungen forcieren

Zusätzlich zum Ausbau von erneuerbarer Energie ist auch die Erhöhung der Energieeffizienz für eine sicherere und umweltfreundliche Energieversorgung unbedingt notwendig. Besonders die Möglichkeiten zur Energieeinsparung ohne Komforteinbußen im Wohnungs- und Gebäudebestand wurden bislang noch unzureichend ausgeschöpft. Daher ist eine weitreichende Umschichtung der Wohnbauförderungsmittel vom Neubau zur Sanierung notwendig. Effizienzmaßnahmen bergen die Gefahr von Reboundeffekten in sich Die historische Entwicklung hat gezeigt, dass Effizienzmaßnahmen nicht zu einem Rückgang des Energieverbrauchs geführt haben – sondern das Einsparungspotenzial durch ein „Mehr“ kompensiert bzw. sogar überkompensiert wurde. Das gilt für den Stromverbrauch durch Geräte (zusätzliche Geräte, mehrfacher Bestand an Geräten) ebenso wie für den Bereich Wohnen und Heizen (größere Wohnflächen, höhere Heiztemperatur) und vor allem für den Verkehrsbereich (höherer PKW-Bestand, mehr gefahrene Kilometer). Dazu kommt, dass durch Maßnahmen, die die wirtschaftliche Entwicklung in energieintensiven Wirtschaftsbereichen ankurbeln, ein indirekter Reboundeffekt ausgelöst wird (Anstieg des Energieverbrauchs durch Wirtschaftswachstum). Ein wesentlicher Vorteil der integrierten Modellierung mit e3.at liegt darin, diese indirekten Reboundeffekte besser abbilden zu können, da wirtschaftliche Verknüpfungen im Modell berücksichtigt werden.

Anstieg des Energiekonsums muss gestoppt werden

Da die klima- und energiepolitischen Ziele mit weitreichenden Effizienzmaßnahmen und zusätzlichem Ausbau von erneuerbarer Energie bei einem weiter ansteigendem Energiekonsum nicht realisierbar sind, müssen Wege gefunden werden, die diesem Anstieg entgegenwirken.

Größter Einspareffekt durch Verhaltensänderungen

Ein gesteigertes Energiebewusstsein der Bevölkerung ist unumgänglich, um eine Energiewende zu initiieren. Politische Maßnahmen sollten auf jene Bereiche fokussieren, die einen Großteil des Energieverbrauchs österreichischer Haushalte ausmachen: Verkehr und Wohnen. Dabei muss auch das Verhalten der österreichischen Bevölkerung adressiert werden. Mobilität ist der am schnellsten wachsende und energieintensivste Sektor. Änderungen im Bereich des individuellen Verkehrs haben einen großen Einfluss auf die Erreichung der Klima- und Energieziele. Dieser Bereich sollte daher von politischer Seite offensiv adressiert werden. Auch im Bereich Wohnen sind Maßnahmen notwendig, die zu einem Umdenken der Bevölkerung in Hinblick auf die gewünschte Wohnform führen: eine Attraktivierung verdichteter Wohnformen einerseits sowie eine Verteuerung vom Wohnen im Grünen andererseits würden nicht nur zu einer Abnahme des Energiebedarfs für Heizen und Wohnen führen, sondern hätten ebenso positive Affekte auf den Verkehrssektor. Umgekehrt dürfen die stark positiven Effekte von Verhaltensänderungen nicht als eine Möglichkeit zur Unterlassung von technischen Verbesserungen z. B. Förderung der Wohnbausanierung oder eines weiteren Umbaus des Energiesystems auf erneuerbare Energieträger interpretiert werden, da Verhaltensänderungen freiwillig sind und keineswegs so stark sein müssen wie in diesem Szenario unterstellt. Außerdem kann sich die Veränderung auch im negativen Sinne vollziehen – das heißt, bei fehlenden oder unzureichenden Maßnahmen in Richtung einer Bewusstseinsänderung ist es möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich, dass der Energiekonsum pro Kopf durch zusätzliche Geräte, zunehmende Mobilität, größere Wohnflächen, etc. weiter zunimmt.

Im Modell wurden beispielhaft drei Maßnahmen zur Förderung von Verhaltensveränderungen berücksichtigt: einerseits eine Intensivierung der Energieberatung mit Hausbesuchen, andererseits Investitionsförderungen für Messsysteme mit Feedback. Das wirkungsvollste Instrument, um Verhaltensveränderungen der Menschen zu stimulieren, sind lokale/regionale professionell begleitete Prozesse. Diese Prozesse sollten sich mit der Nachhaltigkeit von Lebensstilen und dem Aufbau von Sozialkapital beschäftigen. Die Wertegebäude von Kollektiven bestimmen deren Denken, Fühlen und Handeln und formen deren Kultur. Nachhaltige Lebensstile können sich nur verbreiten, wenn das dafür erforderliche Wertegebäude in einer Gemeinschaft geteilt wird. Daher kommt dem Bereich Sozialkapital im Rahmen solcher Prozesse eine zentrale Bedeutung zu. Die genannten Maßnahmen verursachen auch bei großzügiger Dotierung vergleichsweise geringe Kosten.

Nur die Verbindung aller vorgeschlagenen Maßnahmen erreicht das 34 % Erneuerbare Ziel und kann die CO2-Emissionen nennenswert reduzieren
Die traditionellen Szenarien mit den Schwerpunkten Ausbau der erneuerbaren Energie bzw. Energieeffizienz sind geeignet, Änderungen im Energieträgermix zu erreichen und bedeutende Einsparungen zu realisieren. Jedoch schaffen sie nur in Verbindung mit weitreichenden Verhaltensänderungen das 34 %-Ziel zu realisieren. Durch die Summer der Maßnahmen konnten die CO2-Emissionen zwar im Vergleich zum Jahr 2020 klar reduziert werden, eine Herabsetzung auf bzw. unter das CO2-Emissionsniveau von 1990 konnte aber nicht erreicht werden.

Alle Szenarien haben positive Wirkungen auf Wirtschaftswachstum und Beschäftigung

Die konsequente Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen würde nicht nur zu energie- und klimarelevanten Verbesserungen führen, sondern auch wirtschaftliche Vorteile bringen. So haben Wirtschaftsleistung und Beschäftigung in allen Szenarien besser abgeschnitten als im BAU. Zwar kann ein nachhaltigeres Verhalten vorübergehend mit Einschränkungen verbunden sein, jedoch bedeutet es nicht zwangsläufig und dauerhaft eine Minderung ökonomischer Möglichkeiten. Die positiven wirtschaftlichen Nebenwirkungen sollten daher als unterstützendes Argument klar herausgearbeitet werden.

Rasches Handeln notwendig

Viele der in den Szenarien angesprochenen Maßnahmen sind rasch umsetzbar. Angesichts des kurzen Zeitraums bis 2020 sollten sie auch bald gesetzt werden. Abschließend ist nochmals klar darauf hinzuweisen, dass Verhaltensänderungen einen bedeutenden Beitrag zur Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele leisten können, jedoch nicht an Stelle von ebenfalls notwendigen Effizienzsteigerungen und eines massiven Ausbau erneuerbarer Energien passieren dürfen.

Steckbrief