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FlashCheck Lichtbogendetektion in DC-Netzen Regelungsorientierte Identifikation mit Compressed Sensing und symbolischer Klassifikation

Da kein allgemeingültiges Konzept für die Störlichtbogendetektion in Hybridsystemen existiert hat, wurden in diesem Projekt die Abhängigkeit der Störlichtbogenereignisse von der Wechselrichterelektronik, verschiedenen Batterielösungen zum Zwischenspeichern der elektrischen Energie und von anderen Störeinflüssen wie etwa der Länge und Leitungsführung der elektrischen Kabel untersucht und modelliert. Als Ergebnis wurden eine Beschreibung der gemeinsamen Charakteristika von Störlichtbögen in unterschiedlichen Systemkonfigurationen und ein generelles Konzept zur Erkennung von Störlichtbögen entwickelt.

Es wurde die Quelle-Lastabhängigkeit der Störlichtbogensignale in Abhängigkeit von verschiedenen Systemkonfigurationen erforscht und simulationstechnisch modelliert, um Störlichtbogensignale synthetisch generieren zu können. Die regelungsorientierten Systemmodelle lieferten die Grundlage für neuartige systemidentifikations- bzw. fehlerdiagnosebasierte Methoden zur Lichtbogendetektion.

Weiters wurde die Sensorik für die optimale Erfassung der breitbandigen sporadischen Lichtbogensignale erstmals mittels Compressed Sensing untersucht und darauf aufbauend neue Algorithmen zur symbolischen Klassifizierung von dünnbesetzten Lichtbogensignalen abgeleitet, die eine sehr hohe Detektionsrate erreichen.

Ein solches zuverlässiges und allgemeingültiges Konzept zur Störlichtbogenerkennung wird einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit von DC-Mikronetzen leisten und bereits aktiv in PV-Wechselrichtern eingesetzt.

Ausgangssituation

Störlichtbögen stellen in Photovoltaikanlagen und Batteriespeichersystemen (Hybridsystemen) aufgrund der großen Gleichspannung und -ströme ein potentielles Sicherheitsrisiko dar. Dies gilt besonders für serielle Lichtbögen, deren Auftreten zumeist durch defekte Kabel oder schlechte elektrische Verbindungen (Alterungseffekte, Umwelteinflüsse oder Tierverbiss) verursacht wird. Die Folge daraus ist Brandgefahr für umliegende Teile aufgrund der hohen Temperatur dieser massiven Energieentladung.

Die zunehmende Anzahl an installierten Systemen und das Altern der Systemkomponenten samt der Verkabelung werden bei zu erwartendem exponentiell wachsendem Fehlerrisiko in Zukunft vermehrt zu Lichtbogenbildung und dadurch zu Bränden in derartigen Gleichstrom (DC) Mikronetzen führen.

Der Markt bietet heute unterschiedliche Systeme zur Lichtbogendetektion in Photovoltaikanlagen an. Diese Schutzsysteme sind sehr spezifische Lösungen, die speziell für bestimmte Komponenten wie beispielsweise Wechselrichter einiger weniger großer Hersteller optimiert worden sind. Grundsätzlich sind aber alle derzeit verfügbaren Schutzgeräte nur für eingeschränkte Anwendungsfälle konzipiert (beispielsweise Erkennung der normativ geforderten Störlichtbögen). Eine generelle Lösung zur Lichtbogendetektion in DC-Mikronetzen (z.B. Hybridsysteme mit Photovoltaik (PV) Modulen und Batteriespeichern) gibt es derzeit nicht.

Projektverlauf

Im Rahmen des gegenständlichen Projektes wurde versucht, Störlichtbögen in Photovoltaikanlagen und Batteriesystemen mit unterschiedlichen Methoden zu detektieren.
Aufgrund der großen Gleichspannung und -ströme stellen Lichtbögen in PV-Systemen und Batteriespeichern ein potentielles Sicherheitsrisiko dar. Dies gilt besonders für serielle Lichtbögen, deren Auftreten zumeist durch defekte Kabel oder schlechte elektrische Verbindungen (Alterungseffekte, Umwelteinflüsse oder Tierverbiss) verursacht wird. Die Folge daraus ist Brandgefahr für umliegende Teile aufgrund der hohen Temperatur dieser massiven Energieentladung.
Die verfügbaren Systeme zur Lichtbogendetektion am Markt sind sehr spezifische Systeme welche für die jeweilige Anwendung bis hinunter auf Komponentenebene angepasst sind. Insbesondere in größeren DC-Netzen ist eine verlässliche Erkennung bis heute nicht möglich. Selbst in PV-Anlagen sind die verfügbaren Schutzgeräte meist für bestimmte Anwendungsfälle, beispielsweise die Erkennung von normativ geforderten Lichtbögen konzipiert.
Im Rahmen dieses Projekts wurde versucht, ein generelles Konzept zur Erkennung von Störlichtbögen ohne Relevanz von Störeinflüssen, wie beispielsweise der Länge und Leitungsführung der elektrischen Kabel, zu entwickeln. Dazu wurde die Quelle-Lastabhängigkeit simulationstechnisch modelliert und ein modellbasierter Erkennungsansatz evaluiert. Um die notwendige Sensorik mittels einfacher, kostengünstiger Systeme zu ermöglichen, wurde der Einsatz von Compressed Sensing zu Erfassung der breitbandigen sporadischen Lichtbogensignale untersucht.

Meilensteine

  1. Erfolgreiche Aufzeichnung der Lichbogensignaturen (01/2019)
  2. Erfolgreiche Tests von Compressed Sensing (07/2019)
  3. Machbarkeit der generierung synthetischer Lichtbogensignaturen machbar (01/2019)
  4. Verwendbarkeit von Compressed Sensing in Kombination mit Klassifikatoren nachgewiesen (09/2019)

"Mit den neu gewonnenen Erkenntnissen und entwickelten Algorithmen kann die Sicherheit von PV-Anlagen hinsichtlich Brandschutz zukünftig signifikant erhöht werden."

– Philipp Rechberger –

Ergebnisse

Datenerfassung
Zur Datenerfassung wurden unterschiedliche Systeme untersucht, welche die notwendigen Parameter zur nachfolgenden Detektion aufzeichnen sollten. Es wurde ein neuartiges System auf Basis eines RedPittaya entwickelt und in unterschiedlichen Konfigurationen sowohl im Laborbetrieb als auch auf einer realen Anlage evaluiert.
Im Projekt wurde jedoch die Kommunikation bzw. der Datentransfer unterschätzt. Für einen Rollout auf Feldsysteme wäre ein Breitband Mobilfunksystem (5G) erforderlich gewesen, welches zum Zeitpunkt der Entwicklung noch nicht zur Verfügung stand. Außerdem sollten die Messdaten entweder vorverarbeitet oder automatisiert auf eine Cloud übertragen werden.

Compressed Sensing
Es konnte gezeigt werden, dass Ideen aus dem Bereich des Compressed Sensing, insbesondere der Modulated Wideband Converter, für die zuverlässige und kostengünstige Erkennung von Lichtbogenfehlern in PV-Systemen eingesetzt werden können. Durch Auslassen der vollständigen Rekonstruktion des Signals kann sehr rasch ein charakteristisches Feature für ein vorausgewähltes HF-Band extrahiert werden, das für die Erkennung von Lichtbogenereignissen mittels Thresholding geeignet ist. In unseren Testsignalen konnten wir Lichtbogensignaturen im Frequenzbereich um 800 kHz unter Verwendung von 6 MWC-Kanälen mit einer Sample-Frequenz von jeweils 50 kHz erkennen. Eine statistische Analyse der Bandleistungsverteilungen vor und während eines Lichtbogenereignisses zeigt, dass die Separierung der Histogramme in den einzelnen Bändern über mehrere Messungen mit demselben Aufbau konsistent bleibt. Wir sind daher zuversichtlich, dass die vorgeschlagene Methode ein gangbarer Weg ist, in Zukunft Lichtbogendetektoren für PV-Systeme zu bauen. Nichtsdestotrotz werden weitere Experimente, insbesondere mit potenziellen falsch-positiven Ergebnissen, etwa durch Abschattung oder Luftfahrzeuge, notwendig sein, um die Validität der Methode weiter zu untermauern, bevor sie in Hardware implementiert und vor Ort eingesetzt werden kann.

Modellbasierte Identifikation
Auf Basis der in erzielten Ergebnisse, konnte bereits eine vielversprechende Qualität bezüglich Lichtbogendetektion erreicht werden. Mit den komplexeren Modellen konnte eine durchschnittliche Genauigkeit von >95% erreicht werden, wobei je nach Test-Setup Ausreißer festgestellt werden konnten. Mittels Detailanalyse der Ausreißer durch einen Domänenexperten sollten etwaige Aufzeichnungsfehler bzw. a-priori Fehlklassifikationen ausgeschlossen werden. Durch zusätzliches Feintuning der Vorverarbeitung (e.g. zusätzliche Features aus der Frequenz-Domäne oder weitere statistische Kennzahlen neben Durchschnitt und Standardabweichung) und des Modelltrainings können die Ergebnisse hier weiter verbessert werden. Als weitere Verbesserung kann mittels Postprocessing nicht nur die Klassifikationen für jedes Sample isoliert, sondern in Kombination mit den vorhergehenden Klassifikationen betrachtet werden. Dabei wird ein Ereignis (Lichtbogen) nicht sofort nach dem ersten positiven Klassifikationsergebnis als solches klassifiziert, sondern erst nach einer gewissen Anzahl konsekutiver positiver Vorhersagen. Dadurch reduziert sich die die Geschwindigkeit der Detektion, aber die Genauigkeit kann noch weiter gesteigert werden. Alternativ dazu können auch vergangene Werte (e.g. im Zeitraum von 100ms also 100 Datenpunkte) betrachtet werden und erst falls ein gewisser Schwellwert (e.g. 75%) davon positiv klassifiziert wurden, das Auftreten eines Lichtbogens angenommen werden.

Klassifikationsalgorithmik
Auf Basis der modellbasierten Identifikation wurden unterschiedliche Vorverarbeitungsroutinen und Klassifikationsalgorithmen untersucht. Die Ergebnisse zeigten dabei einen signifikanten Einfluss der Vorverarbeitung bezüglich der resultierenden Modellqualität. Aufgrund der schlechten Ergebnisse der untersuchten linearen / quadratischen Modelle kann von einer hohen Nicht-Linearität ausgegangen werden. Mittels Binning konnten durchgehend bessere Ergebnisse als mit Downsampling erreicht werden, besonders die Kombination von Binning und Standardisierung wurde als vielversprechendste Kombination über sämtliche untersuchten Modellierungsverfahren identifiziert muss jedoch weitere Forschung betrieben werden.

Erkennung in Batteriespeichersystemen
Im Rahmen des Projektes wurde auch die Erkennung von Lichtbögen in Batteriespeichersystemen als Grundlage zur Erkennung in allgemeinen DC-Netzen untersucht. Dabei wurden Probeläufe zur Messwerterfassung durchgeführt und entsprechende Identifikationsläufe angewandt. Allerdings konnte mit den entwickelten Ansätzen der Klassifikation keine zufriedenstellende Erkennungsquote realisiert werden.
Auf Basis der Ergebnisse konnte abgeleitet werden, dass ein Klassifikator basierend auf Machine Learning nur im trainierten Systemaufbau eine hohe Vertrauenswahrscheinlichkeit erreicht. Es wird deshalb ein umfangreicher Trainingsdatensatz notwendig, welcher vor allem in flexiblen und unbekannten Systemen nur sehr aufwändig generiert werden kann. Die breite Anwendbarkeit konnte im Projekt aus Ressourcengründen nicht bestätigt werden und erfordert weiterführende Tätigkeiten.

Steckbrief