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HighButane 2.0 Konzeption einer neuartigen Butan-Hochtemperaturwärmepumpe zur Effizienzsteigerung in industriellen Prozessen

HighButane 2.0 zielt auf die Nutzung der hervorragenden Eigenschaften von Butan als Käl-temittel in Prozesswärmepumpen ab, um in Zukunft industrielle Abwärme von 50-80°C auf 100-140°C heben zu können und damit in anderen industriellen Prozessen nutzbar zu ma-chen. Eine mögliche Anwendung ergibt sich hierbei bei Trocknungsprozessen verschiedens-ter Arten: Stärke, Ziegel, Papier, Futtermittel und viele mehr.
Eine Hochtemperaturwärmepumpe wurde ausgelegt, konstruiert, gebaut und gemessen, wobei auch ein Ejektor zum Einsatz kam. Eine Kosten-Nutzen-Analyse wurde erstellt, um das wirtschaftliche Potential der Technologie zeigen zu können.

Ausgangssituation

Die Industrie ist für rund ein Drittel des Endenergieverbrauchs in Österreich – das sind rund 308 PJ/a – verantwortlich. 74% davon wird für die Erwärmung industrieller Prozesse verwendet. Nachdem derzeit 50% des Energieverbrauchs mittels fossiler Energieträger gedeckt wird, zählt die Industrie zu den Hauptverursachern anthropogener, klimaschädlicher Treibhausgase. Um die klimapolitischen Ziele zu erreichen, ist eine Reduktion der Treibhausgase in der Industrie unvermeidlich. Diverse industrielle Prozesse verursachen Abwärme, die derzeit ungenutzt an die Umgebung abgegeben wird, nachdem die Temperaturniveaus für die Einspeisung in andere industrielle Prozesse zu niedrig sind. Eine Industriewärmepumpe die in der Lage ist, Abwärme auf ein höheres Temperaturniveau (&gt,100°C) zu heben, ist notwendig um dieses ungenutzte Abwärmepotenzial zu heben. Industriewärmepumpen werden trotz ihrer vielen Vorteile in Unternehmen erst selten eingesetzt. Einer der Gründe liegt in ihrer Unausgereiftheit vor allem im Hochtemperaturbereich. Das betrifft vor allem die Wärmerückgewinnung von Abwärmepotenzialen im Temperaturbereich 50 bis 80°C und ihr Einsatz in Prozessen mit einem Temperaturbedarf von 100 bis 140°C. Um diesen aus ökologischer und ökonomischer Sicht attraktiven Markt in mittlerer Frist zu erschließen, sind Kältemittel notwendig, die eine hohe Effizienz ermöglichen und ein niedriges Treibhauspotenzial aufweisen. Butan weist alle diese Eigenschaften auf. „HighButane 2.0” untersucht daher neue Konzepte hoch effizienter Hochtemperaturwärmepumpen unter Einsatz des Kältemittels Butan. Basierend auf aktuellen Forschungsprojekten des AIT, sowie der Expertise von SINTEF, eines der größten Europäischen Forschungszentren mit ausgezeichnetem Know-how im Segment der industriellen Wärmepumpen, wurden optimale Systemkonfigurationen von Wärmepumpen für Quellentemperaturen von 50 bis 80°C und Senkentemperaturen von 100 bis 140°C untersucht, sowie Konzepte für hocheffiziente Wärmeübertrager und geeignete Kompressoren entwickelt. Ein erstes Funktionsmuster der Hochtemperaturwärmepumpe wurde am Prüfstand der Firma Frigopol untersucht. Zusätzlich wurde ein Sicherheitskonzept ausgearbeitet und eine Liste weiterer Forschungsfragestellungen in Bezug auf die einzusetzenden Komponenten ausgearbeitet. Das ökologische und ökonomische Potenzial einer Butan-basierenden Hochtemperaturwärmepumpe wurde berechnet.

Projektverlauf

Definition von Anwendungsfällen

Zunächst wurden potentielle Anwendungsfälle für Hochtemperaturwärmepumpen gesucht und analysiert, um so Randbedingungen zukünftiger Wärmepumpeninstallationen im Hochtemperaturbereich identifizieren und im weiteren Verlauf für das Funktionsmuster zu definieren, das im Projekt näher untersucht werden soll. Dabei wurden Lastprofile, Leistungen, Temperaturen und zum Einsatz kommende Medien, wie Luft, Dampf, usw., ergründet. Aus der Vielzahl an Szenarien und den möglichen Betriebsgrenzen des zum Einsatz kommenden Kältemittels Butan wurden schließlich die geeignetsten Betriebspunkte für den Einsatz einer Butan-Hochtemperaturwärmepumpe definiert.

Spezifikation der Komponenten

Nach der Definition der Betriebspunkte wurden die verschiedenen Komponenten der Hochtemperaturwärmepumpe ausgelegt und spezifiziert. Die Auslegung der Wärmeübertrager erfolgte mittels CFD und Modelica-Simulationen und in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Hersteller. Das hierfür benötigte CFD-Modell wurde zusammen mit der Firma Wikki GmbH entwickelt, welches zunächst an dem einfachen Fall einer Rohrschlange getestet wurde und schließlich auf einen Plattenwärmeübertrager angewendet wurde.

Verdichter, Expansionsventil und diverse andere Komponenten wurden in Absprache mit den Herstellern ausgesucht, wobei vor allem auch die langjährige Erfahrung der Mitarbeiter von Frigopol von Nutzen war.

Der Ejektor zur Druckrückgewinnung wurde von SINTEF (Norwegen) anhand der Prozessparameter mit Hilfe verschiedener Werkzeuge ausgelegt. SINTEF besitzt langjährige Erfahrung in Konstruktion und Bau von Ejektoren für CO2-Kälteanlagen, jedoch bedeutete ein Ejektor für eine Butan-Hochtemperaturwärmepumpe auch für die erfahrenen Norweger Neuland. Gefertigt wurde der Ejektor bei Fa. Obrist in Vorarlberg.

Neben der Spezifikation der Komponenten musste ein Sicherheitskonzept für einen gefahrlosen Betrieb der Anlage ausgearbeitet werden, da es sich bei Butan um ein leicht entzündliches Kältemittel handelt. Hierfür wurden existierende Standards und Normen geprüft, zusammengefasst und in Planung und Aufbau des Funktionsmusters berücksichtigt.

Systemoptimierung

Ausgehend von der Wärmequellentemperatur, der Anzahl der notwendigen Prozessstufen sowie der verfügbaren Komponentendesigns, wurden verschiedene Optionen des Wärmepumpenkreislaufs analysiert. Hierbei kamen Ein- und Mehrstufige Kreisläufe in Frage, wobei insbesondere die Implementierung eines Ejektors zur Druckrückgewinnung untersucht wurde. Zur Überhitzung des Sauggases wurde ein zusätzlicher Wärmeübertrager in Erwägung gezogen. Die Analysen selbst erfolgten mit Hilfe von stationären und transienten Simulationen in der Simulationsumgebung Dymola[1]unter Einsatz von Modelica® als Modellierungssprache. Die Fluid-Eigenschaften wurden durch eine Schnittstelle zu NIST[2] RefProp eingebunden. Die Regelstrategie wurde Anhand dieser Modelle erstellt und getestet.

Experimentelle Untersuchung des Funktionsmusters

Auf Basis der Komponentenspezifikationen, des Sicherheitskonzeptes und der Simulationen zur Systemoptimierung wurde ein Funktionsmuster einer Butan-Hochtemperaturwärmepumpe konstruiert und aufgebaut. Die Anlage wurde am Versuchsstand bei Fa. Frigopol getestet. Da der Versuchsstand allerdings nicht für Temperaturen > 100°C geeignet war, wurde ein Zwischenkreis auf der Sekundärseite des Kondensators implementiert. Hierdurch ließen sich die gewünschten Temperaturen < 120 °C erreichen. Die Anlage war mit einer Vielzahl an Temperaturfühlern, Druckmessern und Volumenstrommessern ausgestattet, um das Verhalten und die Leistung der Gesamtanlage aber auch der einzelnen Komponenten, wie insbesondere den Ejektor, analysieren zu können. Die Daten wurden aufgezeichnet und mittels Pythonskript und Excel verarbeitet und mit den Simulationsergebnissen verglichen.

Kosten-Nutzen-Analyse

Um die wirtschaftliche und ökologische Relevanz der Forschungsarbeiten in HighButane 2.0 abschätzen zu können, wurden Lebenszyklus- sowie eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt. Die Umweltanalyse wurde vorrangig auf dem CO2-Emissionreduktionspotenzial des HighButane 2.0 Konzepts für industrielle Anwendungen fokussieren. Studien über zusätzliche Umwelteinwirkungen wurden in Betracht gezogen, um Problemverlagerungen zu vermeiden. Im Rahmen der Kosten-Nutzen-Analyse wurden Kapitalwert- sowie Sensitivitätsberechnungen für Energiepreise, Investitionskosten und Steuer- sowie Förderregime (Steuerreduktion, Kohlendioxidsteuer, öffentliche Förderungen, etc.) durchgeführt.


[1]Dymola: Dynamic Modelling Laboratory, © Copyright 1992-2013 by Dassault Systèmes AB. All rights reserved.

[2]National Institute of Standards and Technology: NIST Reference Fluid Thermodynamic and Transport Properties Database (REFPROP)

[3]Björn Palm et al: Refrigerating Engineering, Department of Energy Technology, Division of Applied Thermodynamics and Refrigeration, Royale Institute of Technology – KTH, Stockholm, 2005

[4]Stefan Elbel, Historical and present developments of ejector refrigeration systems with emphasis on transcritical carbon dioxide air-conditioning applications, International Journal of Refrigeration, Volume 34, Issue 7, November 2011, Pages 1545-1561, ISSN 0140-7007, 10.1016/j.ijrefrig.2010.11.011

Ergebnisse

Schlussfolgerungen, Ausblick und Empfehlungen

Im Projekt HighButane 2.0 wurde eine Hochtemperaturwärmepumpe mit Butan als Kältemittel gebaut und an einigen Betriebspunkten vermessen. Hochtemperaturwärmepumpen sind eine technisch und ökonomische Maßnahme, um eine Vielzahl industrieller Prozesse umweltfreundlicher, nachhaltiger und wirtschaftlicher zu machen. Als industrielle Anwendung kommen dabei insbesondere Trocknungsprozesse in Frage, wie z.B. Papiertrocknung, Ziegeltrocknung, Stärketrocknung, uvm, aber auch andere Prozesse wie Heißpressen oder Kunststoffextrusion sind vielversprechende Anwendungen für Hochtemperaturanwendungen. So soll die in diesem Projekt gebaute Anlage zu Demonstrationszwecken in eine Kunststoffextrusionsanlage implementiert werden.

Schlussfolgerungen

  • Der Einsatz von Butan als Kältemittel im Hochtemperaturbereich ist ohne weiteres möglich. Da Butan aber ein brennbares Kältemittel ist, sind Sicherheitsvorkehrungen je nach Aufstellungsort notwendig (siehe EN378).
  • Das in Dymola/Modelica erstellt 1D-Modell stimmt sehr gut mit den experimentellen Ergebnissen überein. Das Modell wurde zunächst zur Auslegung der Wärmepumpe entwickelt und später verfeinert, sodass z.B.: Auslegungsfehler erkannt werden können.
  • In die Wärmepumpenanlage wurden zwei Kreisläufe implementiert, nämlich ein Ejektorkreis und ein normaler Wärmpumpenkreis, wobei sämtliche Komponenten wie Wärmeübertrager, Expansionsventil, Verdichter von beiden Kreisen gleichermaßen genutzt werden, sich jedoch die hydraulische Verschaltung der beiden Kreise unterscheidet.
  • Mit beiden Kreisläufen wurden Wärmenutzungstemperaturen (Kondensator-Sekundärseite) von 125 °C im stabilen Betrieb erreicht bei Wärmequellentemperaturen von 60 °C.
  • Im Standardbetrieb wurden die im 1D-Modell gemachten Vorhersagen erreicht.
  • Im Ejektorbetrieb war es möglich Kompressionsarbeit zurückzugewinnen. So wurde der Druck durch den Ejektor um 25% angehoben. Hierdurch wurde war für den gleichen Betriebspunkt eine um 25% geringere Verdichterdrehzahl notwendig. Eine COP-Steigerung wurde jedoch nicht erreicht. Dies hat zwei mögliche Ursachen, welche aber noch nicht als gesichert angesehen werden können: Kältemittelverlagerungen und Verdichtercharakteristik. Beide möglichen Ursachen müssen noch weiter untersucht werden.
  • Im Zuge der Komponentenauswahl wurden 3D-CFD-Simulationen von Verdampfern und Kondensatoren durchgeführt. Hierfür wurde ein Modell erstellt, welches darauf folgend mit experimentellen Literaturdaten verglichen und angepasst wurde. Das Modell Bedarf noch weniger Anpassungen, ist aber prinzipielle für Vorhersagen von Verdampfer und Kondensationsleistung beliebiger Wärmeübertragergeometrien geeignet.
  • Die wirtschaftlichen Parameter – Betriebskostenersparnis, Amortisationszeit und Wärmegestehungskosten – werden von COP und dem Preisverhältnis von Strom und Gas bestimmt. Die Implementierung eines Ejektors birgt dabei ein sehr großes wirtschaftliches Potential und reduziert Amortisationszeiten drastisch. Um wirtschaftlich wirklich interessant zu sein bedarf es allerdings der Berücksichtigung von CO2-Zertifikaten, sodass Prozesse, die derzeit nur umwelttechnisch interessant sind, realisierbar werden. Amortisationszeiten von unter 5 Jahren sind realisierbar.

Ausblick

Das Projekt HighButane 2.0 war ein wichtiger Mosaikstein in der Hochtemperaturwärmpumpenforschung. Die Resultate und das erschlossene Wissen fließen in andere Forschungsprojekte ein wie zum Beispiel das EU-Projekt Dryficiency (Nr.: 723576, H2020-EE-2016) in welchem drei Demonstrationsanlagen gebaut werden sollen. Auch die HighButane-Anlage selbst soll zu Demonstrationszwecken weiterverwendet werden. So ist geplant die Wärmepumpe zu Forschungszwecken in eine Kunststoffextrusionsanlage zu integrieren (FFG-Projekt StoreITup-IF, Nr.: 848914). Die Forschungen an Ejektorintegration sollen weiter forciert werden, da hier auch für Hochtemperaturanlagen viel Potential liegt.

Empfehlungen

Im Projekt zeigte sich, dass Simulationen ein durchaus valides und auch solides Mittel darstellen, um Anlagen auszulegen, auch bei Integration von zuvor nicht bekannten Komponenten, wie z.B.: Ejektoren. Eine experimentelle Überprüfung ist allerdings unbedingt erforderlich, da allzu oft Sachlagen in Simulationen unberücksichtigt bleiben, welche einen erheblichen Einfluss auf das Verhalten der Anlage haben. Erst nach einer experimentellen Validierung und der dementsprechenden Anpassung des Modells kann das Verhalten in verschiedenen Betriebspunkten in Verbindung mit anderen Anlagen auch simulatorisch studiert werden.

Steckbrief

  • Projektnummer
    843935
  • Koordinator
  • Projektleitung
    Gerwin Drexler-Schmid, gerwin.drexler-schmid@ait.ac.at
  • Partner
  • Schlagwörter
    Butan, Ejektor, Hochtemperaturwärmepumpe, Industriewärmepumpe, Wärmepumpe
  • Förderprogramm
    Energieforschung (e!MISSION)
  • Dauer
    01.2014 - 07.2018
  • Budget
    460.499 €