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Fabsy+ Failsafe Battery System Plus

Sichere Batteriesysteme sind eine Kernkomponente für Elektrofahrzeuge, Solarstromspeicher und Anlagen zur Netzstabilisierung. Das Ziel des Projektes ist ein Konzept für ein robustes Batteriesystem mit Lichtbogenerkennung sowie Wärmemanagement und mechanischer Stabilität im Fehlerfall.

Die Arbeitspakete beinhalten Materialentwicklungen der thermischen und elektrischen Isolation, eine FEM Simulation (die neben diesen Materialien auch den thermal-runaway mit einbezieht) und Experimente zur Lichtbogenerkennung. Am Ende steht die Prinziperprobung anhand von Funktionsmustern mit den erarbeiteten Konzepten und Technologien.

Ausgangssituation

Batteriesysteme sind eine Kernkomponente für die Energiewende. Sie sind die Energiequelle für Elektrofahrzeuge, sie speichern den Solarstrom in Privathäusern und sie stabilisieren die Einspeisung der Wind- und Solarenergie in die Stromnetze. In den letzten Jahren sind die Kosten für die Batterien und Solarzellen massiv gefallen.
Die Batteriehersteller arbeiten mit Hochdruck an weiterer Steigerung der Energie- und Packungsdichte sowie der Senkung der Kosten. Die Erhöhung der Energie- und Packungsdichte in großen Batteriesystemen bei gleichbleibender Sicherheit stellt eine große technische Herausforderung dar.

Ein großes Risiko ist der Batteriebrand: ein lokal begrenzter Fehler (z.B. defekte Verbindung im Hochstromkreis) führt zu Temperaturerhöhung und bringt eine angrenzende Li-Ionen Zelle des Systems in den Thermal Runaway. Daraus ergeben sich zwei Folgeeffekte: (1) Der Thermal Runaway erzeugt eine große Wärmemenge. Wenn die Wärme nur auf die direkten Zellnachbarn verteilt wird, dann gehen diese ebenfalls in den Thermal Runaway und es folgt eine Kettenreaktion. (2) Durch die mechanischen Kräfte bei der Zellausdehnung im Thermal Runaway kann es zu Materialversagen und anschließend zu internen Kurzschlüssen im System kommen.
Beide Folgeeffekte verursachen einen Batteriebrand, der im schlechtesten Fall auf das ganze System übergreift.

Projektverlauf

Polymer Competence Center Leoben GmbH:
Eines der Ziele war es, eine Kompositfolie zu entwickeln welche im Fall einer Überhitzung im Anwendungsfall als Thermoschutzfolie fungiert. Dazu wurde eine Kombination aus keramisierenden Polymeren (Polysiloxane), sowie Glimmerpapier und weitere temperaturbeständige und thermisch isolierende Materialien (Keramikfilze) mit unterschiedlichen Schichtstärken untersucht.
Die Materialien wurden mit dem verwendeten Silikonelastomer als Binder zwischen Glimmerpapier verklebt, um eine mechanische Stabilität der Verbunde vor, sowie nach Temperaturbelastung (> 700°C) zu erreichen. Zusätzlich dienten niedrigschmelzende Glaskugeln zur Verbesserung der Stabilität der Verbunde. In Abhängigkeit der Kombination der eingesetzten Harzmatrix, Füllstoffe und Trägermaterialien werden Verbundmaterialien mit maßgeschneiderten mechanischen Eigenschaften erhalten.

ISOVOLTA AG ist spezialisiert auf die Herstellung von technischen Laminaten für elektrische und thermische Anwendungsbereiche. Bei den eingesetzten Laminier-Verfahren können die Eigenschaften von unterschiedlichsten Materialien kombiniert und in einem Produkt vereint werden. So können zum Beispiel gute elektrische Isolationsmaterialien mit Trägermaterialien mechanisch verstärkt und zusätzlich thermische Eigenschaften optimiert werden. Die Produktionsverfahren werden dabei für jedes einzelne Produkt optimiert, um optimale Stabilität und Qualität gewährleisten zu können.
Für Lithium-Ionen Batterien kommt vor allem Glimmer als feuerfeste Isolationsschicht zum Einsatz. Glimmer ist ein natürliches Mineral, das bei ISOVOLTA zu einem hochwertigen mineralischen Papier verarbeitet wird. Es ist sehr temperaturbeständig, unbrennbar, hat einen geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten und weist eine hohe elektrische Durchschlagsfestigkeit auf. Zusätzlich sind Glimmermaterialien resistent gegen viele chemische Verbindungen und haben eine gute Beständigkeit gegenüber Koronaentladungen.
Bei ISOVOLTA werden Glimmerpapiere aus Muskovit oder Phlogopit eingesetzt. Diese Papiere werden in einem ersten Produktionsschritt mit speziellen Harzen verfestigt und dann mit zusätzlichen funktionellen Schichten verbunden. Dadurch können für alle Bereiche der Li-Ionen Batterie Laminate mit speziell designten Eigenschaften entwickelt und produziert werden.

Virtual Vehicle Research gmbH
Wird eine geladene Li-Ionen Zelle einer stark erhöhten Temperatur ausgesetzt, dann werden in der Zelle exotherme, sich selbst beschleunigende chemische Reaktionen ausgelöst, welche zum Versagen der Zelle führen. Diese Vorgänge werden im BATTLAB am Virtual Vehicle experimentell untersucht
Um die Thermalfolien bei hohen mechanischen Drücken und Temperaturen auf mechanische und thermische Beständigkeit zu testen wurden zwei neuartige Folienprüfstände konstruiert. In der finalen Prüfstandsversion konnten die Thermofoilen bei Temperaturen bis zu 600°C und mechanische Drücken bis zu 2 MPa vermessen werden.
Thermal Runaway (TR) Simulationen dienten der Sicherheitsbewertung verschiedener Modulkonzepte und dem Verständnis der Fehlerausbreitung (TR-propagation) in einem Modul. Es wurden Simulationsframeworks in zwei Detailstufen ausgearbeitet. Für eine schnelle Simulation wurde ein Batteriemodul als ein Netzwerk aus Wärmequellen, Wärmesenken und Wärmeleitern in LT-SPICE abgebildet. Für die Detailsimulation wurde ein vollständiges 3D Modell des Moduls vernetzt und die TR-ausbreitung wurde mittels chemisch-thermischen gekoppelten Lösers in ELMER simuliert.

SAMSUNG SDI Battery Systems GmbH
Parallel zur Materialentwicklung wurde im Projektteam die Integration der neuartigen Materialien in ein Batteriekonzept betrachtet. Samsung SDI Battery Systems hat hierbei die führende Rolle übernommen und die Entwicklungen der anderen Partner in ein Pack- und Modulkonzept übernommen. Gleichzeitig wurden die dabei gewonnenen Erkenntnisse und die abgeleiteten Anforderungsprofile an das Projektkonsortium berichtet, um eine optimale Abstimmung des Batteriekonzepts und der eingesetzten Thermofolien zu erreichen.
Die Kernkompetenzen von Samsung SDI Battery Systems sind Modulentwicklung, Batteriepackentwicklung, Prototypenfertigung sowie Batteriepackfertigung. Diese beinhaltet die Anwendung der neuesten Zelltechnologie, die Entwicklung akkurater Softwarefunktionen, die Entwicklung von Elektronik, Elektrik und, nicht zuletzt, die Entwicklung des Batteriegehäuses. Hier findet die mechanische und thermische Integration Berücksichtigung, wobei ein besonderer Fokus auf höchsten Sicherheitsstandards liegt. Hauseigene Testlaboratorien versichern, dass die höchsten Sicherheitsziele, beste Qualität und erforderliche Standards der Automobilindustrie erfüllt werden.

Fronius International GmbH:
Eines der Ziele war die Erforschung und Findung von relevanten Signal Parametern zur zuverlässigen Lichtbogendetektion im Batteriesystem. Es sollte der Einsatz der Lichtbogenerkennung als Batterieüberwachung in Serien-Elektrofahrzeugen vorbereitet werden. Dies umfasste mehrere Arbeitsschritte:
*) Anpassung der Messelektronik zur Signalerfassung an die Spannungen und Strombereiche eines Batteriesystems.
*) Aufnahme und Auswertung der Signale von Kontaktlichtbögen im Batteriesystem die mittels Lichtbogengenerator erzeugt werden
*) Identifikation der relevanten Signalparameter und entsprechende Erweiterung der Erkennungsalgorithmen
*) Prinziptests und Datenaufnahme am Batterieprüfstand, begleitende Auswertung der Testdaten und daraus abgeleitete Adaption der Mustererkennung zur Detektion und Klassifikation.

Meilensteine

  1. Mit einer neuartigen Methode zur Erkennung schadhafter Hochstromverbinder
  2. Mit neuartigem Wärmemanagement zur Verhinderung einer Kettenreaktion im Fehlerfall
  3. Mit einem mechanischen Zellhaltekonzept, welches dem Thermal Runaway einer Zelle standhält

"Die Umstellung auf den Elektroantrieb bringt neuartige Risiken, aber auch die Chance neuartige Sicherheitskonzepte zu verwirklichen. Wir haben nun die Möglichkeit Elektrofahrzeuge sicherer als konventionelle Fahzeuge mit Verbrennungsmotoren zu machen."

– Andrey Golubkov –

Ergebnisse

Das Projektkonsortium entwickelte Materialien und Überwachungsmethoden zur weiteren Erhöhung der Batteriesicherheit.
Die Projektpartner entwickelten neuartige kostengünstige Verbundsfolien für die thermische und elektrische Isolation zwischen den Li-Ionen Zellen. Diese Folien werden auch Spacer genannt. Die Spacer übernehmen mehrere Aufgaben. Im Normalbetrieb sorgen sie für eine sekundäre elektrische Isolation zwischen den Zellen und können einen Teil der alterungsbedingten Zellausdehnung aufnehmen. Im Fehlerfall isolieren sie die Zellen auch thermisch und verlangsamen die Wärmeausbreitung. Durch ihre Hochtemperatubeständigkeit und Isolationsfestigkeit verhindern sie die Entstehung von Lichtbögen in einem mechanisch beschädigten Batteriesystem. Für deren großtechnische Herstellung eignet sich das Rolle zu Rolle Verfahren. Verschiedene Varianten der Spacer wurden im Projekt ausgiebig mechanisch, thermisch und elektrisch (Lichtbogen) vermessen.

Für die Charakterisierung der Spacereigenschaften (mechanisch, elektrisch) bei Temperaturen bis 600°C und gleichzeitig hohen mechanischen Belastungen musste ein neuartiger Prüfstand entwickelt und in Betrieb genommen werden Zur Vervollständigung des Fehlerfallsimulation wurden auch die Li-Ion Zellen auf einen bestehenden Prüfstand bei hoher Übertemperatur vermessen. Es wurde die Ausdehnung der Zellen und die Wärmefreisetzung bei verschiedenen Ladezuständen quantifiziert.
Die auf den Prüfständen gemessenen Materialparameter waren ein wichtiger Input für die Fehlerfallsimulationen. Mit den Simulationen wurden verschiedene neue Batteriekonzepte bewertet. Schließlich wurde ein Batteriedemonstrator aufgebaut und im Fehlerfall getestet.
Ein weiterer Schwerpunkt was die automatische Detektion von Gleichstromlichtbögen im Batteriesystem. Dazu wurden in mehreren Versuchsaufbauten von Batteriesystemen gespeiste Lichtbögen bei dynamischen und stationären Strombelastungen aufgenommen. Die Datensätze dienten in Folge dem Training des Lichtbogenerkennungsalgorithmus. Dieser konnte nach dem Training einen Lichtbogen von einem natürlichen dynamischen Betrieb unterscheiden.

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Steckbrief