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Bioethanol aus Holz&Stroh . Energieträger- und Technologiebewertung für Bioethanol aus Holz und Stroh – Stellenwert und Perspektiven für ein österreichisches Demonstrationsprojekt

Ziel des Projektes war es, österreichische Perspektiven für die Erzeugung von Bioethanol aus Holz und Stroh zu erarbeiten. Unter Mitwirkung und Einbeziehung betroffener Akteursgruppen wurden unterschiedliche Technologieoptionen für Bioethanol aus Holz und Stroh aus technologischer, ökonomischer, ökologischer und energiewirtschaftlicher Sicht bewertet sowie österreichische Strategien und Perspektiven erarbeitet: Neben dem erneuerbaren Treibstoff Bioethanol als Benzinersatz können auch andere Energieträger (z.B. Strom, Wärme) und Wertstoffe (z.B. Phenol, Methanol) gemeinsam erzeugt werden, um neben einer hohen Wertschöpfung eine maximale Erschließung der energetischen und stofflichen Potenziale der Rohstoffe Holz und Stroh zu ermöglichen. Zur Optimierung des Gesamtsystems wurde die Integration dieser Technologien in bestehende Infrastruktur (wie z.B. vorhandene Holzlogistik) und in den Energiesektor berücksichtigt. Mit der Einbindung von Akteursgruppen (Treibstoffsektor, Land- und Forstwirtschaft, Anlagenbau, Technologieanbieter, Betreiber konventioneller Bioethanolanlagen und (Heiz)Kraftwerken) in einem Projektbeirat und zwei Workshops wurden die Grundlagen für die Erzeugung von lignozellulosem Bioethanol erarbeitet, Anlagenkonzepte ausgewählt und die Ergebnisse diskutiert.

Ausgangssituation

Der Transportsektor trägt maßgeblich zu den Treibhausgas-Emissionen in Österreich bei: jährlich 22 Mio. t CO2, das sind etwa 27% der österreichischen Treibhausgas-Emissionen. Dieser Sektor verzeichnet auch mit 54% die höchste Zuwachsrate bei den Treibhausgas-Emissionen von 1990 bis 2010. Seit Jänner 2009 liegt die Richtlinie der EU für erneuerbare Energie vor, die im Jahr 2020 einen Anteil von 10% erneuerbarer Energie im Transportsektor vorsieht. Im Jahre 2009 betrug der Anteil von Biotreibstoffen in Österreich etwa 7%. Die Erfüllung dieser Vorgabe kann nur erreicht werden, wenn einerseits die kommerziellen Biotreibstoffe Biodiesel und Bioethanol aus Stärke und Zucker („Biotreibstoffe der ersten Generation“) und andererseits „Biotreibstoffe der zweiten Generation“ aus lignozellulosen Rohstoffen (synthetische Biotreibstoffe durch Vergasung mit Synthese und Bioethanol durch Verzuckerung mit Fermentation) erzeugt und genutzt werden. Die Technologie der Erzeugung von Bioethanol aus lignozellulosen Rohstoffen, vor allem Holz und Stroh, ist in Entwicklung. Es sind derzeit weltweit Pilot- bzw. Demonstrationsanlagen in Planung bzw. in Bau oder in Betrieb (z.B. Pilotanlage mit Holz in Schweden, mit Stroh in Kanada, Demonstrationsanlage für Stroh in Dänemark, Italien und Spanien). Internationale F&E-Aktivitäten zielen auf den kommerziellen Einsatz dieser Technologien ab, da lignozelluloses Bioethanol mittelfristig ein großes Potenzial zur Bereitstellung nachhaltiger Biotreibstoffe hat. Die Nutzung von Holz und Stroh steht nicht in Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion.

Ergebnisse

Die Abschätzung der zusätzlich nutzbaren Potenziale von Stroh bzw. Holz für Österreich zeigt, dass für eine jährliche Produktionskapazität von je 100.000 t Bioethanol die Rohstoffmengen sowohl für Stroh (Bedarf 650.000 t bei 10% Wassergehalt) als auch für Holz (870.000 t Holz bei 55% Wassergehalt) verfügbar sind. Ausgehend von diesen Potenzialen und den mit dem Projektbeirat festgelegten Rahmenbedingungen wurden 13 Anlagenkonzepte für jährlich 100.000 t Bioethanol entwickelt, davon 10 für Stroh und 3 für Holz. Diese Anlagenkonzepte wurden so erstellt, dass der Wärmebedarf aus Reststoffen der Bioethanolerzeugung vollständig gedeckt werden kann und je nach Anlagenkonzept auch der Strombedarf. Grundsätzlich sollte die Nutzung von ausschließlich C6 Zucker betrachtet werden (C5 Zucker kann nur mit gentechnisch veränderten Hefestämmen zu Bioethanol fermentiert werden), für zwei Anlagenkonzepte wurde zum Vergleich die Umwandlung von C6 und C5 Zucker untersucht. Die Anlagenkonzepte unterscheiden sich durch die Art und Kombinationen der Nebenprodukte (Strom, Fernwärme, Biomethan, Pellets, C5 Melasse), die erzeugt werden.

Mit dem Simulationsprogramm „IPSEpro“ wurden die Massen- und Energiebilanzen erstellt. Davon ausgehend wurden die Treibhausgas-Emissionen und der kumulierte Primärenergieverbrauch auf Basis einer Lebenszyklusanalyse errechnet.

Für die Massenbilanzen werden als Input Rohstoff (Holz bzw. Stroh), Hilfsstoffe, Wasser und Luft dem Prozess zugeführt. Output sind die Produkte (Bioethanol, Pellets, C5 Melasse, Biomethan), (Ab)Wasser, CO2, Asche und Schlamm. Bei Holz wird durch den hohen Wassergehalt (55%) wesentlich mehr Rohstoff für 100.000 t Bioethanol benötigt (ca. 870.000 t) benötigt als bei Stroh (ca. 650.000 t, 5% Wassergehalt). Spezifisch können 0,26 t Bioethanol/t Holzatro bzw. 0,17 t Bioethanol/t Strohtrocken gewonnen werden. Wird nach der Vorbehandlung die Flüssigfraktion abgetrennt, so benötigt man unter den gegebenen Annahmen ca. 695.000 t Stroh (0,16 t Bioethanol/t Strohtrocken). Bei Umwandlung von C6 und C5 Zucker reduziert sich der Strohinput auf ca. 450.000 t (0,25 t Bioethanol/t Strohtrocken).

Die Energiebilanzen zeigen, dass bei Stroh mit Nutzung der C6 Zucker von 23% bis 26% und bei Nutzung von C6 und C5 Zucker max. 37% der zugeführten Energie in Bioethanol umgewandelt werden. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Nebenprodukte (insbesondere Wärme) bei den Anlagenkonzepten werden von 39% bis 78% der zugeführten Energie genutzt.

Bei Holz werden von 41% bis 43% der zugeführten Energie in Bioethanol umgewandelt, bedingt durch den höheren Gehalt an C6 Zucker. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Nebenprodukte der Anlagenkonzepte werden von 53% bis 75% der zugeführten Energie genutzt.

Die ökologische Bewertung ergab Treibhausgas(THG)-Reduktionen von 41% bis 76% gegenüber den festgelegten Referenzsystemen für Benzin und fossilen bzw. mit erneuerbaren Energieträgern. In vergleichbaren Anlagenkonzepten ergaben sich höhere THG-Reduktionen bei Holz gegenüber Stroh. Die höchsten Reduktionen erreichten die Anlagenkonzepte mit folgenden Nebenprodukten: 1) Pellets, 2) Pellets und Wärme, 3) Strom und Wärme. Hohe THG-Reduktionen ergaben sich auch für die Anlagenkonzepte mit den Nebenprodukten Biomethan und Strom. Der niedrigste fossile kumulierte Primärenergieverbrauch (KEV) errechnete sich für die Anlagenkonzepte mit Holz sowie mit Stroh bei der Nutzung von C6 und C5 Zucker.

Die ökonomische Beurteilung wurde mit einer Kostenanalyse durchgeführt. Die Differenz der jährlichen Gesamtkosten der Bioethanolanlage und der jährlichen Erlöse aus den Nebenprodukten wurden als Jahresproduktionskosten für Bioethanol berechnet. Damit errechneten sich spezifische Bioethanolkosten von etwa 0,6 bis 1 € pro Liter Benzinäquivalent. Die wesentlichen Kostenanteile waren die Rohstoffkosten (für Holz bzw. Stroh bis 56%) und die Investitionskosten (Kapitalkosten bis 27%). Diese beiden Kostenanteile beeinflussten die Kosten für Bioethanol signifikanter als die Erlöse aus den Nebenprodukten. Wärme als zusätzliches Nebenprodukt kann allerdings durch die Erlöse aus dem Wärmeverkauf die Kosten noch deutlich reduzieren (von 0,64 auf 0,51 € pro Liter Bioethanol). In vergleichbaren Anlagenkonzepten (dieselben Nebenprodukte) ergaben sich bei Holz niedrigere Bioethanolkosten (0,45 €/l Bioethanol) gegenüber Stroh (0,61 €/l Bioethanol). Die niedrigsten Bioethanolkosten errechneten sich für das Anlagenkonzept Holz mit Nebenprodukt Pellets, gefolgt von den Kosten für die Anlagenkonzepte mit Stroh, die C6 und C5 Zucker umwandeln.

Schlussfolgerungen und Perspektiven

Die kommerzielle Erzeugung von Bioethanol aus lignozellulosen Rohstoffen ist derzeit nicht Stand der Technik. Als nächster Schritt wäre es in Österreich anzustreben, eine Demonstrationsanlage für lignozellulosen Bioethanol (etwa 10.000 bis 20.000 t/a) zu errichten und zu betreiben, um noch offene Fragestellungen besonders in der optimalen Prozessführung und in der Verwertung der Nebenprodukte (Qualität, Verwendung, Marktpotenzial etc.) zu erforschen. Mittelfristig könnte in Österreich Bioethanol aus Holz und Stroh in kommerziellen Anlagen erzeugt werden: 150.000 bis 250.000 t/a Bioethanol; etwa 4 bis 6,7 PJ/a. Für Bioethanol aus lignozellulosen Rohstoffen kann dieser Wert gemäß der EU-Richtlinie mit dem Faktor 2,5 bewertet werden, d.h. es könnten 2,3 bis 5,4% vom Kraftstoffbedarf (2010: etwa 306 PJ/a) zur Erfüllung der EU-Direktive herangezogen werden. Durch den Einsatz von Biotreibstoffen aus diesen Anlagen als Beimischung zu bzw. Ersatz von Benzin könnten etwa 0,3 bis 0,55 Mio. t CO2-Äquivalente pro Jahr einspart werden.

Anzustreben wäre die Integration einer Bioethanolanlage in die bestehende Infrastruktur. Interessant wäre für Holz eine Integration in eine Papier- und Zellstoffanlage (etwa 10 Standorte in Österreich), bei Heizkraftwerken (etwa 10 Standorte in Österreich) und für Stroh eine Anlage ergänzend zu einer bestehenden Bioethanolanlage mit Getreide (ein Standort in Österreich).

Für die Erzeugung von Bioethanol aus lignozellulosen Rohstoffen sind allerdings noch weitere F&E-Aktivitäten notwendig, um die technologische Weiterentwicklung von Demonstrationsanlagen bis zum kommerziellen Einsatz zu bringen.

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Steckbrief

  • Projektnummer
    818921
  • Koordinator
    JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft mbH
  • Projektleitung
    Angelika Lingitz, kurt.koenighofer@joanneum.at
  • Förderprogramm
    Neue Energien 2020
  • Dauer
    03.2009 - 10.2011
  • Budget
    167.798 €