Neues Leben für eine alte Arbeitersiedlung

Transform Ternitz heißt ein im Frühjahr 2021 gestartetes Smart-Cities-Projekt zur Revitalisierung der sogenannten Dreiersiedlung in Ternitz. Unter Einbeziehung der Bewohner:innen sollen die Weichen für eine Sanierung gestellt werden, die sowohl den sozialen Bedürfnissen der Mieter:innen als auch dem Klimaschutz gerecht wird.

Die Siedlung III im Ternitzer Ortsteil Pottschach wurde zwischen 1940 und 1948 errichtet und bot Arbeiter:innen der Stahlindustrie Unterkunft in rund 400 Wohneinheiten. Heute sind die Industriebetriebe in der Gemeinde geschrumpft, zahlreiche Wohnungen in der Siedlung stehen leer und es besteht erheblicher Sanierungsbedarf. Feuchtigkeit in Teilen der alten Bausubstanz macht den Bewohner:innen ebenso zu schaffen wie die hohen Kosten für das Heizen mit alten Einzelöfen.

Erfahrene Expert:innen. Geleitet wird das Projekt von der Caritas der Erzdiözese Wien, konkret von der Leiterin der Stadtteilarbeit, Katharina Kirsch-Soriano da Silva. Sie arbeitet eng mit einem engagierten Team zusammen: mit Kolleg:innen der Caritas-Stadtteilarbeit, die für Prozessbegleitung und Kommunikation verantwortlich sind, mit der Eigentümerin der Siedlung, der Wohnbaugenossenschaft Schwarzatal, dem Architekturbüro einszueins, den Bauphysik- und Energieexpert:innen von Schöberl und Pöll sowie mit Carla Lo Landschaftsarchitektur. Dem Konsortium schwebt eine Verwandlung der Siedlung in ein zeitgemäßes und klimafreundliches Quartier vor. Einzelne leerstehende Gebäude sollen in Demohäuser zum Probewohnen verwandelt werden.

Doch Anfang 2022 werden zunächst einmal die Bewohner:innen zu Wort kommen – in einer breit angelegten Befragung und vertiefenden Einzelgesprächen. „In der Dreiersiedlung leben einerseits Menschen, die früher in der Stahlindustrie gearbeitet haben, aber auch zahlreiche Familien mit Migrationshintergrund“, beschreibt Kirsch-Soriano die aktuelle Situation. „Die Wohnungen in den Zeilenhäusern sind mit 45 bis 50 Quadratmetern nach heutigen Maßstäben eher klein. Dafür gibt es aber recht großzügige Freiräume.“

Sozial und klimafreundlich. Nun geht es darum, die Wünsche und Möglichkeiten zu sammeln und bis Frühjahr 2024 ein Konzept zu entwickeln, das soziale Aspekte, klimafreundliche Energieversorgung und die Ökonomie unter einen Hut bekommt. Sollen die Wohnungsquerschnitte verändert werden? Werden Gemeinschaftsräume gewünscht, zum Beispiel ein Veranstaltungsraum oder eine Werkstatt, ein Kindergarten oder ein Fahrradabstellraum? Sollen ein zentraler Treffpunkt im Freien geschaffen oder in einem Gemeinschaftsgarten Gemüse angepflanzt werden? Besteht ein Bedarf an Pflegewohnungen?

Kommunaler Mehrwert. In der Nachbarschaft befinden sich eine Ladenzeile – ebenfalls mit viel Leerstand –, das Volkshaus Pottschach, ein Kindergarten, die Volks- und Mittelschule, ein Supermarkt sowie eine Fernwärmeleitung. Hier ließen sich verschiedene Synergieeffekte erzielen. „Der Knackpunkt wird letztlich die ökonomische Machbarkeit sein, denn die Leistbarkeit ist für die Bewohner:innen natürlich ein zentrales Anliegen“, so Kirsch-Soriano. Der finanzielle Spielraum wird maßgeblich von den zu erzielenden Energieeinsparungen abhängen. Auch das Thema Do-it-yourself steht im Raum.

Wird die Aussicht auf zukunftsorientiertes Wohnen mit guter Nahversorgung und nur zehn Minuten Fußweg zur schönen Schwarza auch zahlungskräftige Bewohner:innen anlocken, ohne die bisherigen zu vertreiben? Kann Transform Ternitz am Ende sogar den ganzen Stadtteil neu beleben? Fest steht jedenfalls, es wird ein höchst spannender Bottom-up-Prozess.

 

Weitere Informationen:
Transform Ternitz