Stimmen aus dem Mobilitätssektor: Oliver Danninger

Der Verbrennungsmotor geht, die Elektromobilität kommt. Die AATP wird diesen Prozess begleiten und vorantreiben.

Juni 7, 2022

Wir fragen Oliver Danninger von der „Austrian Automotive Transformation Platform (AATP)“ zum anstehenden Transformationsprozess in der österreichischen Fahrzeug- und Elektroindustrie.

Die Automotive- und Elektroindustrie sind wichtige Arbeitgeber in Österreich. Welche Herausforderungen kommen auf diese Branchen zu?

Oliver Danninger: Eine zentrale Herausforderung ist zweifelsohne die Dekarbonisierung des Antriebsstranges. Mitte der 1990er-Jahre legte die EU erstmals Flottengrenzwerte für die Produkte der Fahrzeughersteller fest. Werden diese nicht erreicht, drohen den Herstellern hohe Strafen. Das war der Auslöser für die Entwicklung neuer Antriebsstränge. Auf dem europäischen Markt wird sich der E-Pkw durchsetzen. Die Automotiveindustrie ist da auf einem guten Weg. Bis 2050 müssen in Europa die CO2-Emissionen auf null reduziert werden.

Welche Erfolgsfaktoren identifizieren Sie für diesen Transformationsprozess?

Entscheidend sind – wie auch schon bei der Einführung verpflichtender Crashtests oder des Katalysators – Planbarkeit und Investitionssicherheit. Nur so ist eine Transformation ohne harte Einschnitte möglich. Wichtig sind daher auch dieselben und verbindlichen Rahmenbedingungen für alle Markteilnehmer in einem Segment. Als gutes Beispiel kann hier die EU-Flottengesetzgebung genannt werden. Bei allen Gestaltenden und Umsetzenden ist zudem Mut erforderlich, denn wie bei allen Veränderungen ist auch hier mit einem gewissen Widerstand zu rechnen. Doch je länger man zuwartet, umso schmerzhafter wird die Transformation ausfallen.

Die vom Klima- und Energiefonds initiierte „Austrian Automotive Transformation Platform (AATP)“ will den Wandel der Branchen forcieren. Was sind für Sie dabei die wichtigsten Aspekte in Hinblick auf die Mobilitätswende?

Die ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit müssen gemeinsam betrachtet werden. Die Mobilitätswende wird nur dann erfolgreich sein, wenn auch die ökonomische Nachhaltigkeit gegeben ist. Das ist auch das Außergewöhnliche an der AATP. Hier geht es eben darum, dass die österreichische Fahrzeug- und Ladeinfrastrukturindustrie einen wesentlichen Beitrag zur CO2-Reduktion schafft, dass aber auch die Wertschöpfungs- und Beschäftigungspotenziale erhalten bleiben beziehungsweise geschaffen werden. Daher ist die AATP auch sehr breit aufgestellt: In ihr sind nicht nur die Fahrzeug- und Zulieferindustrie vertreten, es geht auch um die Ladeinfrastruktur und Dienstleistungen im E-Fahrzeugsystem. Neben der Wirtschaft sind auch die öffentliche Hand, die Forschung, Ausbildung sowie die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen vertreten. Damit die Transformation gelingt, ist es wichtig, das Verbindende vor das Trennende zu stellen.

Wie stark wirkt sich die Digitalisierung auf die Mobilität aus? Wie wird sie die Mobilitätswelt verändern und welche neue Chancen ergeben sich dadurch für Österreichs Unternehmen?

Die Digitalisierung ist neben der Dekarbonisierung der größte Innovationstreiber. Sie  ermöglicht es, Mobilitätsdienste anzubieten, die für die Nutzer:innen bislang nicht komfortabel nutzbar waren. Die Digitalisierung erlaubt es, Mobilität zu nutzen statt zu besitzen – und das richtige Verkehrsmittel für den jeweiligen Weg zu wählen. Das kann die Geschäftsmodelle der in der Mobilität tätigen Unternehmen grundlegend verändern – sowohl bei den Fahrzeugherstellern als auch im öffentlichen Verkehr. Denn es werden nicht mehr nur einzelne Verkehrsmittel im Fokus stehen, sondern multimodale Angebote. Das gehört genauso zur Transformation wie die Veränderungen im Antriebsstrang.

DI Oliver Danninger
ist Associate Partner bei der accilium GmbH und für die operative Abwicklung der Austrian Automotive Transformation Platform (AATP) zuständig. Er studierte Maschinenbau mit Schwerpunkt Fahrzeugtechnik an der TU Wien und sammelte reiche Erfahrungen im Mobilitätsbereich – zuerst in der deutschen Automobilindustrie, später beim Land Niederösterreich.