Grünes Wärmekonzept aus einem Guss

Dezember 12, 2022

Im NEFI-Projekt envIoTcast wird unter der Leitung des AIT Austrian Institute of Technology das Konzept der Grünen Gießerei 4.0 entwickelt und demonstriert. Es zeigt vor, wie sich Erdgas durch erneuerbare Energie ersetzen lässt und wie die Energieeffizienz durch eine gesamtheitliche Energieoptimierung um bis zu 30 Prozent verbessert werden kann.

Schmelzen, Gießen, Wärmebehandlung und mechanische Bearbeitung – das sind die üblichen Produktionsschritte in einer Aluminium-Gießerei. Zurzeit sind diese Prozesse allerdings energetisch und informationstechnisch weitgehend voneinander getrennt. Doch durch Reduzierung der Wärmeverluste, beispielsweise durch die Dämmung der Druckgussinseln, durch verstärkte Abwärmenutzung vom Schmelzofen und seiner Verbrennungsluft bis hin zu den Wasserbädern sowie durch zentrale Steuerung der Prozesse kann beinahe ein Drittel der benötigten Energie eingespart werden. „Das Ziel ist eine kaskadische Nutzung der Energie“, erklärt Christoph Zauner vom AIT Center for Energy, der das Forschungsprojekt envIoTcast (Environmentally friendly casting) leitet. Und am Ende könnte sogar noch Abwärme für die Einspeisung in das örtliche Nahwärmenetze übrig bleiben.

Strom oder grünes Gas? Für die Dekarbonisierung des Produktionsprozesses stehen mehrere Optionen bereit:

• Solange die benötigte Temperatur unter 1000 °C liegt und die Leistungsdichte relativ gering ist, können Gasbrenner durch elektrische Heizer und Ökostrom ersetzt werden. Hochtemperatur-Wärmepumpen können Abwärme auf bis zu 200°C erhitzen.

• Statt Erdgas kann grüner Wasserstoff als Brennstoff eingesetzt werden, was allerdings meist einen Austausch aller Brenner inklusive Gaszu- und -abführung sowie der Regelung erfordert. Außerdem sind Auswirkungen auf die Produkteigenschaften zu überprüfen. Das AIT kann mit Prüfständen und Simulationsmethoden bei der Umstellung helfen.

• Ohne jegliche Umstellung kann statt Erdgas Biomethan aus Biogasanlagen verbrannt werden. Diese Variante scheint besonders attraktiv, wenn es in der Nähe eine Biogasanlage gibt, die Reststoffe aus Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie, Biomüll und/oder Grünschnitt künftig nicht mehr in Strom, sondern in Biomethan umwandeln möchte.

• Ähnlich verhält es sich mit synthetischem oder „grünem“ Methan. Dieses kann durch Methanisierung von (aus Rauchgas abgetrenntem) CO2 und grünem Wasserstoff hergestellt werden.

Vorzeigebetrieb. Wie das alles genau funktioniert, soll die Green Demo Foundry 4.0 am AIT-LKR Ranshofen demonstrieren, die bis Ende 2023 fertiggestellt wird. Schon jetzt ist das Interesse heimischer und internationaler Unternehmen an der Versuchsanlage groß. Potenzielle künftige Anwender:innen können die Grüne Gießerei 4.0 auch mithilfe von Augmented Reality betrachten. „Wir entwickeln hier ein System, das es erlaubt, mit einer Datenbrille Temperaturen zu sehen“, erläutert Zauner. „Künftig sollen sich die Betreiber:innen ihre Informationen nicht mehr auf einem Dutzend Bildschirmen zusammensuchen müssen, sondern sie mit einem Blick sehen, um die verschiedenen Anlagen optimal zu steuern.“

Was im LKR Ranshofen – auch schon jetzt – mit der Produktion von Aluminium-Gussteilen getestet und entwickelt wird, soll aber nicht nur der Autozuliefer- und Maschinenbauindustrie dienen. „Vieles aus dem Projekt lässt sich auch auf andere Industrien übertragen, zum Beispiel auf das Schmelzen und Weiterverarbeiten von Kupfer, Glas oder Stahl“, so Zauner.

Am NEFI-Projekt envIoTcast arbeiten neben dem AIT auch folgende Partner aus der oberösterreichischen Industrie und der Forschung mit: LKR Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen GmbH, HOFMANN Wärmetechnik GmbH, Ing. Martin Johann Fischer und die oberösterreichische Standortagentur Business Upper Austria.

 

Weitere Informationen:
envIotcast/NEFI
envIotcast-Video